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Wismut

Begonnen von witweb, September 22, 2024, 17:28:26 NACHMITTAGS

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witweb

Hallo Frank,

danke. Ich habe noch ein paar Kristalle "gezogen". Die müssen wohl unsere Diskussion mitverfolgt haben, jedenfalls sich alle metallisch blank, kein Grün oder Pink zu sehen. Keine Ahnung woran das liegt. Vielleicht mache ich noch ein paar Aufnahmen von diesen Exemplaren.

LG Michael 
Dieser Post wurde aus recycelten Elektronen erstellt
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Leitz Orthoplan
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Nochnmikroskop

Hallo Michael,

ja bitte weitere Bilder zaubern. 

LG Frank
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Peter_le

Einige Aspekte der Kristallisation wurden hier angesprochen. Leider – oder zum Glück, ist die Kristallisierung ein sehr interessanter Vorgang.

Kristallisierung und Schmelzen unterliegen der Entropie und Kinetik. Dazu einige Vorbemerkungen:

1.   Hier geht es eher um Schmelzen & Kristallen von reinen Metallen.

2.   Eine Schmelze ist immer (ja, immer) Energiereicher als ein Festkörper. Ein Eiswürfel mit ,,kalten" 0 °C würde in einer Schmelze von 0 °C ,,warmen" Wasser aufgelöst werden, nicht aber der Eiswürfel wachsen.

3.   Das Vorkommen von ,,Keimen" ist wichtig. Der Eiswürfel von 0 °C würde sofort wachsen, würde man ihn in unterkühltes, -10 °C kalten Wassers legen. Das gilt für noch mehr Phasenübergänge.

4.   Wärme, Temperatur und Entropie stehen in einem direkten Zusammenhang. Es ist nicht leicht, das immer verständlich und klar voneinander zu Trennen. *1

5.   Schmelzen ist Aufbrechen der Bindungen zwischen den Atomen. Dafür wird Wärme benötigt. Kristallisation ist das Gegenteil: Starke Bindungen werden aufgebaut, Wärme wird frei.


Weiter...


A): Im Kristall ist die ehemalige Schmelze plötzlich geordnet. Dadurch sinkt die Entropie. Wärme wird ,,frei".

B): Beim Schmelzen steigt die Entropie. Wärme wird aufgewendet, um die Bindungen im Kristall aufzubrechen.

A und B ,,arbeiten" gegeneinander! In Lösungen, wie Kochsalz in Wasser, ist das finde ich, etwas weniger schwer nachzuvollziehen. Kristallisiert das Kochsalz, so wird das Wasser ausgeschlossen, das NaCl verliert die Hydrathülle. Dadurch steigt die Entropie dieses freigesetzten Wasser. Beim Auflösen dagegen steigt auch die Entropie, durch die Verteilung des NaCl's im Wasser.

Meines Wissens nicht gut verstanden ist der Prozess der Bildung eines ersten Kristalls. Für einen Kristall müssen sich die Atome in einer regelmäßigen Ordnung aneinanderlagern. Die Abstände und Winkel zueinander müssen stimmen. Und zwar unter Nachbarn, die sog. Nahordnung, aber auch weit entfernt, die sog. Fernordnung.
Es ist gut nachvollziehbar, wenn man sich einen Quadrat unterteilt in vier Quadrate vorstellt, dass es schwierig ist ein kleines Quadrat exakt an ein anderes kleines Quadrat anzulagern. Dagegen ist es einfach, mit einem vierten kleinem Quadrat das Quartett zu vervollständigen. Das geschieht auch in der Kristallisation: Das Wachstum findet oft bevorzugt an bestimmten Orten statt, besonders gut nachvollziehbar ist das an nadelförmigen Kristallen. Die Mininadel, an der großen Nadel, ist zudem der Schmelze exponiert, und geht eher ,,verloren".
Das nanoskopische Kriställchen ist einem weiteren Effekt unterworfen, im Verhältnis ist die Kristallfläche gegenüber dem Kristallvolumen sehr groß. Die Grenzflächenenergie ist sehr groß, beim Schmelzen wird diese v.a. als Wärme frei. Kinetisch ist das Schmelzen bevorzugt. Demzufolge ist es gut nachvollziehbar, dass Schmelzen oft unterkühlt sind, also nicht kristallisieren, obwohl man es wegen der Temperatur erwarten würde.

Es ist nicht leicht, an diesen ,,Anfangskristall" zu kommen. In der Forschung wartet man teilweise jahrelang auf diesen. In der Praxis provoziert man die Kristallisation häufig mit Impfkristallen, die wohl besten Krisallisationskeime. Teilweise sind auch Fremd-Stoffe möglich.


Mein Eindruck ist, dass große Wismut-Kristalle erwünscht sind. Das erfordert, denke ich:

1.   Eine vollständige Schmelze, durch ausreichend Energiezufuhr und Kinetik -> Rühren, oder schlicht Konvektion durch hohe Temperatur könnten helfen - und Zeit.  Sind noch sehr viel mikroskopisch oder nanoskopische Wismut-Kristalle in der homogen erscheinenden Schmelze, so wird man auch viele kleine Kristalle erhalten. Schließlich ist jedes Kriställchen ein Keim.


2.   Die Temperatur langsam senken. Das Wachstum geordneter, großer Kristalle braucht Zeit. Zu schnelle Senkung (ich weiß nicht wie es genau beim Wismut ist) erhält man sehr kleine Kristalle oder einen amorphen Klumpen.


3.   Ggf. einen kleinen Impfkristall vergrößern. Vielleicht sollte man den ,,vorwärmen", damit der kleine Impfkristall nicht die Schmelze zu schnell zu tief abkühlt.

Viel Erfolg!
Ich tue mich mit Thermodynamik & Kinetik nicht immer intuitiv, aber ich finde es sehr spannend! Daher  bin ich gespannt auf Kommentare & Kritik & Korrekturen.

*1 So kann man z.B. die Alufolie aus dem Backofen direkt mit den Fingern anfassen. Sie hat zwar eine hohe Temperatur ,,heiß", aber sie hat nur wenig Wärme-Energie gespeichert. Dagegen kann man sich am Alu-Backblech, das schon aus dem Ofen raus ist, verbrennen, obwohl die Temperatur relativ gering ist. Dafür ist relativ viel Wärme-Energie gespeichert & übertragen worden. Zu aller Unklarheit kommt noch die Wärme-Leitung dazu...





witweb

#63
Hallo Peter,

vielen Dank für die Erläuterungen zu Grundlagen der Kristallisation.
Wer sich mit Mikrokristallen beschäftigt, hat sich sicher schon mit dem einen oder anderen Aspekt deiner Überlegungen beschäftigen müssen. Unser aktuelles Thema - Wismut - ist da sicher etwas speziell, denn generell geht es ja bei dem Thema Kristallisation auch um solche Kristalle:

Optical Brightener, Mikrokristalle im polarisierten Licht, 6, Bildbreite = 0,65 mm.jpg

Oder um diese, nur mal als Beispiel:

Gelbflechte, Mikrokristalle im Auflicht (Blitz), 3, Bildbreite = 2,1 mm.jpg

Ich denke, das ist ein seeehr weites Feld.
Was du zum Schmelzen und Kristallisieren von Metall, hier also Wismut sagst, kann ich so bestätigen. Im Wesentlich habe ich meine Kristalle auch so gewonnen. Ich habe es sogar mit Impfen bzw. Keimen versucht, aber dazu hätte man wohl umfangreichere Versuche unter kontrollierten Bedingungen machen müssen. Also habe ich mich auf langsames Abkühlen und mechanisches ,,Anstoßen" beschränkt, um die Kristallbildung zu starten. Das ging nach einigen Versuchen ganz gut. Wobei, große Kristalle brauchen wir nicht, wir haben ja ein Mikroskop.

Kannst du etwas zu der ,,krissligen" Oberfläche des Wismuts sagen, die wir ja in den letzten Beiträgen umfangreich diskutiert haben?

Viele Grüße

Michael
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witweb

#64
Hier noch auf die Schnelle ein Foto von der letzten "Ernte". Alle Brocken habe ich nacheinander aus dem Löttiegel "gefischt". Das Teil ganz rechts hat sich gebildet, indem ich einen Edelstahl-Spatel langsam in die Schmelz getaucht und wieder herausgezogen habe. An der einen Seite hat sich ein schöner Kristall gebildet. Die anderen Brocken habe ich mit der Keramikpinzette herausgezogen. Die Zeit, die man für solche Aktionen hat, beträgt nur ein oder zwei Minuten, vom Beginn des Erstarrens der Schmelze.

Wismut  = BB 40 mm.jpg

Viele Grüße
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witweb

Zum Schluss noch eine Detailaufnahme für Kreuzblicker:

Wismut 31 AL-BL RL BB = 3,6 mm.jpg

Viele Grüße

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Nochnmikroskop

Hallo Michael,
Deine neuen Kristalle, welche Du gezogen hast sehen z.T. ja schon recht Profimäßig aus, quasi verkaufsfähig.  ;D
Für noch gleichmäßigere muss man wahrscheinlich größere Gebinde erhitzen und dann langsam ziehen, wie in dem Youtube Video.

Dein letztes Schielbild ist doch bestimmt ein Makro-Tortenguss  :P . Interessant wie immer.

Ich habe noch nicht weiter experimentiert, war kurz im Urlaub. Bei der Naturschatzkammer in Neuheide hatten die auch Wismut zum Verkauf, allerdings alles etwas überteuert.

LG Frank
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witweb

Hallo Frank,

wenn du dich vom Urlaub erholt hast, kannst du dein Wismut ja noch etwas weiter erforschen. Ich bin gespannt. Ansonsten würde ich unser Nischenthema jetzt mal beenden. Zum Schluss noch eine Aufnahme von dem großen, gekauften Kristall, den ich ganz am Anfang gezeigt hatte.
Um solche Kristalle zu bekommen, musst du wohl wirklich einen großen Topf aufs Feuer bringen. Es gibt ja eine ganze Reihe Videos dazu auf YT. Ganz lustig.

Meinen Kristall habe ich nur auf die Seite gekippt und losgestackt. Alles dabei, viele Reflexe und vor allem Pink und Grün ...  :)

Wismut 32 AL-DF BB = 3,9 mm.jpg

Viele Grüße

Michael

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