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Mücke in Fluoreszenz

Begonnen von Jürgen H., Februar 09, 2011, 20:12:29 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Liebe Mitmikroskopiker,

angeregt durch den benachbartenThread habe ich auf die Schnelle einen Versuch gemacht: Einen Paraffinschnitt, den ich hatte, entparaffiniert, in aqua dest überführt, 2 Min. in Acridinorange, dann noch einmal kurz a.d., Deckglas, und einfache Blaufilteranregung mit orangem Sperrfilter bei 30 Watt Durchlicht photographiert (2 sec. mit 20er (korrigiert) Fluotar):



D= Darm
F= Fettkörper mit Zellkernen
Dr.= Drüse
I= Integument
M= Muskulatur

Das Bild ist etwas in Photoshop bearbeitet (Tonwertkorrektur)

Mikrogrüße

Jürgen





Ralf Feller

Hallo Jürgen,
schön was von Dir zu hören! Leider sind wir ja die einzigen "Insekten-Histologen" hier.
Ich verfolge deine Beiträge mit großem Interesse, leider hatte ich in den letzte Monaten beruflich bedingt wenig Zeit Dir zu antworten oder Deine Arbeit zu kommentieren. Die Flluoreszenzaufnahme, ja ohne eigentliches Fluoreszenzmikroskop ist Dir gut gelungen (woher bekommst Du die Filter?). Ich interessiere mich sehr für die Parasitologie und Infektiologie, daher mein Interesse für Stechmücken. Die Acridinorange-Fluoreszenz ist das übliche Verfahren um Bakterien, auch wenn es nur wenige sind, nachzuweisen.

Bakterien in einem Mundschleimhautabstrich


Nun habe ich versucht Bakterien im Darm meiner Stechmücken zu finden, leider bisher ohne Erfolg-aber es waren nur wenige Versuche.

Culex Darm Acridinorenge am Paraffinschnitt.




Ich habe gelesen, dass die Bakterienflora des Darms für Insekten genau so wichtig ist wie für uns Menschen, und ich habe gelesen, dass die meisten Bakterien des Insektendarms ihre DNA in die Darmzellen integrieren (Bakteriome). Vielleicht kann ich sie deshalb nicht nachweisen? Hast Du schon einmal Bakterien im Darm deiner Mücken gesehen?

viele liebe Grüsse aus Mülheim-Ruhr, Ralf

K. Koch

#2
Hallo,

ich habe mal eben eine gefrorene Mücke (ist aber evtl. keine Stechmücke) aufgetaut, den Abdomen ziemlich längs geschnitten, und mit Acridinorange gefärbt.
Es kommt dann dieses raus:


Objektiv 25/0,75, Picolay-Stack aus 2 Bildern.

Sind die grünen Punkte die Zellkerne des Darms? Ist das überhaupt der Darm? :)
Dann könnten vielleicht die länglichen Fäden links unten und rechts oben Bakterien sein?

Ein zweites Bild vom hinteren Teil, dort schlängelt sich noch etwas entlang, was allerdings dünner ist. Dort sind die Zellkerne (?) größer und faseriger als bei dem anderen Organ:


Objektiv 40

Übrigens gibt es bestimmt noch mehr Insekten-Histologie-Interessierte. Aber leider reicht bei mir z.B. die Zeit (und vielleicht noch mehr  ??? ) nicht für so schöne Paraffinschnitte.

Die Mücke habe ich im Spätsommer, als sich viele davon über dem Rasen getummelt haben, hiermit gefangen und dann eingefroren:
http://www.amazon.de/EVER-PLAST-Elektr-Fliegenf%C3%A4nger-Foetsie-I/dp/B001EKZ0A0

Viele Grüße
Klaas

Klaus Herrmann

Hallo Klaas,

ist diese Methode überhaupt waidgerecht? Oder gibt es für Insektizide (oder wie nennt man die Insektler? ;D ) keine ethischen Grundsätze? ;)

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Jürgen H.

#4
Lieber Ralf,

Meine beiden Fluofilter habe ich noch von Göke, vor langer Zeit erworben. Dies hier war mein erstes Fluoreszensinsektenpräparat. Bakterien sind mir dabei nicht aufgefallen. Auch bei den gefärbten Schnitten nicht, ich habe allerdings, ehrlich gesagt, nie darauf geachtet. Wahrscheinlich würde ich sie im Paraffinpräparat und  in HE Färbung oder Azan auch kaum signifikant sehen, oder?

Könnte man eventuell für Darmbakterien eine andere Präparationsmethode anwenden? Suchst Du die Bakterien nur im Hinterdarm oder vermutest Du sie auch im Mitteldarm? Im letzteren Fall müsste es doch möglich sein, die Culex, nachdem sie sich mit Blut vollgesogen hat, mit einer feinen Kanüle anzustechen und dann ein Ausstrichpräparat zu fertigen? Ob es eventuell auch gelingen könnte, das Abdomen mit einem Scalpell anzuschneiden und die inneren Organe herauszupräparieren? Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass die Paraffintechnik für Deinen Zweck mit ihren Spülvorgängen nicht so gut geeignet ist? Immerhin finde ich aber in meinen Präparaten einen Darminhalt, der auf dem OT geblieben ist....Dazu gleich...


Lieber Klaas,

Deine Photos verwirren mich offen gesagt etwas. Das erste hast Du mit dem 25er Objektiv gemacht, schreibst Du. Dann müsste das Bild allerdings erheblich nachvergrößert sein. Ohne die Umgebung zu sehen, ist es mir bei beiden Bildern nicht möglich festzustellen, was Du zeigst. Ich vermute allerdings, dass die gewundenen Schläuche im zweiten Bild Malphigische Gefäße sind. Hast Du das Präparat noch? Könntest Du eine Übersicht zeigen oder ein Bild ohne Fluo?

Zitatist diese Methode überhaupt waidgerecht? Oder gibt es für Insektizide (oder wie nennt man die Insektler? keine ethischen Grundsätze?

Insektierer heißt das, lieber Klaus.

Und hier noch ein in Hämatoxylin/Azophloxin gefärbter Schnitt (ein Folgeschnitt des oben gezeigten Fluoreszenzpräparates.

Einmal die Übersicht mit dem 20er Objektiv:



Und einmal der Mitteldarm vergrößert, mit dem 40er:



Die Oberflächenvergrößerung durch viele Einfaltungen des Darms ist gut erkennbar.

M   =  quergeschnittene dünne Muskelbänder um den Darm, für die Peristaltik
MV =  Mikrovillebesatz
SK  =  Offenbar Sekretkugeln?  Besonders häufig in unmittelbarer Nähe der Mikrovilli. Sie werden von den
        Darmzellen anscheinend durch den Mikrovillisaum abgegeben.

Die Kugeln weisen feine Granula im Inneren auf (Im Photo nicht zu erkennen)  Den übrigen Darminhalt (feine blau gefärbte Punkte) kann ich nicht zuordnen. Das Tier ist jedenfalls kein Blutsauger.


Mikrogrüße

Jürgen

K. Koch

Hallo,

ich denke auch, dass für die Darstellung der Bakterien ein Frischpräparat besser geegnet ist. Daher habe ich auch eine Mücke genommen die nur kältefixiert ist, aber sonst nicht weiterbehandelt.

@Ralf:
Es gibt eine Abhandlung von Strugger, S. und Hilbrich, P.: "Die fluoreszenzmikroskopische Unterscheidung lebender und toter Bakterienzellen mit Hilfe der Akridinorangefärbung"
Dort wird auf die unterschiedliche Färbung (rot/grün) von Bakterien mit Acridinorange hingewiesen. Vielleicht sind deshalb die Bakterien im Mundschleimhautabstrich so rot, während auf den fixierten Präparaten davon nichts zu sehen ist?

@Jürgen
Zu meinen Fotos: Das 25er Bild ist nicht stark nachvergrößert, der Bildausschnitt ist relativ passend in den Okularkreis gesetzt. Wenn das der Darm wäre würde es von der Größe her auch zu Deinem 20er-Übersichtsbild passen.
Der Darm ist ja nicht wie bei Deinem Bild quer geschnitten sondern liegt längs unbeschädigt auf dem Objektträger. Das Abdomen hatte ich ja auch aufgeschnitten und dann einfach in die Farblösung gelegt.

Ein Übersichtsfoto habe ich mit dem 6,3er gemacht, allerdings war da inzwischen alles eingetrocknet und verschrumpelt.


Wie man sieht habe ich das Abdomen doch nicht längs sondern etwas quer geschnitten.
Bringt das Bild was?

Viele Grüße
Klaas

Jürgen H.

Lieber Klaas,

Offen gesagt bin ich etwas ratlos. Ich zeige einmal ein Bild eines Querschnitts durch das Abdomen meiner Mücken, vielleicht hilft das ein wenig weiter:



Auf Deinem Bild laufen unter dem Chitin mittig zwei Schläuche, ganz gut erkennbar. Möglicherweise handelt es sich um die dorsalen Haupttracheen, die Du mit T bezeichnet auf meinem Querschnitt siehst. In diesem Fall würden wir bei Deinem Bild also auf den dorsalen Teil des Abdomens sehen. Dann quillt das fragliche Stück seitlich heraus. Ich will nicht ausschließen, dass es sich um ein Darmstück handelt, aber wahrscheinlicher scheint mir, dass es ein Teil des Fettkörpers ist.

Dass Deine Fluoaufnahme nun ganz anders aussieht, als der Fettkörper auf meinem zu Beginn des Threads gezeigte Aufnahme, würde das nicht ausschließen. Denn meine Mücken sind vor dem Schnitt durch diverse alkoholische Bäder gegangen. Das Fett löst sich dabei aus den Zellen heraus, es bleibt nur das Zellengerüst übrig. Die vielen diversen leuchtenden Sprenkel in Deinem Bild, die nicht Zellkerne sind, passen vielleicht auch ganz gut zu meiner Vermutung. Denn der Fettkörper ist nicht nur ein Vorratsspeicher, sondern auch ein Exkretionsorgan für diverse Stoffe, die dort entsorgt werden.

Mikrogrüße

Jürgen

K. Koch

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die analyse. Dann werde ich mir das mal genauer ansehen und auch gleich Übersichtsfotos machen. Und noch ein Stemi-Foto damit man erkennen kann was für ein Tier das überhaupt ist. In meinem Tiefkühlschrank lagern ja noch welche. Kann aber einige Zeit dauern, die nächsten zwei Wochen habe ich dafür leider keine Zeit...

Viele Grüße
Klaas