Einige unscheinbare Algen des Süßwassers

Begonnen von Ole Riemann, Mai 20, 2019, 22:16:36 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Kollegen,

in der letzten Zeit habe ich mich insbesondere mit unscheinbaren Süßwasseralgen beschäftigt, die bei genauerer Untersuchung einen wunderschönen Reichtum an Formen und interessante Lebensweisen zeigen. So wenig die Algen eine stammesgeschichtliche Einheit darstellen, so eklektisch ist die im Folgenden zusammengestellte Auswahl an Bildern. Die meisten der darstellten Arten sind allen Tümplern sicherlich vertraut; ich hoffe dennoch, dass eine neuerliche Zusammenschau einiger Arten von Interesse ist. Vor den Bildern habe ich in Stichworten jeweils ganz kurz etwas zur taxonomischen Einordnung und zu wesentlichen Merkmalen der dargestellten Art geschrieben.

Alle Aufnahmen sind entweder am Olympus BH2 oder am Zeiss Standard WL mit der Canon EOS 700D ungeblitzt entstanden.

Asterococcus superbus
Grünalge, Tetrasporales, mehrschichtige Gallerthülle, sternförmiger Chloroplast mit zur Peripherie ziehenden Armen, zentrales Pyrenoid, zwei periphere kontraktile Vakuolen (Pfeile):



Schizochlamys gelatinosa
Grünalge, Tetrasporales, Zellen unregelmäßig in Gallerte eingebettet, nach Teilung bleiben Zellwandfragmente übrig, zarte fädige Gallertgeißeln:



Eremosphaera viridis
Grünalge, Coccales, Zellen sphärisch mit Mehrzahl der Chloroplasten in der Zellperipherie, Chloroplasten in Aufsicht scheibenförmig-abgewinkelt mit je 1-2 Pyrenoiden:



Ankistrodesmus cf. falcatus
Grünalge, Coccales, jeweils vier schwach gebogene Zellen gebündelt, zu den Polen graduell verschmälert, Bündel über Rest der Mutterzellwand an Substrat befestigt:



Botryococcus braunii
Grünalge, Coccales, Zellen in derber Gallerte eingebettet, Zellen produzieren Öle, Öltropfen werden durch Deckglasdruck freigesetzt, bedeutender Bestandteil öl- und kohlehaltiger geologischer Ablagerungen:



Mougeotia spec.
Grünalge, Zygnematales, zwei plattenförmige Chloroplasten mit in Reihe angeordneten Pyrenoiden (Pfeile), Chloroplast richtet sich nach Einfallswinkel des Sonnenlichts aus, Kern zwischen den Chloroplasten mit Nukleolus:



Cystodinium spec.
Dinophyta (Dinoflagellaten), vegetative Zellen unbeweglich, halbmondförmig mit abgewinkelten, zugespitzten Zellapices, zahlreiche gelb-braune Chloroplasten, Dinokaryon mit spiralisierten Chromosomen im Interphasekern (Pfeile), Teilungsstadium in Mutterzelle:



Characiellopsis skujae (auf Oedogonium spec.)   
Xanthophyta (Gelb-Grünalgen), über Haftscheibe an Fadenalgen verankert, distal mit charakteristischer Verdickung (Pfeile):



Algen-Assoziation
In einer gelatinösen Matrix eingebettet leben dicht an dicht rundliche "Blaualgen" (Cyanobakterien), dazwischen zahlreiche Kieselalgen (braun-gelblich) und fädige Grünalgen:



Algen-Nester
In den kugeligen Abscheidungen eines kolonialen farblosen Flagellaten fand ich dicht an dicht mir unbekannte Palmella-artige Ruhestadien von bräunlich-gelb pigmentierten Flagellaten. Einzelne Zellen zeigten Geißeln (Fl) und kontraktile Vakuolen. Möglicherweise sind dies Ruhestadien von Cryptophyceen:



Gloeotrichia spec.
Eine Blaualge, also ein Cyanobakterium, mit Lufstickstoff-fixierenden Heterocysten (Pfeil):



Beste Grüße

Ole

Heiko


plaenerdd

Hallo Ole,
ja, das sind sehr schöne Bilder von teils alten Bekannten, aber ich freue mich gerade in diesem Bereich sehr über Bestimmungshilfen, und die liefern Deine Hinweise auf das Wesentliche.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Fahrenheit

Lieber Ole,

super schöne Aufnahmen! Danke insbesondere für Eremosphaera viridis. Die wird bei iNaturalist gerne mal mit Volvox verwechselt.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

M.Butkay

Lieber Ole,

ich bin begeistert von Deinen schönen Aufnahmen die so super klar aufgelöst sind und den tollen zusammengestellten Algencocktail, Danke für zeigen!

Herzliche Grüße,
Michael
Captain Kirk (Wächter des Plankton...)

Päule Heck

Hallo Ole,
wie immer fantastische Aufnahmen! Danke vor Allem für die zusätzlichen Informationen, die mich wieder mal ein wenig "schlauer" gemacht haben.
Herzliche Grüße
Päule

A. Büschlen

Hallo Ole,

fein und zart hast du die Strukturen deiner Objekte festgehalten.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Bernd Kaufmann

Lieber Ole,

vielen Dank für diese wunderschönen Bilder, die sehr interessanten Beschreibungen und vor allem die Details, die man sonst leicht übersieht! Ein toller und wertvoller Beitrag!
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Ole Riemann

Liebe Kollegen,

vielen Dank für Euer Interesse und die netten Rückmeldungen!

Viele Grüße

Ole


Martin Kreutz

#9
Hallo Ole,

wieder ein erstklassik dokumentierter und fotografierter Beitrag. Besonders interessant fand ich die "Algen-Nester" mit diesen Palmellastadien. Die finde ich hier auch und wusste sie bisher auch nicht einzuordnen. Ich hätte auch auf Cryptomonaden getippt, wegen den vermeintlichen Maupas-Körpern. Seit einigen Tagen schwimmen bei mir wieder zahlreiche Deckgläser und an einem konnte ich eine Beobachtung machen, die vielleicht etwas Licht in die Zuordnung bringt. Ich konnte zweimal hintereinander in Ansammlungen dieser Palmellastadien Chrysamoeba finden (und nur dort). Diese Beobachtungen habe ich beim routingemäßigen Durchmustern der Deckgläser gemacht und diese Funde nur mit dem 60 X dokumentiert. Ich wolle sie genauer untersuchen, wenn die Kolonien größer waren, aber schon am nächsten Tag konnte ich keine mehr finden. Die beiden Fotos unten sind also keine Meisterwerke, aber ich halte das zweimalige Auffinden von Chrysamoeba in unmittelbarer Nähe zu den Palmellastadien für keinen Zufall. Auch die Größe stimmt etwa überein. Eventuell handelt es sich bei diesen Palmellastadien um die unbeweglichen Teilungsstadien von Chrysamoeba. Leider konnte ich ein ausschlüpfen der beiden Tochterzellen nicht beobachten. Jedoch konnte ich diese hochbrechen Körper, ähnlich den Maupas Körpern in Cryptomonas, auch in Chrysamobea beobchten. Auf Ferry's Seite arcella.nl erkennt man diese doppeltbrechenden Körper sehr gut in jedem Exemplar:

https://www.arcella.nl/chrysamoeba/

Ich weiß nicht, ob diese Beobachtung ein alter Hut ist, aber in meiner Litertur konnte ich keinen Hinweis auf diese Palmellastadien von Chrysamoeba finden, wenn es denn welche sind.

Martin



Ole Riemann

#10
Hallo Martin,

herzlichen Dank für diesen Hinweis - ich glaube, damit liegst Du goldrichtig. Vermutlich handelt es sich um ein Ruhestadium von Chrysamoeba.

Ich ergänze hier noch zwei Bilder, die in dieselbe Richtung weisen. Links nochmal das "Algen-Nest", rechts einzelne Exemplare von Chrysamoeba. Pfeile in beiden Bildern verweisen auf die identisch aussehenden, leuchtenden doppelbrechenden Körper, die Pfeilspitze im linken Bild auf die derbe Wand des Ruhestadiums. Ich denke, Dein Hinweis hat die Sache geklärt.



Beste Grüße

Ole