Botanik: Von Kopf bis Fuß: Das rote Waldvöglein im Mikroskop *

Begonnen von jcs, Januar 07, 2025, 21:19:48 NACHMITTAGS

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jcs

Liebes Forum,

nachdem ich das Thema Brombeerrost, der auf 10m² in unserem Garten wuchert, vorerst abgeschlossen habe (siehe https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44551.0 und https://www.mgw.or.at/brombeerrost/), geht es jetzt ans nächste Projekt, das mich auch schon einige Zeit beschäftigt.

An einigen gärtnerisch vernachlässigten Stellen (Abb. 1) haben sich über die Jahre rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) angesiedelt (Abb. 2), und durch Aussaat der hauseigenen Samen hat sich auf einer Fläche von insgesamt ca. 25m² eine kleine Population von 20-25 Exemplaren etabliert.

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Abb.1: Standort der Pflanzen in den markierten Rechtecken.

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Abb.2: Aufnahme eines Waldvöglein-Trios im Garten, mit Maschendrahtzaun als "Bokeh" im Hintergrund.

jcs

#1
Bekannterweise können Orchideensamen nur keimen, wenn sie von unterirdischen Pilzen (Mykorrhiza) mit Nährstoffen versorgt werden. Deshalb interessiert mich das Leben unter der Erde genauso wie die oberirdischen Pflanzenteile. Eine der Pflanzen wurde von Mäusen angenagt, was ich zum Anlass nahm, den Wurzelstock auszugraben und unter dem Mikroskop (Lichtmikroskop, REM) anzuschauen.

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Abb.3: Wurzel im REM.

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Abb. 4: Detail der Außenfläche der Wurzel im REM.

Abb. 3 und 4 zeigen einen getrockneten Wurzelquerschnitt im REM, zuerst als Gesamtaufnahme, in der sowohl Außenfläche mit den Hyphen der Mykorrhiza als auch das Innere der Wurzel mit dem Leitbündel ersichtlich sind. In der Detailaufnahme erkennt man schön die Hyphen an der Außenfläche. Erkennbar sind auch die zahlreichen kleinen Sandkörner, die trotz Reinigung an der Außenfläche kleben bleiben.

Im Inneren sind einige "Kugelhaufen" zu sehen. Ich vermute, dass das Stärkekörner an jenen Stellen sind, an denen die Pflanze die eindringenden Pilze verdaut und in Stärke umgewandelt hat. In Abb. 5 und 6 sind noch Reste der ehemaligen Hyphenknäuel zusammen mit den gebildeten Stärkekörnern zu erkennen, aus denen die Pflanzen einen Teil ihrer Energie gewinnen.

In Abb. 7 ist ein lichtmikroskopische Aufnahme (polarisiertes Licht) solcher "Kugelhaufen" in einem Schnitt einer Wurzel von Cephalanthera rubra abgebildet. Dieses Bild deutet ebenfalls darauf hin, dass es sich hier um Amyloplasten handelt.

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Abb.5: Vermutlich Ansammlung von Stärkekörnern (Amyloplasten)

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Abb. 6: Detail der Amyloplasten

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Abb. 7: Stärkekörner (Lichtmikroskop) eines Wurzelquerschnittes in polarisiertem Licht.


Kommentare und Anmerkungen sind gerne gesehen, da ich mir mit der Bestimmung nicht 100% sicher bin.
LG
Jürgen

Rawfoto

Hallo Jürgen

Na du legst eine Geschwindigkeit zu Tage, dein Tag muss irgendwie länger als meiner🙂

Bin gespannt was da für Rückmeldungen kommen.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

anne

Hallo Jürgen,
ein Querschnitt im REM? Das ist doch mal was ganz Anderes!
Super, danke für die Einblicke.
lG
Anne

jcs

@Gerhard: Das Waldvöglein habe ich schon länger "in Arbeit", deshalb konnte ich das eine oder andere Bild aus meinem Fundus nehmen. Die Proben ins REM zu halten geht auch recht schnell und macht weniger Aufwand als einen schönen Schnitt für's Lichtmikroskop zu präparieren.

@Anne: Der Pflanzenschnitt im REM sieht halt unaufgeräumt aus, passend zum Garten, in dem er wächst. Du hast jedenfalls recht, der Eindruck ist ein ganz anderer als im Lichtmikroskop. Die Stärkekörner (wenn es denn welche sind) habe ich zum ersten Mal so gesehen und hätte sie mir eigentlich ganz anders vorgestellt. Mal sehen, was mir in der kommenden Gartensaison noch so unterkommen wird.

LG
Jürgen

Michael L.


jcs

Hallo Michael,

danke für Dein Lob!

Auch wenn die "Fußpilze" der Orchideen faszinierend sind, rührt die Beliebtheit dieser Pflanzen von den hübschen Blüten her. Deshalb hier zwei entsprechende Aufnahmen der Blüte von Cephalanthera rubra, einmal als Stack aus dem Stereomikroskop, und einmal als Paraffinschnitt (gefärbt mit Etzold FCA) am Lichtmikroskop.

AN ... Anthere
FK ... Fruchtkörper
LI ... Lippe
NA ... Narbe
PE ... Petale
PO ... Pollinien
PS ... Pollenschlauch
SÄ ... Säule mit Pollenschlauch
SE ... Sepale
SP ... Sporn

Bitte um Korrektur, falls ich etwas falsch bezeichnet habe.

LG
Jürgen

2022-06-07-ceph-deutsch.jpg

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Fahrenheit

Lieber Jürgen,

vielen Dank für den schönen Beitrag, den ich gerne gelistet habe.

Beste Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM