Botanik: Beute aus fremdem Garten - Encephalartos lehmannii (mehr neue Bilder) *

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 27, 2014, 21:31:33 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

am vergangenen Freitag war ich in einem großen Kölner Garten unterwegs, als ich über den Karoo-Palmfarn (Encephalartos lehmannii) gestolpert bin. Irgendwie erinnerte mich die Pflanze ein wenig an den Japanischen Sago-Palmfarn (Cycas revoluta), den ich hier im Forum bereits vorgestellt habe. Die gleiche Wuchsform, doch irgendwie ganz anders - da musste eine Blattfieder dran glauben ... - aber der Reihe nach.


Der Karoo-Palmfarn

Encephalartos lehmannii, der Karoo-Palmfarn, ist ein Vertreter der Palmfarne (Ordnung Cycadales) und gehört zur Gattung der Brotpalmfarne (Encephalartos) aus der Familie der Zamiaceae.
Die Art wurde nach dem früheren Direktor des Botanischen Gartens Hamburg, Johann Georg Christian Lehmann, als Zamia lehmannii benannt. Nach der Bildung der Gattung Encephalartos wurde sie von ihm selbst in diese neue Gattung gestellt.

Bild 1: Der Karoo-Palmfarn gedeiht auch in unseren Breiten :)


Der Karoo-Palmfarn kommt in der Östlichen Kapprovinz von Südafrika vor, man findet ihn in den Bezirken Willowmore, Uitenhage, Steytlerville, Pearston und Bedford und dort vor allem im Einzugsgebiet der Flüsse Groot und Sundays. Dort wächst er im Karoo-Busch, oft vergesellschaftet mit verschiedenen Euphorbia-Arten, auch auf heißen, trockenen Sandstein-Hügeln in vollem Sonnenlicht. In den Sommermonaten fällt oft der gesamte Regen des Jahres mit maximal um 350 mm pro Quadratmeter. Die Winterhälfte des Jahres ist in aller Regel trocken und kalt mit Temperaturen oft unter dem Gefrierpunkt. Eine spannende Pflanze aus einer spannenden Umgebung!

Bild 2: Stamm eines Karoo-Palmfarns


Wie bei allen Palmfarnen entspringt beim Karoo-Palmfarn die Wedelkrone am Kopf eines bis zu zwei Meter hohen Stammes, der einen Durchmesser von 25 bis 50 cm erreichen kann.
Die Wedelbasen der alten Blätter formen, ähnlich wie bei den Palmen, ein Ringmuster auf den Stämmen. Aufgrund vegetativer Vermehrung stehen oft mehrere Stämme dicht zusammen.

Bild 3: Auffällig gefärbte Wedelbasis


Die zahlreichen Blätter sind gerade oder im oberen Drittel leicht nach unten zurückgebogen. Sie erreichen eine Länge von einem bis eineinhalb Metern und sind etwa 25 cm breit. Die gesamte Oberfläche ist silbrig-blau überlaufen aber kahl. Der Blattstiel ist 25 bis 30 cm lang, unbewehrt und hat eine verdickte Basis mit einem auffälligen, rotbraunen bis gelbbraunen Kragen. Mit dem Absterben des Wedels bleibt dieser am Stamm und nimmt eine graue Farbe an.
Die Mittelachse eines Wedels (Rhachis) ist glatt oder leicht gefurcht und hat einen leicht kegelförmig Querschnitt. An ihr stehen 20 bis 30 versetzt angeordnete glattrandige Blattfiederpaare. Die Unteren sind nicht zu Dornen reduziert und die größten Blattfiedern in der Mitte des Wedels erreichen Längen zwischen 12 und 18 cm bei einer Breite von etwa 17 bis 19 mm. Sie stehen im rechten Winkel von der Rhachis ab, überlappen sich beim ausgewachsenen Blatt nur selten und enden mit einer oder beim letzten Blattfieder manchmal auch mit zwei kleinen Dornen.

Bild 4: Ein Eindruck von den blau-silbrigen Blattfiedern


Die walzenförmigen, am oberen Ende leicht konisch zulaufenden weiblichen Zapfen erreichen bei einem Durchmesser von um die 24 cm eine Größe von 45 bis 50 cm. Sie stehen in der Regel einzeln und meist aufrecht an einem kurzen, gedrungenen Stiel, der durch Niederblätter (Cataphylle) verdeckt ist. Die mittleren Fruchtblätter (Sporophylle) sind rund 6 cm lang. Die an der Zapfenoberfläche liegende Seite eines Sporophylls ist rautenförmig und etwa 3,5 cm hoch und 6 cm breit und grün. Sie ist sehr dicht mit kurzen, schwärzlichen Haaren bewachsen. Diese gehen beim älteren Zapfen verloren, so dass besonders an den Rändern das Grün der Fruchtblätter durchscheint. Die fleischige Samenschale ist zur Reife kräftig rot-orange. Die darunter liegende harte Samenschale hat die gleiche Farbe und ist bei einem Durchmesser von 16 bis 18 mm etwa 21 bis 30 mm lang und unregelmäßig geformt.

Bild 5: Aufgebrochener weiblicher Zapfen mit reifen Samen

Aufnahme von der Webseite violapinnata.blogspot.com aus dem Giardini botanici Hanbury (GBH) (2012)

Auch die männlichen Zapfen stehen einzeln und in der Regel aufrecht. Sie sind ebenfalls walzenförmig, zum Ende hin dünner werdend und bei einem Durchmesser von nur 10 bis 11 cm zwischen etwa 35 bis 50 cm lang. Hier ist der grünliche Stiel 3,5 bis 5 cm lang und kahl. Ein Sporophyll des männlichen Zapfens ist 4 bis 4,5 cm lang, seine an der Zapfenoberfläche liegende, rautenförmige Seite ist 13 bis 15 mm hoch und 30 bis 35 mm breit. Auch hier finden wir auf der grünen Oberfläche die gleiche kurze, dichte, schwarze Behaarung wie auf den Fruchtblättern der weiblichen Zapfen.

Bild 6: Männlicher Zapfen

Bild von einer Webseite der Uni Köln

Von den Buschmännern wurde das Mark des Stammes ausgeschält, für zwei Monate im Boden vergraben und anschließend zu einem Teig geknetet und gebacken. Die Ruhezeit im Boden führte zum Abbau einiger im Mark enthaltener Giftstoffe - ohne diese Fermentation wäre auch das gebackene Mark ungenießbar.
Heute ist die Pflanze selten, da in der Vergangenheit viele Exemplare zum Aufbau von Zierpflanzenkulturen aus der Natur entnommen wurden. Außerdem wird sie regelmäßig von Ziegen beweidet. Wer die Blattfiedern einmal in der Hand gehabt hat, oder die mikroskopischen Aufnahmen unten gesehen hat, mag sich darüber wundern, was Ziegen alles verdauen können. ;)
Eine kleine Randnotiz: in Gestalt ihres ursprünglichen wissenschaftlichen Namens war der Karoo-Palmfarn 1986 Namenspatron für das Musik-Album ,,Zamia lehmannii - Songs of Byzantine Flowers" der australischen Band SPK.


Kurz zur Präparation:

Geschnitten habe ich die frische Blattfieder in Möhreneinbettung auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der hier gezeigten Querschnitte beträgt ca. 50 µm.

Anschließend wurden die Schnitte für ca. 40 Minuten in AFE fixiert. Zwischenzeitlich habe ich einige Aufnahmen von einem frischen, ungefärbten Schnitt gemacht.

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach einem Rezept von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Beim Wässern und Färben haben sich die Schnitte - wohl wegen der unterschiedlich starken Schrumpfung der einzelnen Gewebe - sichelförmig aufgebogen, was beim Eindecken zu einigen Rissen geführt hat.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.


Und noch ein wenig zur Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den 5x und 40x NPlanen sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


Nun aber zu den Schnitten!

Bild 7: Zwei Blattfiedern in der Makro-Aufnahme mit der Schnittführung


Zur Übersicht nun eine Makroaufnahme eines der Präparate mit der Canon Powershot S3is. Diese hat einen Nahbereich bis auf die Frontlinse, so dass ich den Objektträger einfach auf das Objektiv auflegen und über ein Blatt Papier als Diffusor von oben beleuchten kann. Leider scheint es da Serienstreuungen zu geben: die Aufnahmen meiner ersten s3is waren deutlich schärfer.

Bild 8: Makroaufnahme von einem Querschnitt durch eine Blattfieder des Karoo-Palmfarns


Schon im Makro ist die mehrreihige Hypodermis aus Sklerenchymzellen an der Blattoberseite zu erkennen, was auch für Leitbündel und Sekretgänge gilt. Aber schauen wir genauer hin.

Bild 9a-c: Der Rand einer Blattfieder, Bild 9a vom frischen, ungefärbten Schnitt und Bild 9c mit Beschriftung; Vergrößerung 50x, Stapel aus 10 bzw. 14 Bildern



Wir sehen eine ausgeprägte Cuticula auf einer Epidermis aus - zumindest verschiedenartig angefärbten - Zellen. Darunter die schon oben erwähnte mehrreihige sklerenchymatische Hypodermis, die auf dem Assimilationsparenchym (hier als Palisadenparenchym) aufliegt. Dieses Assimilationsparenchym finden wir auch an der Blattunterseite, dort aber mit vielen vorgelagerten Stomata, die es auf der Blattoberseite nicht gibt. Also ein fast equifaziales Blatt. :)
Im Schwammparenchym in der Mitte der Blattfieder, dessen Zellen auch Chloroplasten enthalten, sind die geschlossen kollateralen Leitbündel und die Sekretgänge eingelagert.
Interessant: Cuticula und Vorhöfe der Stomata deuten auf eine gute Trockenanpassung hin, allein die hohe Anzahl der Stomata will dazu nicht so recht passen. Sicher ein Überbleibsel aus den Tiefen der Geschichte, als die Vorfahren der heutigen Palmfarne ihre Hochzeit in feuchteren Regionen hatten.  
Informationen zu den Abkürzungen im Bildn 9c sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.  

Bild 10a-c: Etwas näher heran, dazu muss der Schnitt jedoch hochkant gestellt werden, Bild 10a vom frischen, ungefärbten Schnitt, Bild 10c mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus 20 bzw. 18 Bildern



Wir sehen die gleichen Strukturen wie schon in den Bildern 9. Die Blattunterseite befindet sich auf der linken, die Oberseite auf der rechten Seite des Bildes. In der Mitte, flankiert von zwei Sekretgängen, eines der geschlossen kollateralen Leitbündel. Auffällig sind auch die vielen Calciumoxalat-Drusen und die einzelnen Sklerenchymzellen in der unteren (linken) Blatthälfte.

Schauen wir noch etwas genauer bin!

Bild 11a,b: Eines der Leitbündel, Bild 11b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 23 Bildern


Auch diese Aufnahme liegt quer, die Blattunterseite ist wieder links, was auch an der Orientierung des Leitbündels zu erkennen ist: das Phloem weist immer zur Blattunterseite.
Das Leitbündel zeigt keine ausgeprägten Sklerenchymkappen, sondern ist nur von einigen lose aneinander gereihten sklerenchymatischen Zellen umgeben. Auffällig: am äußeren Rand des Phloems gibt es ein Gruppe kollabierter Zellen (aPl), die ich als altes, disfunktionales Phloem deute. Im Xylem gibt es im Vergleich zur Gesamtfläche nur wenige Tracheen und einige Zellen sklerenchymatischen Xylemparenchyms.

Bild 12a-c: Ein Sekretgang, Bild 12b mit Beschriftung, Bild 12c ein anderes Beispiel mit Resten des Sekrets; Vergrößerung 200x, Stapel aus 24 bzw. 25 Bildern



Die Sekretgänge haben einen Durchmesser von bis zu 300µm. Sie bestehen aus einem Abschlussgewebe mit relativ großen, dickwandigen Zellen, an deren Innenseite ein Drüsenepithel aus kleinen, dünnwandigen Zellen aufliegt. Diese Zellen produzieren das Sekret und geben es in das Lumen des Sekretgangs ab. Leider ist das Sekret des Karoo-Palmfarns recht zäh und löst sich während der Präparation nicht aus dem Schnitt. Eine Bleiche mit Klorix oder Eau de Javelle wäre angebracht gewesen, denn die Reste des auch in Bild 9a als beige Masse in den Sekretgängen lagernden Gemischs sekundärer Pflanzenstoffe finden sich als Artefakte mehr oder weniger überall in den Schnitten.
Auch hier sehen wir wieder die vielen Drusen in den Parenchymzellen rund um den Sekretgang.

Bild 13a,b: Die Blattoberseite mit Hypodermis und Assimilationsparenchym, Bild 13b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 18 Bildern


Die Gewebe der Blattoberseite noch einmal im Detail. Bei den rot angefärbten Zellen im Assimilationsparenchym handelt es sich um Färbe-Artefakte: im Zelllumen konnte sich trotz erfolgter Differenzierung noch Acridinrot halten. In den anderen Zellen des Assimilationsparenchyms sind die Zellkerne und Reste der Chloroplasten zu erkennen.

Bild 14a-d: Stomata in Gruppen und bei höherer Vergrößerung, Bild 14b und 14d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x bzw. 400x, Stapel aus 11 bzw. 12 Bildern




Wie wir schon in den Bildern 9 gesehen haben, liegen die Stomata, unterbrochen nur von Nestern von Sklerenchymzellen, dicht an dicht an der Unterseite der Blattfieder. Insgesamt eine recht hohe Anzahl an Spaltöffnungen für eine Pflanze an ausgesprochen trockenen Standorten. Die einzelnen Stoma selbst haben einen von der Cuticula gebildeten, vasenförmigen Vorhof und liegen vor teilweise recht groß angelegten substomatären Interzellularräumen. Die Bilder 14c und d zeigen je ein geöffnetes und geschlossenes Stoma nebeneinander.

So, dass war es fürs erste zur Vorstellung des Karoo-Palmfarns. In den kommenden Tagen werde ich die hier gezeigten Schnitte noch einmal mit Schnitten des Japanischen Sago-Palmfarns und einiger anderer Pflanzen vergleichen.  

Vielen Dank fürs Ansehen, Ergänzungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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koestlfr

Hallo Jörg!

Wunderschön gefärbte Schnitte, interessante Details!

Liebe Grüße
Franz

PS: wie breit (quer) ist denn der Schnitt durch die Blattfeder?
Liebe Grüße
Franz

hajowemo

Lieber Jörg,
wieder eine Meisterleistung von dir.
Herzlichen Dank für die Arbeit.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Jürgen H.

Lieber Jörg,

tolle Schnitte und eine liebevoll gestaltete Darstellung! Planst Du auch noch einen tangentialen Schnitt durch die Blattoberfläche? Die Lage und Form der Zellen in der überaus dicken Schicht des Sklerenchyms würde mich interessieren...

Schöne Grüße

Jürgen

Jan Kros

lieber Joerg
herzlichen Dank fuer das zeigen dieser wunderschoene Pflanze
der Schitt ist sehr gut
ich habe alles ausgedruckt fuer meine Dokumentation
Gruss
Jan

Fahrenheit

#5
Liebe Freunde,

auch hier wieder vielen Dank für Euer Lob, das mich sehr freut!

Lieber Franz,

die geschnittene Blattfieder hat einen Durchmesser von gut 9 mm.

Lieber Jürgen.

hm, ich gestehe, vor Längsschnitten schrecke ich immer noch ein wenig zurück.
Wenn sich aber jemand versuchen möchte: ich habe noch etwas von der mittlerweile fixierten Probe in Ethanol vorliegen ...

Liebe Pflanzenfreunde,

nun zum versprochenen Vergleich zwischen dem Karoo-Palmfarn (Encephalartos lehmannii), dem Japanischen Sagopalmfarn (Cycas revoluta) und für die Ordnung Coniferales die Sibirische Tanne (Abies sibirica) sowie die Schlangenhautkiefer (Pinus heldreichii).

Fangen wir mit dem Japanischen Sagopalmfarn an, an den der Karoo-Palmfarn entfernt erinnert. Immerhin stammen beide aus der gleichen Familie der Cycadaceae:

Bild 15: Karoo-Palmfarn (links) und Japanischer Sagopalmfarn (rechts)


Die Wuchsform mit einem Stamm, an dessen oberen Ende eine Wedelkrone sitzt, passt und wenn man sich im Thread zu C. revoluta das Bild zum männlichen Zapfen anschaut, gibt es auch da Ähnlichkeiten. Beim weiblichen Zapfen hört es dann aber schon auf und auch die Fiederblättchen unterscheiden sich stark, wie die folgenden Bilder zeigen.

Bild 16a,b: Makro von präparierten Fiederblättchen, 16a E. lehmannii und 16b C. revoluta



Da ist zunächst die Größe: während das Fiederblättchen von E. lehmannii in 16a rund 9 mm breit ist, kommt das von C. revoluta in 16b nur auf knapp 5 mm. Ersteres ist von mehreren parallel laufenden Leitbündeln durchzogen, das Zweite zeigt eine ausgeprägte Mittelrippe mit einem dort liegenden einzelnen Leitbündel. Und zu guter Letzt haben wir einen leicht aufgebogenen Querschnitt im Vergleich zu den eingerollten Enden bei C. revoluta. Und schließlich gibt es die auffälligen Sekretgänge nur beim Karoo-Palmfarn.

Schauen wir uns den Querschnitt etwas genauer an:

Bild 17a-c: Querschnitt durch die Blattfieder von E. lehmannii (17a, 200x) und C. revoluta (17b&c, 100 bzw. 200x)





Hier werden die oben beschriebenen Unterschiede noch einmal deutlicher. Klar fällt auch auf, dass die Blattfieder von C. revoluta einen bifazialen Bau hat, während die von E. lehmannii - bis auf die Lage der Stomata - equifazial gebaut ist.

Leitbündel und Assimilationsparenchym schauen wir uns noch einmal getrennt an:

Bild 18a,b: Leitbündel von E. leahmannii (18a, 200x) und C. revoluta (18b, 400x)

 

Abgesehen vom allgemeinen Größenunterschied sehen wir zwei sehr ähnlich gebaute geschlossen kollaterale Leitbündel mit einer vergleichsweise geringen Anzahl verholzter Elemente. auch sieht man bei beiden Bündeln disfunktionales Phloem als Streifen zusammengequetschter, abgestorbener Zellen am äußeren Rand des Phloems.

Bild 19a,b: Assimilationsparenchym von E. lehmannii (19a, 200x) und C. revoluta (19b, 400x)



Während bei C. revoöuta die sklerifizierten Zellwände des Assimilationsparenchyms das herausragende Element sind und nur eine einreihige sklerifizierte Hypodermis vor liegt, finden wir bei E. lehmannii unter der mehrreihigen sklerifizierten Hypodermis ein Assimilationsparenchym ohne Verholzung. Beiden Pflanzen gemein ist die ausgeprägte Cuticula als Verdunstungsschutz.

Nun noch ein Blick auf die Stomata:

Bild 20a,b: Stomata von E. leahmannii (20a, 400x) und C. revoluta (20b, 400x)



C. revoluta zeigt auf der Schnittfläche deutlich weniger Stomata, die einen weiteren Vorhof besitzen, der grundsätzliche Aufbau ist aber sehr ähnlich.


Der Karoo-Palmfarn steht ja in der Ordnung Cycadales, mir ist aber bei den Sekretgängen und dem Bau der Stomata eine große Ähnlichkeit zu den jeweiligen Geweben der Pflanzen in der Ordnung Coniferales aufgefallen, die ich am Beispiel der Sibirische Tanne (Abies sibirica) und der Schlangenhautkiefer (Pinus heldreichii) zeigen möchte:

Bild 21a-c: Sekretgänge von E. lehmannii (21a, 200x), A. sibirica (21b, 400x) und P. heldreichii (21c, 400x)




In allen drei Beispielen finden wir den gleichen Bauplan: Sekretgänge, deren Lumen von einem auf einer Schicht Randzellen sitzenden Drüsenepithel umschlossen ist.

Bild 22a-c: Stomata von E. lehmannii (22a, 400x), A. sibirica (22b, 400x) und P. heldreichii (22c, 400x)




Auch hier wieder der sehr ähnliche Bau übergreifend über alle drei gezeigten Arten.


Fazit eines interessierten Laien :) :

Für mich ist der über die Ordnungen hinweg sehr ähnliche Bau der Stomata und Sekretgänge - gerade auch vor dem Hintergrund der Unterschiede zwischen zwei Pflanzen aus der gleichen Familie ein Zeichen dafür, dass die entsprechenden Konzepte evolutionär schon sehr alt sein müssen und wegen ihrer hohen Funktionalität keinem größeren Evolutionsdruck ausgesetzt waren - also sehr erfolgreich waren und sind.

Spannend finde ich die hohe Anzahl der Stomata bei E. lehmannii, auch im Vergleich zu C. revoluta, die an ähnlich exponierten Standorten zu finden ist. Dies bringt mich zu der Vermutung, dass sich E. lehmannii des CAM Stoffwechsels bedienen könnte, um die Verdunstung tagsüber gering zu halten. Dies gilt in der Familie der Zamiaceae z.B. auch für den Mexikanischen Doppelpalmfarn (Dioon edule).

Beim CAM (Crassulacean Acid Metabolism) bleiben die Spaltöffnungen tagsüber geschlossen. Sie öffnen sich Nachts und die Kohlenstofffixierung aus dem Kohlendioxid der Luft erfolgt unter Energieaufwand in Äpfelsäure, die in den Zellvakuolen aller an der Photosynthese beteiligter Zellen gespeichert wird. Am darauf folgenden Tag wird das Kohlendioxid aus der Äpfelsäure wieder freigesetzt und dem Aufbau von Kohlenhydraten im Calvin-Zyklus zugeführt. Hier findet also eine zeitliche Trennung von CO²-Fixierung und Kohlehydratsynthese statt, im Gegensatz zum C4 Stoffwechsel, der eine räumliche Trennung beinhaltet und eine höhere Effektivität ermöglicht (somit müssen C4-Pflanzen ihre Stomata bei Tag nicht all zu weit öffnen ...).

Durch die nächtliche Kohlenstofffixierung in Äpfelsäure, die sich in den Zellvakuolen der Mesophyllzellen sammelt und tagsüber dem Calvin Zyklus zugeführt wird, sollte die Pflanze am Morgen einen deutlich sauren Geschmack aufweisen, der am Abend nicht mehr vorhanden ist.
So wurde der CAM Stoffwechsel zumindest entdeckt, nämlich 1813 durch Benjamin Heyne am Beispiel der Goethe-Pflanze (Kalanchoe pinnata ist eine Pflanzenart der Gattung Kalanchoe in der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae)).
Ob das hier auch der Fall ist? Das können wohl nur die Kap-Ziegen sagen ...

Ich würde mich sehr freuen, zu meinen hier aufgestellten Vermutungen insbesondere auch kritische Diskussionsbeiträge zu erhalten.

Vielen Dank fürs Lesen und allen herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

den Vergleich hätte ich fast übersehen.
Die Bilder 20a,b (Stomata) und die Beschreibung sind spitze.
Nur Mut zu den Längsschnitten.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein Lob und die Ermunterung!
Mal sehen, was sich auf dem Handzylindermikrotom machen lässt.

Herzliche Grüße
Jörg
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Anatol

Herzliche Grüße

Anatoly

Fahrenheit

Уважаемый Анатолий,

Спасибо за похвалу! Я рад, что вам нравятся мои статьи.

с уважением
Йорг

Lieber Anatoly,

ich hoffe, der Google-Übersetzer hat mir keinen Streich gespielt. :)

Herzliche Grüße
Jörg
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Holger Adelmann

Lieber Jörg,

Deine Schnitte, Färbungen, und Fotos werden technisch immer besser!
Kompliment!

Herzliche Grüsse,
Holger


Fahrenheit

Lieber Holger,

vielen Dank für Dein Lob! Es freut mich, dass Dir mein Beitrag gefällt!


Liebe Pflanzenfreunde,

Jürgen hatte ja um Längsschnitte gebeten und Hans-Jürgen mich ermuntert, es einmal zu versuchen. Ok, bei der Blattfieder des Karoo-Palmfarns ist das vom Format er gar nicht so schwer, denn eingespannt macht es bei entsprechend zugeschnittener Probe keinen Unterschied, ob der Schnitt längs oder quer zur Hauptachse erfolgt. Hier also die Ergebnisse!

Vorab noch einmal zum Vergleich der beschriftete Querschnitt:

Bild 10c: Querschnitt durch die Blattfieder des Karoo-Palmfarns, Vergrößerung 100x, Stapel aus 18 Bildern


Und nun die Längsschnitte!

Bild 23a-c: Längsschnitt durch die Blattfieder des Karoo-Palmfarns, Bild 23a vom fixierten, ungefärbten Material, Bild 23c mit Beschriftung;  Vergrößerung 100x, Stapel aus 16 bzw. 17 Bildern



Ein etwas ungewohnter Blick, der uns im Zentrum der Blattfieder ein Leitbündel zeigt. Am rechten Bildrand liegt die Oberseite des Blattes, so dass wir am linken Rand des Leitbündels das Phloem finden. Im Xylem sind die Tracheen gut an ihrem verholzten Stützskelett zu erkennen. Die Zellen der Sklerenchyme sind etwa 6 bis 8 * so lang wie Ihr Durchmesser. Assimilations- und Schwammparenchym sind gut zu erkennen. Leider zeigt sich hier aber ein Problem der mit 50 µm recht hohen Schnittdicke: im Längsschnitt liegen recht viele Zellen, die in keinster Weise angeschnitten sind. Darin hält sich das Acridinrot trotz Differenzierung recht lange, so dass es zu Präparationsartefakten kommt.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 23c sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.

Bild 24a,b: Hier nun ein Längsschnitt auf Höhe eines Sekretgangs, Bild 24b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 14 Bildern


Die Oberseite befindet sich wieder am rechten Bildrand. Der Sekretgang zieht sich über die ganze Länge des Schnittes und es ist davon aus zu gehen, dass er - wie die Leitbündel - die Blattfieder in ganzer Länge durchzieht.
Spannend: in den fixierten Längsschnitten finden sich keine Präparationsartefakte vom Sekret. Bei der Stückfixierung ist es an der Schnittfläche ausgehärtet, die dabei auftretende Volumenverringerung hat wohl dazu geführt, dass es komplett aus dem jeweiligen Gang gezogen wurde.

Bild 25a,b: Epidermis, Hypodermis und Assimilationsparenchym im Detail, Bild 25b mit Beschriftung; vergrößerung 200x, Stapel aus 25 Bildern


Auffällig sind die unterschiedlich gefärbten Zellen der Epidermis, was auf unetrschiedliche Zelltypen hinweist. Die hier gezeigten Schnitte sind für rund 15 Minuten mit Klorix "Blau" (1:4 mit Aqua dest.) gebleicht. Es sind also - insbesondere beim Assimilationsparenchym - keine Zellinhalte mehr zu sehen.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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koestlfr

Hallo Jörg!

WAHNSINN! Sensationell! Danke für die Gegenüberstellung!

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Rawfoto

Hollo Jörg

Ich lese ja schon ein paar Mal in Deinem Beitrag, daher wird es Zeit auch einmal Danke zu sagen ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

HDD

Lieber Jörg

Jetzt kann auch der Installateur erkennen, wie die Rohrleitungen verlegt und befestigt sind.  ;D ;D
Aber im Ernst : Das ist eine hervorragende Dokumentation mit ganz tollen Bilden, die zudem noch sehr gut gestackt sind.

Danke für diesen Beitrag und viele Grüße

Horst-Dieter