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Begonnen von Kurt Wirz, März 28, 2013, 13:58:36 NACHMITTAGS

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Kurt Wirz

Hallo Fischfreunde

Der Salzgehalt im Körper der Süsswasserfische ist gleich gross wie bei Meerwasserfischen.
Das Osmotische Gesetz (ein physikalisches Naturgesetz) besagt,
dass zwei Flüssigkeiten mit einem unterschiedlichen Salzgehalt,
die nur durch eine wasserdurchlässige Membran (Haut) getrennt sind,
das Bedürfnis haben, ihren Salzgehalt auszugleichen.
Die salzhaltigere Lösung muss verdünnt und die weniger salzhaltige konzentrierter werden.
Da die trennende Membran nur wasserdurchlässig ist, muss somit das Wasser in Richtung salzkonzentrierterer Lösung durch die Membran diffundieren.
Also wird die salzhaltigere Lösung verdünnt und die weniger salzhaltige konzentriert.
Dieser Vorgang dauert so lange, bis beide Lösungen den selben Salzgehalt besitzen.

Süsswasserfische leben in Wasser, das weniger Salz, wie ihr Körper enthält.
Somit dringt durch ihre Haut und vor allem durch die Kiemen viel Wasser in ihren Körper ein.
Würden die Fische  nichts dagegen unternehmen, dann würde ihr Volumen grösser und grösser.
Mit dem Harn scheiden diese Fische die überschüssige Flüssigkeit aus.
Jedoch müssen sie darauf achten, dass dieser Harn nur wenig Salz enthält,
da sonst der Salzgehalt ihres Körpers sinken würde.
Süsswasserfische scheiden deshalb viel Harn mit wenig Salz aus.

Meerwasserfische verlieren über ihre Haut und vor allem über die Kiemen Wasser,
da ihr umgebendes Meerwasser mehr Salz enthält als ihre Körperflüssigkeit.
Meerwasserfische würden also dadurch schrumpfen.
Durch trinken erhalten sie das verlorene Wasser zurück, jedoch enthält das Meerwasser viel Salz.
Dieses Salz kann über den Urin ausgeschieden werden.
Das Wasser muss aber im Körper bleiben,
somit scheiden die Meerwasserfische sehr salzhaltigen Urin mit wenig Flüssigkeit aus.

Somit sind üblicherweise Fische von ihrer Physiologie entweder für Meerwasser- oder Süsswasserumgebung eingerichtet.

Der Brackwasserbereich, der zeitweise eher salzig, dann wieder süsswasserhaltig ist,
verlangt nach Lebewesen, die umschalten können (von Wasser aufnehmen zu Wasser ausscheiden).
Da dies hohe Ansprüche an den Körper stellt, ist der Brackwasserbereich,
also die Flussmündungen ins Meer und deren Umgebung von wenig Fischarten bevölkert.

Südamerikanische Vieraugenfische gehören zu den wenigen Fischarten,
die ihr ganzes Leben in diesem Bereich verbringen.

Vieraugenweibchen schützen ihre Brut, indem sie ihre Eier im erweiterten Eileiter zurückhalten
bis die Jungen geschlüpft sind und den Dotter vollständig aufgezehrt haben.
Der Blutkreislauf des Embryo hat jedoch keine Verbindung mit dem Muttertier.
Die Vieraugenweibchen sondern über den Eileiter nahrhafte Körperflüssigkeiten ab,
die durch die Jungtiere die sich im Eileiter entwickeln aufgenommen werden!
Sind die Jungtiere voll ausgebildet, werden sie durch das Weibchen ausgestossen (geboren).
Dies können bis zu 12 Jungtiere sein.
Zu diesem Zeitpunkt befinden sich im Eileiter schon weitere Eier der nächsten Generation.
Man nennt dies lebend gebärend (ovovivipar).

Nun stellt sich die Frage, wie die Eier befruchtet werden?
Das Männchen muss, (wie bei den Guppy und ähnlich wie bei den Säugetieren)
dem Weibchen ein Samenpacket überreichen.
Es kommt zu einer inneren Befruchtung, was bei Fischen eher selten ist.
Dazu besitzt das Männchen eine zum Begattungsorgan umgewandelte Afterflosse.
Die Begattung findet statt, wenn das Paar Kopf an Kopf nebeneinander schwimmt.
Jedoch können 50% der Männchen ihr Begattungsorgan (Gonopodium) nur nach links
und die anderen 50% der Männchen nur nach rechts bewegen
und die Weibchen besitzen zu 50% eine Schuppe die von links über die Geschlechtsöffnung ragt
und bei 50% der Weibchen ragt diese Schuppe von rechts über ihre Geschlechtsöffnung.
Somit kann ein Weibchen deren Schuppe von links über die Geschlechtsöffnung ragt
nur von einem Männchen, das sein Gonopodium nach links bewegen kann befruchtet werden.
Das bedeutet, dass ein Paar, gesunde und geschlechtsreife Vieraugen Fische
bei welchen das Männchen seine zum Geschlechtsteil umgewandelte Afterflosse
nach rechts bewegen kann, nie ein Weibchen befruchten kann deren Schuppe von links
über ihre Geschlechtsöffnung ragt.
Dies erscheint als hinderlich und unnatürlich, doch kommen diese Fische in grossen Schwärmen vor,
so dass sich diese Eigenheit nie als negativ für die Art erwiesen hat.

Nun zum Bild:
Die Vieraugenfische besitzen noch eine weitere Eigenheit, die ihnen ihren deutschen Namen verliehen hat.
Sie besitzen jedoch nicht vier Augen, sondern ihre Augen sind zweigeteilt.
Ihre Iris zieht sich in der Mitte zusammen, so dass in Form einer Acht,
oben und unten jeweilen eine Pupille entsteht.
Ein Auge hat zwei Pupillen und sieht wie zwei Augen aus.
Ebenfalls ist die Linse durch zwei unterschiedliche Radien geformt.
Da die Vieraugenfische unter der Wasseroberfläche schwimmen
und ihre abstehenden Augen zur Hälfte aus dem Wasser ragen,
die Wasserlinie läuft direkt durchs Auge,
ist der obere Teil des Auges und deren Pupille mit entsprechendem Linsenradius
an das Sehen über Wasser angepasst
und die andere sich unter Wasser befindende Hälfte des Auges mit der zweiten Pupille
und deren Linsendurchmesser an das Sehen unter Wasser.

Sie jagen und fressen die im Brackwasser nur in geringen Mengen vorkommenden kleinen Wasserlebewesen.
Hauptsächlich ernähren sie sich von Insekten die auf oder über dem Wasser sind.
Auf dem Bild sieht man die beiden Irislappen, die das Auge in einen oberen und unteren Teil trennen.

Das hier gezeigte Auge ist von einem gestorbenen, 5 cm langen Jungtier.
Erwachsene Vieraugenfische können bis zu 30 cm lang werden.

Nikon D600, Zeiss Luminar 40mm, 5:1, Stack aus 261 Bildern im Abstand von 0.02mm



Gut Stack

Kurt

Rawfoto

Hallo Kurt

Absolut beeindruckend, alleine die Idee ist abgefahren ... :-)

Eine Frage habe ich aber doch, wie kommt es zu den kreisförmigen Spuren an unterschiedlichsten Stellen im Bild, wenn das Stoffmuster wären und Du die 800E verwendet hättest könnte ich mir die erklären, aber so ?!?

Kannst Du mir da bitte einen Tipp geben ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Kurt Wirz

Hallo Gerhard

Das Zentrum der Schuppen, "?wachstums Zentrum?" ist es vermutlich nicht, da der Fisch erst eine  Woche alt war,
ist sichtbar und befindet sich nicht unter einer überdeckenden Schuppe.
Es sind tropische Fische, bei welchen es keine eigentlichen Wachstums- und Ruhephasen (Sommer/Winter) gibt,
schon gar nicht bei einem ein wöchigen Tier.
Die kreisförmige Struktur ist somit nicht periodisch entstanden.
Anbei ein Bild mit der kreisförmigen Struktur der Schuppen.
Also kein Artefakt der modernen Technik.

Nikon D600, NIKON CFN, PLAN 10/0.30, 160/0.17, 10:1, Stack aus 77 Bilder im Abstand von 0.01mm



Gut Stack

Kurt

Klaus Herrmann

Zitatkreisförmigen Spuren an unterschiedlichsten Stellen im Bild,

Lieber Gerhard,

da hat Kurt ausnahmsweise mal nicht gepfuscht  ;) das sind die Schuppen des Fisches die haben so eine Struktur.

Habe ich glaube ich mal als Rätsel eingestellt.

# Kurt: wieder mal umwerfend und deine Erläuterungen auch!

Edit: er war schneller und dann auch noch mit so schönem Bild!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Jan Dunst

Hallo,

ein toller Text und ein tolles Foto, sehr informativ. War ein Genuß zu lesen.

Zu den Schuppen, ich war kürzlich Assi bei einem Anatomie - Systematik - Evolutions Kurs für angehende L3 Lehrer (der Kurs war ein Graus ;)), daher kann ich diese Schuppen zweifelsfrei als Elasmoidschuppen, genauer Cycloidschuppen identifizieren.

Schöne Grüße
Jan

Rawfoto

#5
Danke fuer die Rueckmeldung mit Weiterem Bild Kurt, da wird die Struktur verstaendlicher ...
Ein weiteres tolles Bild!

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

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Alfons Renz

Hallo,

Die Bildung biologischer Muster, etwa der Strukturen und Zeichnungen einer Schneckenschale, folgt sehr einfachen, mathematisch formulierbaren Gesetzmäßigkeiten, wie es z.B. Hans Meinhardt in seinem lesenwerten Buch "Wenn Schnecken sich in Schale werfen" beschrieben hat. Äußere Einflüsse, Tag/Nacht, Gezeiten oder Jahreswechsel können dabei den Takt angeben oder moderieren, ebenso wie eine 'innere Uhr'.  Besonders interessant sind, auch in diesen Schüppchen erkennbar, die 'Verzweigungen' der radiären Strukturen: Hier tritt lokal ein neuer Reiz auf, der zu einer Teilung der Linie führt. Die Analyse dieser Teilung, die man hier im mikroskopischen Bild an einigen Stellen erkennen kann, ist spannend: Der Abstand der Linien bleibt im Teilungsbereich möglichst gleich. So ähnlich wie sich die Schienen auf einem Verschiebe-Bahnhof nicht in beliebiger Weise teilen können. Diese innere Gesetzmässigkeit muss daher auf einem endogenen molekularen Prozess beruhen, der das Wachstum der Schuppe steuert.

Ganz ähnliche Muster zeigen z.B. auch die Hautleisten des Fingerabdrucks: Auch da beobachtet man solche dichotomen Verzweigungen.

Vielleicht hätte Jemand ein Bild solcher Fingerabdrücke zum Vergleich mit den Mustern dieser Fischschüppchen? Und dazu auch die Muster einer mehrjährigen Fischschuppe, etwa eines 20-jährigen Karpfens: Dort würde man 'echte' Jahresringe erwarten. Und teilen sich diese in ähnlicher Weise??

Mit herzlichen Mikrogrüßen,

Alfons




rekuwi

Lieber Kurt,

ein toller Bericht mit beeindruckenden Bildern. Obwohl ich kein Aquarium besitze fand ich es spannend und sehr lehrreich.

Herzliche Grüße
Regi