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Diatomeen reinigen

Begonnen von peter-h, Januar 09, 2009, 18:42:18 NACHMITTAGS

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peter-h

Guten Abend und eine Frage an die Chemiker und Diatomeenfreunde !

Es gibt unzählige Rezepte zur Reinigung der Diatomeengerippe. U.a. auch die Version in H2SO4 eine Zeit kochen und dann langsam KNO3 hinzugeben. Nach einer Lit.Stelle bei Göke können die netten :o rotbraunen Gase entstehen.
Bisher habe ich aber keine roten Wölkchen aufsteigen sehen  ;)

Nun die konkrete Frage:
Gibt es spez. Bedingungen unter denen diese braunen Gase besonders leicht entstehen?  Oder umgekehrt, welche Maßnahmen sollte man beachten, dass diese Gase nicht entstehen?
Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Methode sehr gründlich funktioniert. und einfacher ist als die anderen Rezepturen.

Schönen Abend und Grüße
Peter Höbel



steffenclauss

#1
Hallo Herr Höbel

Die Schwefelsäure verdrängt die Salpetersäure aus dem Kaliumnitrat (Kaliumsalz der Salpetersäure).
Die braunen Gase bestehen aus Salpetersäure und Stickoxide (Stickstoffmonoxid, -dioxid).
Die Schwefelsäure dehydriert alle organische Substanz und verkohlt diese. Das Kaliumnitrat (bzw. die freie Salpetersäure) wirkt zusätzlich (auch auf anorganische Stoffe) starkt oxidierend. Im Prinzip wird damit fast alles, bis auf das Silikat der Diatomeen geknackt. Bei Ihnen sind die braunen Wölkchen womöglich nicht aufgestiegen weil die Konzentration der Schwefelsäure zu gering war?

ZitatEs gibt unzählige Rezepte zur Reinigung der Diatomeengerippe. U.a. auch die Version in H2SO4 eine Zeit kochen und dann langsam KNO3 hinzugeben
.
Nach dieser Methode wird im Labormaßstab rote rauchende Salpetersäure (Konz. mit Stickoxiden gesättigte HNO3) hergestellt und nachfolgend unter Vakkuum destilliert.
Das halte ich ehrlich ohne Abzug extrem gefährlich, denn gerade bei heißer konz. Schwefelsäure und Zugabe von Kaliumnitrat enstehen unweigerlich die braunen Stickoxide. Diese sollte man zwingend vermeiden einzuatmen, sie ist extrem aggressiv (auf Metalle und alles Organische). Dazu ist HNO3 wegen der stark oxidativen Wirkung brandfördernd.  Da ist Chrom-Schwefelsäure bei richtiger Anwendung schon fast harmloser.



Ich hoffe Ich habe Ihnen jetzt keine Angst gemacht :'(
Wenn Sie die braunen Gase vermeiden wollen, arbeiten Sie damit nicht in der Wärme, sondern unter Kühlung und lassen sie das ganze länger Einwirken, oder verringern die Konzentration der Schwefelsäure.

viele Grüße
Steffen Clauss

peter-h

Hallo Herr Clauss,

besten Dank für Ihre Erläuterungen. Die H2SO4 war wirklich recht schwach und so vermute ich, dass es daher keine Stickoxide gab. Ganz klar, dass es nur unter größter Vorsicht geht !
Jedoch scheint die Methode den anderen Rezepten etwas überlegen zu sein.  Hitze ist unbedingt nötig um die Schalen zu spalten. Alle kalten Verfahren zeigen diese Nachteile. Das ist nun keine graue Theorie, oder "angelesen" , sondern selbst auch erprobt.

Angst haben Sie damit nicht gemacht, sonderen mich etwas schlauer  :)

Schönes Wochenende und Gruß
Peter Höbel

felix

Hallo Herr Claus,

wenn ich mich da gleich mit einer Anschlußfrage einhaken darf:

Irgendwo habe ich einmal gelesen---ich suche diese Stelle schon seit ein paar Wochen---, daß man die nitrosen Gase in eine Flüssigkeit ableiten kann, welche die bösen Bestandteile des Gases bindet. Fällt Ihnen dazu etwas ein?

@ Herrn Höbel: Heiße Schwefelsäure+Salpeter ist ohne Frage ein guter Diatomeenputzer. Aber die dabei entstehenden nitrosen Gase sind schon beim bloßen Anblick beängstigend.  Wenn Sie Salpeter durch Bichromat ersetzen, werden Sie ebenfalls mit hartnäckigem Material fertig, ohne üble Gase. (Anleitung zB bei Göke.  Natürlich gibt es auch bei Bichromat das eine oder andere zu beachten!) Für rezentes Material sind die Peroxid-Methoden nach meiner Erfahrung in aller Regel völlig ausreichend und dabei schonender.

Mit bestem Gruß!
felix
"Du" angenehm.

peter-h

Hallo Herr Fuhrmann,

da ich die S-säure nicht konzentriert verwendet habe, sondern nur ca. 10-20%ig und auch bei der Zugabe von KNO3 sehr vorsichtig war, konnte ich keinerlei nitrose Gase feststellen. Schon garnicht rotbraun  >:(
Die Bichromat-Version kenne ich auch. Vielleicht ein nächster Versuch  ???

Die Peroxid-Methode habe ich auch schon versucht, aber die ewig aufsteigenden Bläschen wirbeln immer wieder die feinen Diatomeen auf und es dauert ........................... bis man endlich dekantieren kann. Zudem war ich mit der Reinigung nicht sehr zufrieden.

Da dies ein offenes Forum ist, möchte ich mich aber mit weiteren Ratschlägen zurückhalten. All die Verfahren sind weder harmlos noch ungefährlich!

Schönen Sonntag und Grüße
Peter Höbel


liftboy

Hallo Peter,
bezüglich gefährlich kann ich nur zustimmen!
Es ist nun leider so, dass nirgends Grundkurse in Chemie angeboten werden (einfach nur Basics wie Sicherheit, Handhabung der Geräte, Kenntnis der benutzten Stoffe [erst das Wasser, dann die Säure...])
Manche Dinge gehen nicht gut mit "learnig by doing". (man kann sich schließlich nur einmal umbringen)
Wenn mir der Beruf die Zeit lassen würde, wäre ein Praktikum in einer Chemiebude nicht schlecht, aber so muss ich mich halt mit der entsprechenden Literatur, -und Vorsicht, durchschlagen.
Zur Not kann man ja hier im Forum nachfragen.
Gruß
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Detlef Kramer

Hallo,

mit dem Wissen, so es denn vorhanden ist, ist es ja auch noch nicht getan. Man benötigt ja schließlich auch noch die nötige Infrastruktur, wie z.B. einen Abzug. Ich kann daher nur jedem, der sich auf diese Bühne begeben möchte, sich einem örtlichen Arbeitskreis anzuschließen. Wir haben in Darmstadt beispielsweise während zweier Kornrade-Treffen Kurse zur Diatomeen-Reinigung durchgeführt - hier an der TU ist ja alles vorhanden.

Einen schönen Sonntag wünscht

Detlef Kramer
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Klaus Herrmann

Und lieber Peter,

ZitatDa dies ein offenes Forum ist, möchte ich mich aber mit weiteren Ratschlägen zurückhalten. All die Verfahren sind weder harmlos noch ungefährlich!

es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass nitrose Gase ( rotbraune Färbung deutet nur auf hohe Konzentration hin, sie sind aber schon vorher verhanden!) nicht nur das Lungengewebe nachhaltig schädigen, sie sollen auch impotent machen! :o

Auf jeden Fall greifen sie alles Metall an - wenns nicht gerade Gold oder Platin ist.

Nie ohne Schutz arbeiten! Sprich Abzug, wie Detlef schon richtig bemerkt hat.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

liftboy

#8
Hallo Detlef,

Zustimmung auf der ganzen Linie.
Aber.....!
Nicht alle halten sich im Dunstkreis der "Guten Ding" auf, viele von uns leben leider in der Provinz!
Um die Sache abzurunden werde ich im Rezeptforum die Bastelanleitung für einen brauchbaren Abzug einstellen, den sich jeder halbwegs begabte selbst preiswert bauen kann.
Gruß
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Rene

Hallo Herr Hobel,

Practice in our lab is to add a couple of ml H2SO4 to a tube with decanted material (btw, we use siphoning), place that 1 hr at 95oC, then add a couple of ml of peroxid, again 1hr at 95oC. After that, filling up the tube with water and let it settle for a day before siphoning off and repeated washings. Boiling over sometimes is a problem with peroxid, put it in a larger tray or so, the waterbath also will neutralise spills. After heating and dilution, the peroxid lost most of its bubbling activity, and material settles pretty easily. This method is in use now for many years routinely, after trying out most other known protocols. The only other derivation from this protocol is a preliminary washing with HCl is calcareous stuff is expected.

HTH, Rene.

Dieter Friedrich

Gehen Sie doch einfach raus! (Gut bei den Temperaturen vielleicht wneiger angenehm  ;D )

Ein Abzug pustet den Dreck auch nur ungefiltert nach draussen.....

Wir reden hier doch ausserdem nur von Reagenzglasmengen oder nicht?

Ich persoenlich wuerde lieber draussen mit nitrosen Gasen arbeiten als drinnen mit carcinogenen Chrom(VI)-haltigem Aerosolen (die zwangslaeufig beim hantieren entstehen) und Loesungen....

Man kann nitrose Gase auch komplett vermeiden indem man das ganze mit leichten Sauerstoffueberdruck aus einer Flasche durchfuehrt.

So hab ich letztens 500 g Silber zu Silbernitrat verarbeitet ohne das auch nur ein Woelkchen NOX zu sehen war....

peter-h

Hallo an alle,

und danke für die Ratschläge und Tipps.  Aber ich bedaure jetzt, dass ich das heikle Thema überhaupt angerissen habe.
Nun möchte ich nicht unhöflich sein und das Thema mit einem Schloß beenden, aber
die große BITTE
belassen wir es mit den leider gefährlichen Rezepten hier. Mir ist bei einem offenen Forum nicht wohl dabei  :o

Viele Grüße
Peter Höbel