Ciliat Spirostomum spec. - eine Ergänzung zum Thema Blitzfotografie Canon EOS

Begonnen von Ole Riemann, November 14, 2016, 18:52:41 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Kollegen,

wir hatten hier https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=27203.0 eine interessante Diskussion zum Thema "Blitzfotografie" mit Canon EOS-Kameras und zur Frage, ob eine spiegelschlagfreie Fotografie im Live View Modus möglich ist, um z.B. empfindlich reagierende, kontraktile Ciliaten zu dokumentieren. Der Faden führte zahlreiche interessante technische Details zutage, wobei mir nicht mehr ganz klar ist, ob Jons Eingangsfrage für ihn geklärt ist. Da ich mein - möglicherweise etwas handgestricktes - Verfahren vorgestellt hatte, möchte ich noch mit einigen Ergebnissen zeigen, was damit in der Praxis machbar ist. Eine meiner Moorproben zeigt gerade eine Massenentwicklung des Ciliaten Spirostomum, also eines durchaus hochkontraktilen, sensibel reagierenden Ciliaten, der sich für einen Test anbot.

Im Telegrammstil hier die Aufnahmeparameter: Zeiss Standard WL, Canon EOS 700D adaptiert über 40mm Canon Pancake, 10x KPL-Okular, Stahlschmidtscher Blitzwürfel auf der Lichtaustrittsöffnung, ISO 100, Blitz "manuell" auf Intensitäten von 1/16 - 1/4 der maximalen Leistung eingestellt, Fokussierung über klappbaren Kamera-Monitor, Pilotlicht vor Auslösen stark reduziert (visueller Einblick im Okular: Objekt schwach erkennbar), einfache Zeiss Plan Achromaten 16/0,35 und 40/0,65, DIK Zeiss-endlich "neu" mit den passenden Schiebern. 

Hier mehrere Übersichtsaufnahmen mit dem 16er Objektiv. Die Dichte der Ciliaten um die Detritusflocken und Reste der Moosblättchen ist enorm. Die Länge der adoralen Membranellenzone (adM) entspricht ungefähr 1/3 der Gesamtlänge der Zelle, der Makronukleus ist oval.



Ab jetzt Detailaufnahmen mit dem 40er Objektiv, links oben ein Exemplar mit dem Mundbereich, ein anderes mit dem Hinterende der Zelle (adM=adorale Membranellen, kV=kontraktile Vakuole). In der unteren Darstellung ist besonders deutlich der Zellmund erkennbar (Cyst=Cytostom).



Unterhalb der Pellikula findet man eine auffallende Punktierung, die in Längsreihen schräg zur Längsachse der Zellen verläuft (spG=subpellikuläre Granula). Sind dies Basalkörper von Cilien oder eventuell Mitochondrien?



Zum Schluss noch eine Darstellung, die den lang gezogenen Mundspalt bis zum Zellmund zeigt. Neben den adoralen Membranellen erkennt man hier auch die eher schütteren Cilienbänder, die in schrägen Längsreihen die Zelle überziehen.



Mich würde sehr interessieren, ob man mit HD-Filmen und der Auswahl einzelner Bilder daraus ähnliche Ergebnisse bekäme und das Blitzen damit überflüssig wäre.

Viele Grüße

Ole




Michael Plewka

hallo Ole,

zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass Du sehr schöne, sehr detailreiche Bilder von Spirostomum eingestellt hast. Danke dafür.
Bezüglich deiner zwei Fragen kann ich keine schlüssige Antwort liefern; dennoch ein Kommentar.

1. Es wäre sicherlich wünschenswert, wenn man Bilder mit einer solchen räumlichen und zeitlichen Auflösung wie Du sie hier lieferst, in 4K hinbekommen würde. Meine Vermutung ist, dass hier aber die zeitliche Auflösung der eigentliche Flaschenhals ist: Wenn selbst eine aktuelle Canon 5D MK4 nur 30 frames/ sec liefert,  hat man halt in jedem einzelnen Frame eine Aufnahme, deren Belichtung von der Beleuchtung des Mikroskops, sprich wahrscheinlich einer LED oder Halogenlampe, abhängig ist. Deren Lichtleistung ist aber beim derzeitigen Stand der Technik immer noch deutlich geringer als die eines  Blitzes. Jeder Frame eines Films ist also ein Bild, dessen Belichtungszeit sich im Bereich von 1/30 bis minimal 1/200 sec befinden wird. Interessant finde ich in dieser Hinsicht den Ansatz von Johannes Kropiunig vor einigen Jahren, mit gepulstem LED Licht höhere Kurzzeitleistungen aus der LED rauszuholen. Auch Tim Reinisch wollte in dieser Richtung experimentieren, glaube ich.  Bleibt das Problem der Synchronisation, was Johannes  aber wohl mit einem Arduino gelöst hat (leider finde ich den Beitrag nicht mehr).
Man darf gespannt sein....

2. Zu den subpellikulären Granula bei Spirostomum habe ich auf die Schnelle nicht gefunden. Jedoch ist es ja so, dass auch andere heterotriche Ciliaten solche subpellikulären Granula besitzen; bei manchen sind diese auffällig gefärbt,   beispielsweise Stentor coeruleus (Farbstoff: Stentorin); Stentor amethystinus (Farbstoff Amethystin, interessanterweise chemisch recht nahe verwandt mit der Hypericin aus dem Johanniskraut Hypericum) oder Blepharisma (mit dem Farbstoff Blepharismin).
Alle diese Farbstoffe haben photooxidative bzw phototoxische  Eigenschaften. Zwar ist m.W. ihre Funktion innerhalb der Ciliaten unbekannt (es liegt mal wieder die Vermutung Fraßschutz nahe), dennoch würde ich deshalb vermuten, dass es weder Mitochondrien noch Basalkörper sind.

beste Grüße
Michael Plewka

piu58

> mit gepulstem LED Licht höhere Kurzzeitleistungen

Das geht. Es kommt darauf an, die Erwärmung des LED-Chips zu begrenzen. Kurzzeitig kann man Riesenleistungen rausholen.

Freunde von mir haben vor 20 Jahren eine Filmsigniereinrichtung gebaut, damit wird der Randstreifen von konventionellem Filmmaterial belichtet  (Typ und Bildnummern). Ursprünglich waren das Blitzanlagen, die nach Jahrzehnten ausgefallen sind. Der Ersatz bestand aus einer Art "Nadeldrucker", realisiert mit LEDs. Es wurde kurzzeitig sehr hohe Leistungen "geblitzt", die dann über Lichtleiter an eine Art Druckkopf herangeführt wurden.
Bleibt dran, am Okular.
--
Uwe

Ole Riemann

Hallo Michael,

vielen Dank für Deine Kommentare und fachlichen Hinweise. Hinsichtlich der Blitztechnik bin ich ja froh, dass ich noch eine Weile so arbeiten kann, ohne technisch vollends abgehängt zu werden.

Viele Grüße

Ole


Kurt Wirz

Hallo
Nutzt's nix, schadet's nix.
Zum Filmen mit 4K verwende ich die Nikon D500.
Kürzeste Belichtungszeit beim Filmen beträgt 1/8000 Sekunde.
Zur Beleuchtung verwende ich zwei Dia Projektoren mit jeweils einer OSRAM XENOPHOT 64655 HLX 250W Lampe.
Als Objektiv bei den Projektoren verwende ich das Standard 2.5/90mm, dem ich ein ELMARIT P 2.8/150mm vorgesetzt habe, dadurch wird der Lichtkreis etwas kleiner.
Eventuell kann man mit dem passenden Objektiv einen noch kleineren Lichtkreis erzeugen.
Positiv ist, dass die Projektoren in einer Distanz von etwa 20cm Entfernung positioniert werden können, dadurch kein Hitzeproblem.
Ev. hilft dieser Hinweis oder regt zum konstruktiven Weiterdenken an.

Gut Licht
Kurt