Ciliat greift Sonnentier an.

Begonnen von Monsti, Mai 18, 2013, 21:14:13 NACHMITTAGS

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Monsti

Liebe Tümpler(innen),

habt Ihr sowas schon mal gesehen?



Die ersten drei Bilder wurden innerhalb von zwei Minuten geschlossen, das letzte Bild nach ca. 10 Minuten. Zunächst dachte ich, der Ciliat würde sich nur an dem laben, was sich in der unmittelbaren Umgebung des Sonnentiers befindet, aber dem war wohl nicht so. Das Sonnentier wurde direkt angefressen.

Über Kommentare zu diesem Vorgang würde ich mich sehr freuen.

Herzliche Grüße von
Angie

Klaus Henkel

Zitat von: Monsti in Mai 18, 2013, 21:14:13 NACHMITTAGS
habt Ihr sowas schon mal gesehen?
Das Sonnentier wurde direkt angefressen.
Angie

Jein, Angie: will heißen: umgekehrt. Sonnentiere können durch molekulare Bewegungen innerhalb der Pseudopodien Wimpertiere von "verdaulicher" Größe an sich binden, aber auch fast alle anderen Organismen. Dann zieht das Sonnentier den Ciliaten heran und beginnt ihn anzulösen und auszuschlabbern. Ab und zu gelingt es aber kräftigeren Burschen, sich frei zu machen und abzuhauen.

Der kleine Ciliat sieht mir nicht danach aus, als könnte er sich an Actinophrys sol heranmachen, um es anzuknabbern und teilweise auszusaugen. Ungewöhnlich, weil die kleineneren Ciliaten ja meist Bakterienfresser sind. - Aber beurteilen können nur Sie das, denn Sie haben es gesehen, ich nicht.

Jedenfalls:echte Reportagebilder!

Pfingstgrüße
KH

the_playstation

Wow. Schöne Aufnahmen Angie.
War bestimmt spannend, die 10 min zuzuschauen. :)
Ein Video wäre natürlich noch besser gewesen. ;)
Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Monsti

Hi Jorrit,

ein Video hatte ich gemacht, doch war darin viel weniger zu sehen.

Servus Klaus Henkel,

für mich sah es tatsächlich so aus, als würde der Ciliat das Sonnentier anfressen. Er war auch nicht in den Fängen desselben, sondern entfernte sich immer wieder etwas, um erneut anzugreifen. Das Sonnentier (ich vermute hier eher Raphidiophrys sp.) bewegte sich die ganze Zeit nicht. Der Ciliat hatte sich später entfernt und schien nach wie vor putzmunter und unversehrt. Für mich war dies auf jeden Fall eine spannende Beobachtung.

Herzliche Pfingstgrüße
Angie

the_playstation

Fast wie in Krieg der Sterne (Stern = Sonne = Sonnentier). ;)
Schade, daß man das nicht parallel mitgucken konnte.

Ein echtes internetsteuerbares Mikroskop wäre mal was.

Gibt ja auch über das Internet steuerbare SDR Amateur-Funk-Radios.
Eine sehr coole Sache.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Michael Plewka

#5
hallo zusammen,

kommt es zu einem zufälligen Kontakt zwischen Sonnentier und einem potentiellen Beuteobjekt, klebt  letzteres meist am Cytoplasma der Axopodien fest; teilweise wird es immobilisiert. Vermutlich wird beides durch Extrusomen  des Sonnentiers bewirkt. Anschließend wird die Beute, falls sie nicht freikommt, vom Cytoplasma des Sonnentiers umflossen und verdaut. Sie werden nicht, wie KH schreibt, ausgesaugt.

Der "Erfolg" des Sonnnentiers hängt also davon ab, (1) wie stark der erste Kontakt mit der Beute ist und daraus folgend (2) wie effektiv die Extrusomen des Sonentiers auf die Beute einwirken können, und (3) wie effektiv sich die Beute wehren kann. Ciliaten besitzen aber (im Gegensatz zu Algen oder Rädertieren beispielsweise) ebenfalls Extrusomen, die je nach Ciliatengruppe  als Toxicysten, Mucocysten etc. ausgebildet sein können. Auch diese werden aufgrund äußerer mechanischer oder chemischer Reiz aktiviert, d.h. also ausgeschleudert. Wie effektiv diese
als Feinabwehr fungieren können, habe ich neulich am  Beispiel des räuberischen Rädertiers Encentrum beschrieben.

Ähnliches kann man auch im hier beschriebenen Fall annehmen. Der Ciliat greift also nicht an, sondern berührt zufällig das Sonnentier. Beide stoßen Extrusomen aus, die des Sonnentiers kleben den Ciliat fest, können ihn aber nicht lähmen; dieser wiederum schießt Trichocysten ab, die  fatale Folgen für das Sonnentier haben. Dieses wird offensichtlich (chemisch/mechanisch) verletzt. Möglicherweise bleibt der Ciliat am Cytoplasma des Sonnentiers bzw. einem (Rest von einem) Axopodium hängen und es bedarf mehrerer Versuche, bis der Ciliat freikommt. Dass der Ciliat Partikel des Sonnentiers aufnimmt, also dieses frisst, ist anhand der Bilder nicht nachvollziehbar.


Einem Einzeller eine Absicht zu unterstellen
Zitatsondern entfernte sich immer wieder etwas, um erneut anzugreifen
, liest sich zwar spannend (>>>  "Krieg der Sterne"), ist aber schlicht unwissenschaftlich.

beste Grüße Michael Plewka




Klaus Henkel

Zitat von: Michael Plewka in Mai 20, 2013, 08:03:39 VORMITTAG

Sie werden nicht, wie KH schreibt, ausgesaugt.



Richtig, lieber Herr Plewka, danke für die Berichtigung.

Kalte Sonnengrüße aus Oberbayern!
KH





the_playstation

Zitat von: Michael Plewka in Mai 20, 2013, 08:03:39 VORMITTAG
(>>>  "Krieg der Sterne"), ist aber schlicht unwissenschaftlich.

beste Grüße Michael Plewka
Stimmt Michael.

Zur Absicht:
Das ist ein interessanter Punkt.
Jetzt nicht auf diesen speziellen Fall bezogen.

Wie sieht es mit den Sinnen aus (Licht, chemisch, Kontakt, ...)
Für mich in etwa vergleichbar mit Robotern, die ja bei einem Sensorkontakt auch bestimmte Ablaufmuster benutzen.

Die Frage, die Ich mir stelle ist, ob die Sensordaten bei den Tieren noch verarbeitet werden.
Z.B. eine Entscheidung, ob nicht doch eine Flucht besser wäre.

Natürlich auf einem sehr einfachen Niveau.

Trotzdem scheinen die Mechanismen besser zu funktionieren als bei manchen von Menschenhand gebauten Robotern.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Monsti

Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure Kommentare.

ZitatEinem Einzeller eine Absicht zu unterstellen ...

Dazu aber noch eine Anmerkung, lieber Michael. Einzeller weichen sehr gezielt Licht und Wärme aus, sie meiden auch bestimmte chemische Stoffe bzw. fühlen sich von solchen angezogen. Was verstehst Du in diesem Zusammenhang unter "Absicht"? Ich würde es eher als zielgerichtet bezeichnen.

Ich hatte nur versucht, das Beobachtete zu beschreiben. Tatsache ist, dass der Ciliat sich öfters relativ weit vom Sonnentier entfernte, um immer wieder zur selben Stelle vorzudringen, wo er eifrig mit den Cilien zugange war, während gleichzeitig das Loch im Sonnentier immer größer wurde. Tatsache ist auch, dass der Ciliat danach unversehrt war, während das Sonnentier regelrecht angefressen wirkte und sich auch nicht mehr von der Stelle bewegte. Natürlich hat dies mit Wissenschaft zunächst nichts zu tun, sondern mit der Verfolgung einer Szene und der Beschreibung des Gesehenen.

Herzliche Grüße
Angie

Michael Plewka

hallo Angie,

Es geht mir um die Verwendung einer möglichst objektiven Sprache bei der Beschreibung von naturwissenschaftlkichen Sachverhalten bzw. dem Gegenteil davon.

Ich kenne die Situation aus eigener Erfahrung ganz gut: man findet etwas Interessantes, Unbekanntes, glaubt, es könnte dieses oder jenes sein (was dann eine Sensation wäre) und interpretiert die weiteren Beobachtungen unter der ersten Eindruck, ist also voreingenommen.
Ein schönes Beispiel hierfür hat Martin Kreutz mal hier vorgestellt.
http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,19382,19382#msg-19382

Jetzt haben wir hier so einen Fall: siehe die Überschrift deines Threads
(klar: "Kaninchen beißt Schlange tot" erweckt als Schlagzeile mehr Aufmerksamkeit als "Schlange beißt Kaninchen tot") ;
aber wie ist die Faktenlage?

Ich habe einen Erklärungsansatz geliefert, der sich widerspruchsfrei mit den gezeigten Bildern in Einklang bringen lässt, aber ein anderes Ergebnis liefert als deiner.
Die Begründung deiner Vermutung basiert dagegen weniger auf den Bildern, sondern auf sprachlichen Ausführungen, die, wie Du selbst zugibst, auf teilweise vagen Interpretationen basieren, und die  teilweise   (s.u.) sogar im Widerspruch zu den Bildern stehen.

Erläuterung:

1. zunächst heißt es: 
ZitatDas Sonnentier wurde direkt angefressen.

daraus wird:
Zitatfür mich sah es tatsächlich so aus, als würde der Ciliat das Sonnentier anfressen.

und schließlich:
ZitatTatsache ist auch, dass .... das Sonnentier regelrecht angefressen wirkte.

Es ist also ein nicht näher präzisierter Eindruck , welcher  hier zweimal mit dem Attribut "Tatsache" versehen wird.

Wie hat der Ciliat gefressen?
Wie sah der "Mund" aus?
Wie groß waren die aufgenommenen Partikel?
wären Fragen, auf die man im Zusammenhang mit der Titelzeile Antworten finden sollte.


2.

ZitatEr war auch nicht in den Fängen desselben,

Ein Sonnentier hat keine Fänge, aber dass der Ciliat einen solchen Kontakt mit dem Sonnentier hat, dass eine Phagocytose seitens des Sonnentiers möglich ist, belegen die Bilder eindeutig.

3.

Zitat...sondern entfernte sich immer wieder etwas
Zitat

Zitat....dass der Ciliat sich öfters relativ weit vom Sonnentier entfernte

was denn nun?

Insbes. die Erläuterungen zu (1) zeigen, dass subjektive Empfindungen durch Sprache -scheinbar- objektiviert werden, ohne dass der eigentliche Sachverhalt dadurch objektiv geklärt wird.
So auch mein Zitat zur "Absicht". Dieses beinhaltet einen Finalsatz (...um zu...) der zur Darstellung einer Absicht verwendet wird.
Objektiv gesehen ist dieses  aber eben genau nicht überprüfbar.

Das gleiche findet sich in deinem letzten Beitrag ebenso:
Zitat...bzw. fühlen sich von solchen angezogen.

Den Naturwissenschaften fehlen  )noch) Werkzeuge, um Gefühle von Einzellen zu überprüfen.

Vielleicht überdenkst Du deine Überschrift noch mal.......




hallo Jorrit,

die angesprochenen Frage erschöpfend zu diskutieren sprengt sicherlich den Rahmen diese Forums. Ein paar Anregungen zu diesem Thema sind in folgenden Threads zu finden:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12200.0

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12443.0

beste Grüße Michael Plewka









Monsti

Hallo Michael,

nun, immerhin habe ich mit der, Deiner Meinung nach unpassenden Überschrift erreicht, dass der Faden gelesen wird.  ;) Außerdem sah es für mich tatsächlich wie ein Angriff aus. Wie sollte ich die Überschrift ändern? Vorschläge:

-  Seltsame Begegnung eines Ciliaten mit einem Sonnentier
-  Was geschieht hier?
-  Spannendes Zusammentreffen
-  Wer greift hier wen an?

... könnte man endlos fortsetzen. Ich lasse die Überschrift vorerst so. Wer wirklich interessiert ist, wird den gesamten Faden lesen.

Ich habe ja überhaupt nichts gegen Deinen Erklärungsversuch und den von Klaus Henkel. Ferry schrieb mir eben, dass er so etwas auch schon gesehen hat. Was angefressen wirkt, könnte in der Tat auch zurückgezogenes Plasma sein, das sich nach weiteren 10-15 Beobachtungsminuten vielleicht wieder normalisiert hätte. Soviel Zeit hatte ich in diesem Fall leider nicht. Beim nächsten Ereignis versuche ich die Beobachtungszeit weiter auszudehnen.

Zum zwischenzeitlichen Entfernen des Ciliaten: Er bewegte sich mehrfach nach außen und befand sich zwischenzeitlich auch außerhalb der sichtbaren Axopodien des Sonnentiers, um dann aber immer wieder zur selben Stelle vorzustoßen. Wie wäre denn die Beschreibung des Gesehenen okay gewesen?

Herzliche Grüße
Angie

the_playstation

#11
Mmmmh. Das gesehene ist IMMER subjektiv.
Alleine vom Betrachtungsstandpunkt aus., ...
Unserer Sinnesverarbeitung, Erfahrungen, ...

Zur Frage, wer wen angreift:

Warum soll das Kaninchen nicht auch mal die Schlange angreifen?

In der Natur gibt es x Beispiele dafür.
Z.B. Büffel, die eine vorher angreifende Löwin, angreifen und töten.

Anderes Beispiel. Der Apfel fällt auf die Erde.
In Wirklichkeit fallen aber Erde und Apfel aufeinander.
Nur ist die Erde halt etwas größer und schwerer.

Die Wissenschaft ist häufig subjektiv und nicht immer ganz korrekt.

P.S. Danke für die Links:
Auch in der künstlichen Robotik geht man immer mehr dazu über, komplexe Programmierungen
durch sehr simple Schaltungen zu ersetzten.

Die Natur macht es uns vor, daß oft simple Reaktionen besser funktionieren als es eine komplexe Verarbeitung es je könnte.
Das ist auch im Moment das Problem der Robotik, die Sensorik, Verhalten und Reflexe nicht kombiniert bekommt.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.