Zahnentwicklung Heidenhain-Präparate

Begonnen von Klaus Herrmann, Juni 14, 2009, 14:37:49 NACHMITTAGS

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Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

die Histologie ist ja etwas unterrepräsentiert - ich selbst bin auch kein Kenner. Aber am Freitag hat Klaus Kammerer bei den Stuttgarter Mikroskopikern einen sehr informativen Abend gestaltet, der mich angeregt hat in meinen Heidenhain-Kästen schöne Präparate zum Thema zu suchen. Ich habe gefunden: lehrbuchmäßig und in der wunderbaren Azanfärbung.

Zuerst mal die Übersicht: 2 Stadien der Zahnentwicklung. Beide noch am Embryo. Das linke Bild entspricht den ersten beiden Präparaten von der Katze. Ein sehr frühes Stadium.
Das rechte entspricht den weiteren Bildern; hier vom menschlichen Embryo. Ist im Prinzip bei allen Säugetieren ähnlich. Unterschiede sind dann erst in der Ausprägung der Gebisse zu finden (Pflanzen- oder Fleischfresser..)



Hier also frühes Stadium bei der Katze





Und nun noch späteres Stadium beim Menschen:





Der Schmelz ist intensiv rot, das Dentin blau. Beim Dentin sieht man die Dentinkanälchen und die Tomeschen Fasern, die in die Dentinkanälchen hereinragen. Ebenso die Nerven, die bis zur Grenze Dentin-Schmelz gehen. Deshalb funktioniert der Vitalitätstest beim Zahnarzt so gut: ein eiskalter Wattebausch auf den Schmelz aufgesetzt lässt an Ermordung des Zahnarztes denken, wenn der Zahn noch lebt!

Das Dentin wird aus dem Prädentin nach innen hin aufgebaut, der Schmelz aus den Adamantoblasten von außen her aufgebaut. Wenn der Zahn fertig ist, dann wächst er nicht mehr. Der Schmelz kann nicht mehr nachgebildet werden, weil nach dem Durchbruch des neuen Zahns die bildende Adamantoblastenschicht verloren geht.

Das Dentin bleibt beim toten Zahn voll erhalten, auch wenn die versorgende Pulpa entfernt wurde (bei der angenehmen Wurzelbehandlung)

Wenn mans so schön aufbereitet und erklärt bekommt, dann macht es richtig Spaß!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Ronald Schulte

Klaus,

Wunderbare aufnahmen.
Freue mich auch immer sehr wenn jemand was Histologie präsentiert.
Haben Sie die Präparate selbst geschnitten und gefärbt? Beschreiben sie mir bitte das gebrauchte farbprotocol und die Fahrzeiten.
Meine schnitten sind von einer babymaus. Die erste ist eine H&E Färbung.

1.  Saueres haematoxylin nach Ehrlich, 5min
2.  Blauen in kalkreiches Leitungswasser, 15min (einige malen erneuern)
3.  Spulen mit AD
4.  Eosin angesauert mit ein Tropf 2% eisessig, 9min
5.  Spulen mit AD
6.  Kurz in 70% Ethanol, 2min
7.  Ethanol 95%, 4min
8.  Isopropanol 100%, 4min
9.  Euparal (die xylolstufe kann Mann mit Euparal verzichten).





Das nächste Bild ist gefärbt mit Die Kernechtrubin-Farbung von Chroma.

1.  Kernechtrubin eisessig, 5min
2.  Spulen mit AD
3.  Differenzieren mit fosformolybdän-saure 2%, 10min
4.  Spulen mit AD
5.  Anilineblau-orangeG-eisessig (AZAN Gemisch), 8min
6.  Spulen mit AD
7.  Differenzieren in Ethanol 95%, 1min
8.  Isopropanol 100%, 4min
9.  Euparal.




Grusse aus die Niederlanden, Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Klaus Herrmann

Hallo Ronald,

ja die Schnitte sind schön und die Azanfärbung ebenfalls, aber leider nicht von mir. Es sind Schnitte aus den berühmten Kursen von Professor Heidenhain in Tübingen. Sein Präparator Paul Graf hat sicher eine Millon Schnitte angefertigt, die die Medizinstudenten dann als Sammlung im Kasten mitnehmen durften. Heidenhain hat 1915 die Azanfärbung eingeführt.

Der Kasten, den ich habe ist wohl aus den 1930er Jahren. Die Schnitte sind alle auf Glimmer aufgezogen. Sie wurden auf große Bögen Glimmer aufgeklebt und dann im ganzen Bogen gefärbt. Dann hat man die Bögen zerschnitten und jeder Student hat ein fertig gefärbtes Präparat zum Eindecken erhalten.

Dein schöner Schnitt demonstriert die Leuchtkraft der Farben. Leider ist die Färbung etwas aufwändig, aber wie man bei Dir sieht, lohnt sich der Aufwand!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

#3
Hallo Ronald,

bei genauer Betrachtung Deines Bildes habe ich erst jetzt gesehen, dass bei Dir der Unterschied von Prädentin und fertigem Dentin wunderbar klar farblich abgesetzt ist! Dein Schnitt ist eine hervorragende Ergänzung zu dem von mir gezeigten!

Ich habe das einfach mal mit Zahlen markiert, so wie ich es interpretiere als "erfahrener" Histologe  ;) :D
Sollte ich mich irren bitte ich um Korrektur!





1 = Adamantoblasten
2 = Tomes-Fortsätze =Sekretionsgranula (bilden den Schmelz)
3 = Schmelz
4 = Dentin (aus Prädentin durch Mineralisation gebildet)
5 = Prädentin (besteht aus Grundsubstanz plus kollagene Fasern; deshalb blau )
6 = Odontoblasten (bilden das Prädentin)
danach kommt die Pulpa
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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wilfried48

Hallo Klaus und Ronald,

sehr schöne Bilder !

Wie schneidet man denn so etwas, der Schmelz und die Calcium-Hydroxylapatit Kriställchen im Dentin sind doch sehr hart. Oder werden die vorher
herausgelöst (der Zahn sozusagen entkalkt).?
Ich kenne bisher nur Dünnschliffe, die aber bei weitem nicht soi brilliant sind, wei eure Bilder.
Ist Hydroxylapatit eigentlich doppelbrechend, sodass man die Kriställchen im Polarisationskontrast sehen könnte?

viele Grüsse

Wilfried

vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

A. Büschlen

#5
@ Wilfried: beachte, dass die Schnitte aus embryonalem Material gemacht wurden.

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.

Klaus Herrmann

Hallo Wilfried,

ist ja schon eine Weile her, dass meine Schnitte gemacht wurden - deshalb erinnere ich mich nur noch schwach  :D :D

Aber im Ernst: das sind Embryonen, wo die Kochen und auch die Zähne noch schneidbar sind. Auch die Mineralisation des an sich sehr harten Schmelzes ist wahrscheinlich in diesem frühen Entwicklungsstadium noch nicht so weit abgeschlossen, dass man ihn nicht schneiden könnte. Meine vorsichtige Vermutung.
Ronald hat den Mäuseembryo geschnitten, somit kann er aus eigener Erfahrung berichten.

Ich selbst habe Dünnschliffe von meinem Backenzahn angefertigt, der mich vor Jahren unter großen Trennungsschmerzen verlassen hat ;D

Sowohl das Dentin, als auch der Schmelz sind doppelbrechend. Vielleicht mach ich noch ein Bild davon.

Schmerzfreie Grüße

Klaus
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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wilfried48

#7
Hallo,

ja ich dachte schon auch daran, dass es sich um weiches embryonales Material handelt,

aber die eine Bildunterschrift von Klaus

ZitatUnd nun noch späteres Stadium beim Menschen:

hat mich daran zweifeln lassen.

Gruss

Wilfried
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Klaus Herrmann

Hallo Wilfried,

unmissverständlich wäre die Formulierung: späteres embryonales Stadium. Bei der Maus sind das keine 9 Monate  ;)

Aber das Bild zeigt die Schmelzpulpa und die ist nach Abschluss der Zahnentwicklung nicht mehr vorhanden.

Auf der Zeichnung sind auch die beiden zeitlich unterschiedlichen Stadien zu sehen und die finden ihre Entsprechung in den Schnitten.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Ronald Schulte

Zitat von: wilfried48 in Juni 17, 2009, 09:29:51 VORMITTAG
Wie schneidet man denn so etwas, der Schmelz und die Calcium-Hydroxylapatit Kriställchen im Dentin sind doch sehr hart. Oder werden die vorher
herausgelöst (der Zahn sozusagen entkalkt).?
viele Grüsse

Wilfried


Wilfried,

Das Schneiden von der Maus habe ich aufgezeichnet und ist im youtube zu sehen (fast am ende des Videos). http://www.youtube.com/watch?v=aH54v3a4qNE&NR=1
Wie Arnold schon erwähnte, es ist embryonales Material also ist es noch so weich das es zu schneiden ist.

Auch das Strecken von coupes ist zu sehen http://www.youtube.com/watch?v=cbQnZr0wx0I

Ronald
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Ronald Schulte

Zitat von: Klaus Herrmann in Juni 17, 2009, 07:51:48 VORMITTAG




1 = Schmelzpulpa
2 = Adamantoblasten (bilden den Schmelz)
3 = Schmelz
4 = Dentin (aus Prädentin durch Mineralisation gebildet)
5 = Prädentin (besteht aus Grundsubstanz plus kollagene Fasern; deshalb blau )
6 = Odontoblasten (bilden das Prädentin)
danach kommt die Pulpa

Klaus,

Im 'Sobotta, Lehrbuch Histologie' pagina 345, 46 und 47 'Verdauungsorgane' ist zu lesen das im
apicalen Bereich der Ameloblasten zahlreiche Lysosomen und Sekretionsgranula befindet die den Tomes-Fortsatz
genannt wird (nicht zu verwirren mit die Tomes-Faser die Odontoblasten).
Die Nummer 1 sind also die Adamantoblasten (Ameloblasten) und Nummer 2 ist das Granulat.
Da ich nicht ganz sicher wahr habe ich die Theorie und meine Bilder Prüfen lassen
an die Uni von Groningen und da haben sie bestätigt das es den Tomes-Fortsatz ist.
Dieses Granulat Bildet dann der Schmelz.

Der Unterschied von Prädentin und fertigem Dentin hat mich auch gewundert. Mehr Glück wie Weisheit.

Ronald

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Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Siggi O.

Hallo Ronald,

ich bin auch im Besitz dieses Buches.

Bei Deiner Ausgabe lese ich oben rechts "+Plus" auf der dem Einband,
mehr kann ich allerdings nicht erkennen.

Was ist an dieser Ausgabe anders?

Viele Grüße
Siggi
Gerne per Du!
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Ronald Schulte

Siggi,

Das Bild ist nicht Mein Buch (konnte sie so schnell nicht im Internet finden).
Mein Buch hat auch kein "Plus". Ich habe die 2. Auflage  ISBN-13: 978-3-437-44430-2

Ronald
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LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Klaus Herrmann

Lieber Ronald,

danke für die Korrektur. Ich habe den Sobotta auch - man muss natürlich auch reinschauen! ;)

Ich habe es gleich korrigiert. Jetzt sollte es stimmen!

Ich beisse die Zähne fest zusammen, dann tut es nicht so weh! :D

Gruß

Klaus

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

Hallo Wilfried,

Du hattest gefragt, ob der Hydroxylapatit doppelbrechend ist. So sieht es aus und auch das Dentin zeigt durch die Mineralisation eine schöne Doppelbrechung. Man kann die Dentinkanälchen gut sehen und auch, dass sie bis zur Grenze zum Schmelz reichen. Der Schmelz hat einen Riss, der sich in Schmerzen geäußert hat! >:(



Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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