Paramecium putrinum? --> ja (Syn. P. trichium)

Begonnen von Monsti, Mai 08, 2015, 23:27:45 NACHMITTAGS

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Monsti

Liebe Tümpler(innen),

diesen Ciliaten fand ich im Randgraben eines Hochmoors:





Ich fand etliche dieser Tiere, und zwar in einem recht nährstoffarmen und keinesfalls verschmutzten Milieu. Die Länge beträgt meist 70-75 µm. Sowohl im Wassertropfen als auch bei Foissner kommt eigentlich nur Paramecium putrinum in Frage. Oder bin ich da auf dem Holzweg?

Hilfe erbeten!!!

Schon mal danke sagend grüßt
Angie

Monsti


limno

Hallo Angie,
wäre Paramecium trichium, KAHL S.292 evtl. passend?.
Herzliche Grüße
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Klaus

Hallo Angie,

hast Du zufällig den Patterson &Hadley, "Free Living Freshwater Protozoa"?.  P. putrinum und P. trichium sind dort beschrieben. Ich kann Dir die Seite  (p. 154 ) scannen, wenn Du willst. Wegen der Größe könnte es sich um P. trichium handeln.

Gruß

Klaus

Monsti

Hallo Heinrich und Klaus,

habt Dank für Eure Antworten!

Den Kahl habe ich zwar, aber der ist ja schon ziemlich alt. Patterson & Hadley habe ich nicht. Im Internet fand ich mehrfach den Hinweis, dass Paramecium putrium und P. trichium Synonyme seien. Das verunsichert mich total. Lieber Klaus, könntest Du mir die Seite scannen? Das würde mich riesig freuen.

Herzliche Grüße
Angie

Bernhard Lebeda

Zitat von: Monsti in Mai 11, 2015, 20:21:36 NACHMITTAGS
Im Internet fand ich mehrfach den Hinweis, dass Paramecium putrium und P. trichium Synonyme seien. Das verunsichert mich total. Lieber Klaus, könntest Du mir die Seite scannen? Das würde mich riesig freuen.

Herzliche Grüße
Angie

Hallo Angie

das hat Klaus wohl überlesen, denn genau das steht da:

" Paramecium putrinum. The smallest species in the genus. This species is also called P. trichium..."


Ich würd es dabei belassen.  ;)


viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Klaus

Stimmt Bernhard. Ich habe Angie inzwischen einen scan geschickt.

Gruß

Klaus

Monsti

#7
Na, das nenne ich doch mal gelungene Gemeinschaftsarbeit! Vielen Dank Euch 3!

Herzliche Grüße
Angie

JB

Hallo an alle,

Ciliaten sind nicht mein Gebiet, aber ich frage mich, wie man zu einer guten Bestimmung kommen kann.

Streble/Krauter ist ein Natuerfuehrer ohne Bestimmungsschlussel;
Foissner und Patterson & Hadley sind zwar ausfuehrlicher, aber sie geben jeweils nur einen Bruchteil der moeglichen Arten an.

Wenn man eine sichere Bestimmung bis zur Art vornehmen will muesste man idealerweise ein Bestimmungswerk haben, das alle Arten umfasst (oder zumindest explizit bestimmte Artengruppen als nicht aufgeschluesselt nennt). Da kommen doch eigentlich nur Kahl (bis zur Art) oder Curds (bis zur Gattung) in Frage.

Ansonsten waere die Bestimmung immer unsicher, es sei denn, die Art verfuegt ueber ein Sondermerkmal oder eine oekologische Besonderheit, die alle anderen Arten ausschliesst.

Auf den Photos sind die von Patterson & Hadley aufgefuehrten Sondermerkmale von Paramecium putrium (an der kontraktilen Vakuole) gar nicht sichtbar.

Was nun?

Jon

Monsti

Hallo Jon,

ein "Sondermerkmal" dürfte die Größe sein --> Paramecium putrinum. The smallest species in the genus.

Und ja, Bestimmungen sind oft nicht 100%ig sicher, zumal es genug Spezies gibt, die noch nie beschrieben wurden.

Herzliche Grüße
Angie

Klaus

Hallo Jon,

in den wenigsten Fällen bin ich mir bei der Bestimmung bis zur Art sicher. Trotzdem versuche ich es so gut wie möglich mit dem Wissen, dass es auch falsch sein kann. Wenn ich glaube, eine Art bestimmt zu haben, ändert sich häufig bei weiterem Betrachten auch der Blick und neue Einzelheiten, auf die ich sonst nicht geachtet hätte, werden erkannt - oder auch nicht. Das führt dann vielleicht zur Korrektur. Insbesondere beim Fotografieren hilft es zu wissen, wonach gesucht werden muss. Ich habe schon häufig "Erstfunde" fotografiert und versucht zu bestimmen und dabei einfach typische Merkmale nicht gesehen und auch nicht eindeutig fotografiert. Wenn dann ein Forumskollege (in) sagt aber das ist doch "...." fällt es einem manchmal wie Schuppen von den Augen. Oft gibt es aber bei Ciliaten Fälle, bei denen man nicht recht weiter kommt.

Aber vielleicht geht es nur mir so.

Gruß

Klaus

Monsti

Hallo Klaus,

ZitatAber vielleicht geht es nur mir so.

Mir geht es genauso. Nicht ohne Grund heißt es: "Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens." Hat man bestimmte Organismen oft genug gesehen, springen einem die entscheidenden Merkmale direkt ins Auge. Beim obigen Ciliaten war ich mir zumindest bezüglich der Gattung sicher. Hat man sich schließlich für eine Art entschieden, ist sich aber nicht absolut sicher, besteht immer noch die Möglichkeit, sie mit einem "cf." zu versehen, womit angezeigt wird, dass zur sicheren Bestimmung weitere Beobachtungen erforderlich sind.

Herzliche Grüße
Angie

ruhop

Hallo, Jon & Klaus.

Ihr reißt jetzt hier ein heikles Thema an: die persönliche, subjektive Wahrnehmung. Anscheinend sieht jeder, der eine Art zu bestimmen versucht, das entsprechende Individuum anders. So sieht z. B. im STREBLE/KRAUTER die Peridinee Peridinium willei HUITFELD-KAAS anders aus als bei POPOVSKÝ & PFIESTER. Es gäbe da noch mehr zu nennen. Manche Autoren von Bestimmungswerken versuchen dies zu berücksichtigen, indem sie für jeweils eine Art die Abbildungen verschiedener Autoren nebeneinander stellen.

Ein weiterer Faktor ist "die Macht der Gewohnheit". Nach dem Motto "Kenne ich" wird eine Bestimmung schnell abgehandelt. Nur ist leider die Erfahrung trügerisch. Beispiel sei Synura uvella EHRBG. Diese Art kann ohne Betrachtung der Schuppen sehr leicht mit Synura petersenii KORSHIKOV verwechselt werden, es sei denn man achtet auch auf die Größe der "Kugeln" (S. uvella 100 - 400 µ im Durchmesser, S. petersenii 45 - 57 µ) und ggf. auf Biotopbedingungen. Laut POPOVSKÝ & PFIESTER ist S. petersenii häufiger als S. uvella. Dennoch zeigen Naturführer wie STREBLE/KRAUTER oder auch NYGAARD nur S. uvella.

Mein Fazit beim Bestimmen:

1. Artbestimmung ist meist eine "Wahrscheinlichkeitsrechnung"
2. Die Erkenntnis von heute kann der Irrtum von morgen sein.

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

Holger

JB

Hallo an alle,

Ich wuerde nicht einmal sagen, dass die persoenliche Wahrnehmung das Problem ist. Schliesslich dienen die Abbildungen nur der Illustration der Beschreibung im Text. Der Autor des Schluessels sollte eine Definition der Markmale liefern (Paramecium putrinum: CV with long convoluted outlet canal (pore), single Mi of "compact c" type, swimming rotation to the left (anticlockwise), cell size less that 110 μm). Ein Tier, das diese Definition erfuellt ist dann auch, nach Meinung des Autors, P. putrinum.

Das Problem ist die Verwendung eines Schluessel/ein Naturfuehrer, der nur 1/2 der Arten enthaelt. Damit ist ggf. keine sichere Bestimmung moeglich. Egal wie gut man persoenlich mit dem Schluessel zurecht kommt. Ein oekologisches Gutachten z.B., das auf unvollstaendige Bestimmung aufbaut, ist wenig verlaesslich. Entomologen wuerden mit so etwas nicht durchkommen (manche Protisten sind natuerlich ein schwierigeres Gebiet (Merkmalsarmut)).

Es muss also ein Schluessel her, der alle in Frage kommenden Arten umfasst. Auch dann
1) am Einzeltier ohnehin schierig; Kultur waere optimal
2) Paramecium ist sehr gut erforscht; viele bekannte Arten sind morphologisch nicht zu unterschieden; man kann sich aber auf die bekannten Morphospezies beschraenken

Kurze Googlesuche nach "paramecium key to species"
http://protistology.ifmo.ru/num6_4/fokin_227-235.pdf
Fokin (2010) Paramecium genus: biodiversity, some morphological features and the key to the main morphospecies discrimination. Protistology 6: 227–235
Schluessel zu den "wichtigsten" Morphospezies - zumindest ein Anfang.
Interessant schon hier: P. polycaryum ist kleiner als P. putrinum; die beiden lassen sich anhand der Zahl der CV unterscheiden (2 vs. 1).

Beste Gruesse, Jon


limno

#14
Hallo Paramecienfans,

die Bestimmung mit unvollständigen "Bilderbüchern" birgt ein hohes Risiko der Fehlbestimmung, weshalb es mir wichtig war, den "KAHL" zu erwerben, um zumindest ein anerkanntes( wenn auch manchmal veraltetes) Referenzwerk für Wimperntiere zu haben, auf dass auch heute noch Bezug genommen wird.
@Angie:
Du hast doch  Phasenkontrast. Damit hätte man die Kerne (sind bei Ciliaten ja ein wichtiges Merkmal!) und andere Details besser identifizieren können. Fotos, auf denen mehrere Individuen der Art zu sehen sind, wären ebenfalls hilfreich gewesen
Herzliche Mikrogrüße
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.