Das Sonnenmikroskop: Aus einer Mücke einen Elefanten machen

Begonnen von hotte, Juni 02, 2024, 13:55:48 NACHMITTAGS

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Das Sonnenmikroskop: Aus einer Mücke einen Elefanten machen

Sonnenmikroskop Nairne & Blunt, London um 1780

Das Sonnen-Mikroskop hat sich aus der Camera Obscura und der Laterna Magica entwickelt. U.a. werden in der Entwicklung und Zuschreibung Henry Baker um 1742, Daniel Gabriel Fahrenheit und Lieberkühn genannt. John Cuff scheint jedoch der eigentliche Erbauer zu sein, da er den Spiegel so anordnete, dass er jeweils dem Sonnenverlauf entsprechend eingestellt werden konnte

Ein Sonnenmikroskop ist ein Projektionsmikroskop das in einem abgedunkelten Raum verwendet wird. Mit dem drehbaren und neigbaren Spiegel des Instrumentes der sich bei Gebrauch außerhalb eines Fensterladens befindet, wird  auf eine Sammellinse reflektiert Das durch die Linse gebündelte Licht fällt auf das Präparat, das durch das Screw-Barrel Mikroskop auf eine Wand oder einen Schirm abgebildet wird. Insofern ähnelt die Funktionsweise eines Sonnenmikroskops eher einem Diaprojektor als einem Mikroskop.
Sonnenmikroskope finden sich ab 1740 in den Katalogen von Instrumentenmachern und waren insbesondere in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr populär. Mitte des 19. Jahrhunderts waren sie für die Fotografie mikroskopischer Objekte erneut von wissenschaftlicher Bedeutung.
Sonnenmikroskope bestehen aus zwei Linsen. Einer Kondensor Linse zur Konzentration des Sonnenlichtes auf das Präparat und einer Sammellinse zur Bilderstellung.  Das Präparat befindet sich nahe dem Brennpunkt des Kondensors, um nicht durch die Hitze im Brennpunkt zerstört zu werden

Strahlengang.jpg

das Sprichwort
,,aus einer Mücke einen Elefanten machen"
hat auch seinen Ursprung in der Arbeit mit dem Sonnenmikroskop
Käsemilben, Fliegen oder Flöhe scheinen so groß wie Elefanten zu sein
Im abgedunkelten Raum wird nicht direkt das Präparat betrachtet. Vielmehr ist in der Projektion nur der Schatten des Objekts zu sehen. Es können auch nur transparent Präparate gesehen werden.
Durch die enorme Vergrößerung als Projektionseinrichtung wurde z. Bsp. bei einer Matinee oder einer anderen Veranstaltung einem größeren Publikum ein eindrucksvolles Erlebnis präsentiert.


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aus Nachlese einer Mikroskopischen Gemüths-und Augenergötzung" von Martin Frobenius Ledermüller (1719-1769) von 1762

Das zur Projektion benutzte Screw-Barrel Mikroskop kann sowohl als eigenständiges Mikroskop, als auch in der Kombination mit dem Sonnenmikroskop oder dem Scioptic Ball benutzt werden. (siehe meinen Bericht über G. F. Brander)

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Sonnemikroskop von Nairne & Blunt um 1780
Die englischen wissenschaftlichen Instrumentenbauer und ehem. Lehrling von Matthew Loft , Edward Nairne (1726-1806) und Thomas Blunt (1760-1822) gründeten zwischen 1774 und 1793 ein gemeinsames Unternehmen in London. Sie produzierten und vertrieben zahlreiche optische und mathematische Instrumente und Apparate u.a. Mikroskope, Fernrohre, Mathematische Instrumente, Nautische Instrumente etc.

Nairne gilt auch Erfinder des Radiergummis

1770 entdeckte er, dass sich mit Kautschuk Bleistiftstriche ausradieren lassen. Er hatte versehentlich danach gegriffen, anstelle des zum Radieren üblichen Brotklumpens. Er gab ihm den Namen ,,Rubber" und verkaufte ihn zum erstaunlich hohen Preis von 3 Shilling. Der Londoner Instrumentenbauer und Chemiker Joseph Priestley machte den Rubber noch im selben Jahr publik, weshalb man ihn auch gelegentlich als Erfinder nennt.

Anwendung
Das Sonnenmikroskop wird mit zwei Schrauben in einem Fensterladen mit einem Loch so befestigt, dass sich der Spiegel außerhalb des Fensterladens befindet und die Projektionseinrichtung in den Raum hineinragt. Mit den Flügelschrauben kann nun der Spiegel nach der Sonne gerichtet werden. Dies muss natürlich im Laufe der Zeit, je nach Sonnenstand, wiederholt werden.

Nairne Solar Stich.jpg
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Fernrohr von Nairne

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Zubehör

Im Holzkasten befinden sich Objektträger aus Elfenbein mit Präparaten, die sich zwischen Glimmerplättchen gelegt wurden und mit einem Ring aus Messing gesichert sind.

Eine gedrechselte Dose mit Ersatz Elfenbeinplättchen und Sicherungsringen ist ebenfalls dabei

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viele Grüße und Freude auch mit alten Mikroskopen ( Buntmetall und Altglas)
Horst Kuhn



mikropit

Hallo Horst, das ist ganz prima, dass Du uns solche interessanten Instrumente vorstellst. Mir imponiert sehr, welche genialen Techniker unsere Vorfahren waren.
Peter Mikropit

gerne mehr
mikropit

Hugo Halfmann

Hallo Horst,

danke für die tolle Vorstellung dieses Mikroskops, dessen Funktionsweise bzw. genaue Verwendung mir nicht bekannt war.

Davon kannst Du gerne mehr zeigen!
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann