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Oelkammer nach Zeiss?

Begonnen von Peter W., November 29, 2012, 16:25:38 NACHMITTAGS

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Peter W.

Hallo -
ich habe in einer Carl Zeiss Gebrauchsanleitung zu Phasenkontrasteinrichtungen (G 40-160-d), zum Thema "Objektpräparation", folgenden Hinweis gefunden:
"... Die Untersuchung von Objekten im hängenden Tropfen oder gar auf Objektträgern mit Hohlschliff ist nicht möglich. Anstelle derartiger Präparate empfehlen wir die Ölkammer. Die Beobachtung lebender Objekte in dieser Kammer hat sich außerordentlich bewährt.". Diese Ölkammer besteht aus auf einem Objektträger aufgeklebten Ring von 0,5-1mm Dicke auf dessen Grund eine Schicht aus Paraffinöl aufgebracht ist. Auf dieser Ölschicht "schwimmt" die Kulturflüssigkeit, die mit einem Deckglas, das auf dem Objektträger-Ring aufliegt, abgedeckt ist.

Meine Fragen dazu: Zu welchem Zweck wird vor der Kulturflüssigkeit eine Schicht Paraffinöl auf den Objektträger aufgebracht und, kann man auch ein anderes Öl für diese Zeiss-Ölkammer verwenden? Eignet sich diese Ölkammer-Methode auch für Langzeituntersuchungen - mehrere Wochen oder Monate wenn man z.B. "nachfüttert" (Amöben, Paramecien, Bakterien)?
Glückauf, Peter

purkinje

Hallo Peter,

meiner Erinnerung nach, habe ich so eine Kammer mal vor ca 20 Jahren in dem Institut in dem ich tätig war, bei einer anderen Arbeitsgruppe, in irgendeiner Schublade schon einmal gesehen, sah sehr unbenutzt aus; der dort zellbiologisch sehr beschlagene TA erzählte mir, dass sich diese Kammer nicht bewährt habe, da für eine gute Phasenkontrast-Beobachtung nur ein sehr flacher Kulturraum zur Verfügung stände.
Er war ein Fan seines , ich glaube japanischen Inversmikroskops, welches mit dem Modulationskontrast nach Hoffman ausgestattet war. Er hat an manchen Tagen damit zig dutzende Zellkulturschalen darauf durchgesehen und auch so manche Zelle selektiert mit denen sich auch so manch heute führender Hämatologe promoviert und habilitiert hat  ;).
Der Modulationskontrast funktioniert, wie angeblich auch der Zeisssche PlasDic, auch mit Kulturschalen, bei bis zu mittlerer Vergrößerung gut.
Ich hatte hier im Forum mal gefragt, ob jemand von den hiesigen Mikroskopisten dieses Verfahren z.B. zum Screening seiner Tümpelproben oder ähnlichem, nutzt- es hatte sich niemand gemeldet...
Beste Grüße

Stefan

Peter W.

Hallo Stefan -
vielen Dank für deine ausführlichen Informationen. Ich werde es einfach mal ausprobieren und meine eigenen Erfahrungen damit sammeln.
Glückauf, Peter

purkinje

Hallo Peter,

wie gesagt ich kann nicht aus eigener Erfahrung berichten, vielleicht meldet sich noch jemand, der nicht unbedingt Krebszellenkulturen damit angesehen hat  ;)- ist ja doch eher sehr speziell, sondern es auch mehr im Bereich von Protisten verwendet (hat).
Aber berichte doch auf jeden Fall hier dann mal von deinen Erfahrungen, würde mich auch interessiern..
Bester Gruß
Stefan

Klaus Henkel

Guten Tag Peter W. und Stefan purkinje!

Die Zeiss-Kammer kenne ich nicht. Aber jede Menge andere.
Hier drucke ich Ihnen die Antwort auf meine Datenbankabfrage von Artikeln aus dem Mikrokosmos. Abfragebegriff "kammer". Vielleicht könnten Sie Ihr Problem auch mit einer anderen "Kammer" lössen.

Gruß KH


Autor   Titel   Jahr   Bd   Seite
Heimstädt O   Eine Kammer zur Sichtbarmachung der Brownschen Molekularbewegung in Luft und Gasen.   1912/13   6   129
Lüttgens C M   Vom Kammerplankton flacher Gräben.   1913/14   7   159
Biebl R   Bau einer Mikrophotokammer.   1930/31   24   134
Seyser W   Feuchte Kammern.   1933/34   27   114
Diederichs K   Die Mikrogaskammer als Hilfsmittel bei Untersuchungen von verfälschten Nahrungsmitteln.   1933/34   27   179
Oberzill W   Die Filterkammer, ein neues Hilfsmittel zur Planktonzählung.   1939/40   33   103
Schroeder I   Einige Bemerkungen zur Dunkelkammerarbeit des Mikrophotographen   1948/49   38   108
Göke G   Schnitt durch die vordere Augenkammer des Hundes.   1960   49   209
Grebel D   Die biologische Speisekammer. Mobiliserung der Reservestärke bei Kartoffel und Gerste.   1968   57   27
Heunert H H   Präparationsmethoden für Vitalbeobachtungen an Mikroorganismen. 1. Kulturen in flüssigen Medien: Tauchkappen, Plattenkammer, Deckglaspräparate, Paraffinkammern.   1974   63   218
Heunert H H   Präparationsmethoden für Vitalbeobachtungen an Mikroorganismen. 2. Kulturen in flüssigen Medien (19): Roto- Compressor, Rahmenkammer, Durchströmungskammer.   1974   63   256
Heunert H H   Präparationsmethoden für Vitalbeobachtungen an Mikroorganismen. 3. Kulturen auf festen Medien: Agarüberschichtete Objektträger, Kammerpräparate, Diffusionskammer, Agar-Luftpräparate, Mikrokultur-Kammern.   1974   63   317
Larsen H F   Eine praktische und preiswerte Planktonkammer: Das Hamax-Microtray.   1980   69   331
Noll M   Eine einfache Zählkammer für die quantitative Planktonbestimmung.   1982   71   165
Heidenreich H   Selbstgebaute Objektkammern für die Prismenlupe.   1992   81   286
Linskens H F   Die POC-Kammer zur mikroskopischen Direktbeobachtung.   1993   82   116
Nachtigall W   Deckglaspräparate in der feuchten Kammer   1997   86   141
N N   7. Pfingstreffen des Zieralgenkreises Esternberg in Bad Mitterndorf im Steirischen Salzkammergut.   1999   88   346
Hippe, P   Lebende Mikroobjekte in Gittern - Mikrokulturkammern aus dem Baumarkt   2004   93   234

Klaus Herrmann

Lieber östlicher Klaus

ZitatGöke G   Schnitt durch die vordere Augenkammer des Hundes.   1960   49   209

Müsste man dann jedes Mal einem Hund ein Auge rausoperieren um so eine Kammer.... doch sehr aufwändig! ;D

Ich fürchte, bei den ganzen Ergebnissen ist keines dabei, das hier hilft?

Herzliche Grüße aus dem verschneiten Westen

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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JB

Hallo Peter,

Eine interessante Quelle die Sie da ausgegraben haben.

Der Grund fuer die Verwendung von Paraffinoel (lab engl. mineral oil) ist wahrscheinlich schlicht die weite Verbreitung in biologischen Laboren. Gereinigtes Paraffinoel ist preiswert, wasserdampfdicht, chemisch inert, fast wasserunloeslich und gilt als praktisch ungiftig - deshalb ist es fuer solche Zwecke in der Zellkultur verbreitet.

Kulturen koennen unter mineral oil auch langfristig aufrechterhalten werden; nur ueber den Austausch des Mediums muss man sich ggf. Gedanken machen. Sogar Embryo- und Organkulturen werden unter mineral oil gemacht. Z.B. hier Maeuseembryonen: http://dna-protein.blogspot.co.uk/2012/01/guess-what-challenge-no-4.html

Nachverfolgen sollten Sie noch dieses Detail: "Auf dieser Ölschicht "schwimmt" die Kulturflüssigkeit"
Normalerweise sollte der Tropfen auf dem Grund des Oel sitzen (die Dichte von Oel ist geringer als die von Wasser). Auf diese Weise werden in der Zellkultur die Praeparate ueberschichtet. Ich kann mir zwar vorstellen, dass der Tropfen durch die Oberflaechenspannung auch am Deckglas haengen bleibt, aber das ganze waere doch instabil. Ueberschichten ist die sichere Loesung??

Auch ich suche nach einer Loesung, um am haengenden Tropfen oder zumindest an dicken Praeparaten Phasenkontrast/DIC-Untersuchungen zu machen, ohne dass die Objekte vom Deckglas eingedrueckt werden. Vielleicht findet sich ja noch etwas.

Beste Gruesse,

Jon

Peter W.

Sehr verehrter Herr Henkel -
vielen Dank für Ihren Datenbankauszug. Es ging mir nicht darum, eine Kammermethode zur Phasenkontrastuntersuchung von Kulturen zu finden, sondern darum, die von Zeiss empfohlene Ölkammermethode zu verstehen. Meine Frage war schlicht und einfach: Warum kommt in die Zeiss-Kammer auf dem Objektträger - vor dem Aufbringen des Kulturmediums - erst eine Schicht Paraffinöl?

Hier ein Bild dieser von Zeiss empfohlenen Ölkammer (ein Klick auf die Lupe zeigt ein größeres Bild):


Hallo Jon -
eindeutig ist auf dem großen Bild (Lupe) zu erkennen, dass die Ölschicht unter der Kulturflüssigkeit liegt, also vor der Kultuflüssigkeit aufgebracht wurde. Da ich diese Abbildung in zwei altersverschiedenen Ausgaben dieser Gebrauchsanleitung zur Phasenkontrastmikroskopie von Zeiss gefunden habe, denke ich, dass diese Anordnug ihre Richtigkeit hat und die Kulturflüssigkeit auf dem Öl "schwimmt". Noch einmal meine Frage: Welche Funktion hat nun das Paraffinöl in der Ölkammer?

Mit einem freundlichen Glückauf
Peter Wilbert

JB

Hallo Peter,

Wie oben beschrieben sind die Funktionen sind folgende:
- das Oel stellt eine "optische Bruecke" zwischen Objekttraeger und Kulturfluessigkeit her (i.e. der Brechungsindex liegt zwischen dem von Glas und Wasser; damit entfallen all die Probleme die man sonst beim (alternativen) haengenden Tropfen hat Glas - Luft - Wasser)
- das Oel verhindert das Verdunsten der Kulturfluessigkeit
- das Oel verhindert, dass sich an der Luft-Glas Grenzflaeche Kondenswasser niederschlaegt
- das Oel verhindert, dass die Kulturfluessigkeit aus der Kammer auslaeuft (durch Kapillarkraefte)

Beste Gruesse,

Jon

Peter W.

Hallo Jon -
vielen Dank für deine Ausführungen. Ich werde mal einige Versuche durchführen und mich dann evtl. noch einmal zu diesem Thema melden.
Ein freundliches Glückauf und ein schönes Restwochenende
Peter