Herstellung von Diatomeen-Präparaten

Begonnen von JaRo, Februar 24, 2021, 16:40:11 NACHMITTAGS

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JaRo

Hallo,
ich würde mich gerne auch einmal an der Herstellung von Diatomeen-Präparaten versuchen und nun stellt sich mir die Frage, was ich dafür alles benötige, bzw. woher ich die entsprechenden Sachen im Jahr 2021 bekomme.
Ich habe bisher die folgenden Dinge auf meiner Liste:

- Diatomeen-Material: Ich habe mir diese Probe bestellt: https://www.ebay.de/itm/Diatomite-Miocene-Malaga-Mudstone-diatom-microfossil-matrix-sample-California/254806562117?ssPageName=STRK%3AMEBIDX%3AIT&_trksid=p2060353.m2749.l2649
Das sollte nach entsprechender Aufarbeitung geeignetes Material sein, oder?

- Einschlussmittel: Pleurax? Gibt es da noch Bezugsquellen bzw. wäre jemand bereit mir eine kleine Menge zur Verfügung zu stellen? Hat schon einmal jemand die anderswo im Forum beschriebene Synthese ausprobiert?
Eignet sich auch Caedex, oder hat man da ob des niedrigeren Brechungsindexes keine Freude mit? Lohnt es sich ggf. auf das neue Wunder-Einschlussmittel zu warten oder ist das für Anfänger erst einmal nicht sinnvoll?

- runde Deckgläser: Muss man da auf etwas Spezielles achten, oder sind alle geeignet?

- Schellack? für die Lackringe: Welchen verwende ich da am besten? Es scheint ja viele verschiedene Varianten zu geben. Wie macht ihr es?

- Lackring-Drehscheibe: Hier habe ich im Netz nur eine bei Brunel gefunden, gibt es da bessere bzw. welche aus DE, oder soll ich einfach mal im Mikromarkt fragen?

Habe ich noch etwas vergessen, das man dringend benötigt?
Ich hoffe ich habe euch jetzt nicht mit meinen vielleicht etwas unbedarften Fragen erschlagen und würde mich sehr über Hilfe freuen.
Viele Grüße
Jan

Herbert Dietrich

Hallo Jan,

das Material ist sicher interessant, wieviel hast Du davon bekommen? Eventuell wäre ich an einem Tausch interessert.

Es müssen keine runden Deckgläser sein, natürlich wenn man einen Lackring ziehen will, dann schon. Sieht schön aus, aber ist nicht nötig.

Ich persönlich bette in Caedax ein, für den Hausgebrauch genügt das.

Kennst Du die Anleitung von Goeke:  http://www.mikrohamburg.de/Goeke/Diatomeen_gesamt.pdf
oder das hier:  http://www.mikroskopie-bonn.de/_downloads/Sammeln_u_Praep_von_Diatomeen.pdf

Ich wünsche Dir viele Erfolg, sicher berichtest Du hier weiter über Deine Versuche.

Herzliche Grüße

Herbert

RainerTeubner

Hallo Jan,

das von Dir angegebene Material läßt sich sicher aufarbeiten.
Warum aber so kompliziert?
Hast Du kein kleineres oder größeres Gewässer in der Nähe, aus dem Du ein paar Diatomeen fangen kannst? Einfach jetzt im Frühjar zur Diatomeenblüte, etwas von dem braunen Schlamm abkratzen, bleichen und in Pleurax oder Naphrax eindecken.
Eine Video-Anleitung findest Du hier: https://www.youtube.com/watch?v=NrhSqu8YCBo&ab_channel=diatomp und https://www.youtube.com/watch?v=CBEA1DF9BaA&ab_channel=diatomp und https://www.youtube.com/watch?v=gVI-P0AWDd4&ab_channel=diatomp. Es wird darin die Chlorix-Bleiche beschrieben, da die Natriumhypochlorit-Lösung stark alkalisch ist und die Diatommen-Schalen angreift, darf man nicht zu lange bleichen. Das Verfahren ist aber schnell, innert eines Nachmittags kannst Du Dein erstes Diatomeen-Präparat, eingebettet in Wasser, unter das Mikroskop legen.
Etwas Naphrax kann ich Dir schicken.
Die Mikrogruppe HH hat eine Anleitung auf ihrer Homepage veröffentlicht. (http://www.mikrohamburg.de/)

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

Carsten Wieczorrek

Hallo Jan,

hier kurz meine Erfahrungen:

Zitat- Diatomeen-Material: Malaga-Mudstone-diatom
Habe ich auch  mal gekauft. Sehr viel Bruch, wenig ganze Schalen. Viele feste Teile, ich denke, da kommst Du ums mehrfache Einfrieren/Auftauen nicht rum. Aber vielleicht bekommst Du ja eine bessere Probe.

Zitat- Einschlussmittel: Pleurax?
Ich habe mit Naphrax schlechte Erfahrung gesammelt (sehr viele Proben sind auskristallisiert) und arbeite seit dem nur noch mit RedMount.
Quelle hier : mark.roos at gmx.de

Zitat- runde Deckgläser: Muss man da auf etwas Spezielles achten, oder sind alle geeignet?
Ja, bzw. nein. Sie müssen dünn sein (< 0,17 mm). 99% der billigen China-Angebote taugen nix (sind aber so billig, dass das Wegschmeißen nicht weh tut).

Zitat- Schellack? für die Lackringe: Welchen verwende ich da am besten? Es scheint ja viele verschiedene Varianten zu geben. Wie macht ihr es?
Ist bei modernen Eindeckmitteln nicht nötig. Aber zugegegben sehr hübsch. Kann ich leider nicht.

Zitat- Lackring-Drehscheibe: Hier habe ich im Netz nur eine bei Brunel gefunden, gibt es da bessere bzw. welche aus DE, oder soll ich einfach mal im Mikromarkt fragen?
Siehe oben.

Grüße

Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Bob

Hallo Jan,
hier nochmal der Link zur Herstellung von Naphrax und Pleurax: http://www.mikrohamburg.de/Tips/T_Hochbrechende%20Einschlussmittel.html
Der gut ziehende Laborabzug ist unbedingt ernst zu nehmen.
Diatomeen haben etwas unterschiedliche Brechungsindizes, oft wohl um 1,45 herum. Für feine Diatomeen wir Amphipleura pellucida bracht man ein Eindeckmittel mit wirklich hohem Brechungsindex, für gröbere Diatomeen tut es Caedax oder sogar Canadabalsam, nur hat man selten nur grobe Schalen in einer Probe. Überall verfügbar wären Luft und Wasser als Eindeckmittel, jeweils mit bestimmten Nachteilen.

Mir macht es Spaß, Veraschungspräparate herszustellen. Das geht recht einfach:
- eine 4mm-Edelstahlplatte, groß genug für ein Dreibein aus dem Kosmos Chemiekasten
- der Spiritusbrenner dazu
- ein Feuerzeug mit propanbrennerartiger Flamme
- geviertelte eckige Deckgläser (sind besonders robust)
- Diatomeen-haltigen Planktonfang oder Aufwuchs auf ein gevierteltes eckiges Deckglas geben, nicht zu dicht
- trocknen lassen
- Von unten gut erwärmen
- Von oben mit dem Feuerzeug gezielt Wärme aufgeben, Deckglas soll sich dabei nicht verformen
- Am Farbumschlag kann man nacheinigen Versuchen erkennen, wann der Braten fertig ist
- Grobe Partikel mit Objekttrögerkante abkratzen
- Tropfen Isopropanol drauf
- Pleurax drauf , etwas warten, soll sich mit dem Isopropanol vermischen
- mit alter Pinzette das Deckglasstück so über den Spiritusbrenner halten, dass das Pleurax warm wird und das abdampfende Isopropanol sich nicht entzündet
- Umdrehen und aufvorgewärmten Objektträger klatschen

Vorteil der Methode: Einfach und Kolonien bleiben erhalten

Viele Grüße,

Bob   

Rene

Schönes Bild, Bob. Could you show us a detail from the valves, please?

Thanks, René

JaRo

Hallo,
@Herbert
Das kann ich noch nicht sagen, ich habe das heute erst bestellt und noch nicht bekommen.  Ich habe aber die Vermutung, dass es leider nicht so viel sein wird... Die Anleitung von Göke habe ich mir schon angeschaut, aber danke nochmal für den Hinweis auf die Links.
Ich werde auf jeden Fall über meine Versuche berichten.
@Rainer
Die Gewässer meiner Umgebung werde ich mir in jedem Fall auch anschauen. Auf die Idee mit dem fossilen Material kam ich aufgrund der vielen verschiedenen Formen in einer Probe. In den Gewässern werden vermutlich an einem Ort eher nicht ganz so viele Formen vorhanden sein?
Das Video habe ich mir auch schon angeschaut. Das probiere ich auch einmal aus und sieht für erste Versuche auch gut aus, habe aber schon gelesen, dass die dabei entstehenden Präparate nicht unbedingt so schön sind?
@Carsten
Danke für die Hinweise. Da bin ich mal gespannt auf die Probe... Mal gucken.
Bzgl. Eindeckmittel werde ich dann vielleicht wirklich auf das neue Wundermittel warten, das soll ja bald verfügbar sein.
Die Lackringe find ich tatsächlich auch einfach sehr schön und würde das gleich mal üben wollen.
@Bob
Die Veraschungstechnik probiere ich vielleicht auch einmal aus, hatte aber schon gelesen, dass damit die Diatomeen nicht unbedingt perfekt sauber werden... Klingt aber für den Anfang schon einmal gut.
Bzgl. Pleurax muss ich mal schauen ob ich das mache, da das neue Einschlussmittel ja auch sehr bald verfügbar sein soll. Abzug etc. wäre kein Problem und ohne würde ich das selbstverständlich nicht machen...
Viele Grüße
Jan

Carsten Wieczorrek

Hallo Jan,

ZitatIch habe aber die Vermutung, dass es leider nicht so viel sein wird...
Ich habe so ein Bio-Spicup mit ca. 500 mg Material bekommen. Ist nicht wirklich viel, wenn viel drinn ist, reicht es aber allemal.

ZitatAuf die Idee mit dem fossilen Material kam ich aufgrund der vielen verschiedenen Formen in einer Probe. In den Gewässern werden vermutlich an einem Ort eher nicht ganz so viele Formen vorhanden sein?

Das kann man meiner Erfahrung nach so nicht sagen. Mein Material von einer heissen Quelle enthielt nur ausschließlich eine Art. Das "berühmte" Präparat von Anne aus Artern zeigt degegenrech viele unterschiedliche Formen. Mein Gartenteich ist eher arm an Arten, der Kölner Fühlinger See gibt recht viel her. Muss man halt probieren.

Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
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Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Bob

Zitat von: Rene in Februar 24, 2021, 18:38:02 NACHMITTAGS
Schönes Bild, Bob. Could you show us a detail from the valves, please?

Hi René,
sorry, this was holiday-slide making, I had no strong objectives on board so looked more at the beautiful colony than at individual pores. I'm sure I have the slide somewhere, but I have quite few slides...

Bob

RainerTeubner

Hallo Jan,

nu, für den Main, der so gut wie vor meiner Haustür vorbeifließt, kann ich nicht behaupten, daß das Benthos artenarm wäre. Die Zusammensetzung ändert sich halt im Laufe des Jahres, da kann man jeden Monat eine neue Probe nehmen. In den regenarmen Sommern der letzten Jahre ist der Main zu einer Kette von langsam durchflossenen Stauseen mutiert.

Wenn man das Bleichen mit Chlorix nicht übertreibt, bleiben auch die zarten Diatomeen (einigermaßen) unbeschädigt. Es stimmt, der wahre Diatomist macht um Chlorix einen Bogen und bleicht mit Schwefelsäure/Kaliumpermanganat oder mit Schwefelsäure/Salpetersäure. Das sind aber keine küchentauglichen Verfahren.

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

plaenerdd

Hallo,
der Artenreichtum der Diatomeen ist von Fundort zu Fundort sehr unterschiedlich und unterliegt dann auch noch jahreszeitlichen Schwankungen in der Häufigkeit. Bei einer richtigen Diatomeenblüte vermehren sich  meist nur wenige Arten sehr stark. Deshalb ist in Punkto Artenvielfalt eher die "Normalsaison" vielversprechend. Fossilies Material unterliegt den gleichen Gesetzten, nur das sich jahreszeitlich Häufigkeitsschwankungen ein wenig ausgleichen, wenn erst die eine und 2 Monate später eine andere Art dominiert. Das vermischt sich natürlich bei der Sedimentation und Aufbereitung.
Viel Diatomeen sind salztolerant. Da verwundert es nicht, dass die Solequelle in Artern relativ artenreich daher kommt. Zudem unterliegt sie im jahreszeitlichen Wechsel kaum Schwankungen, was Temperatur und Salzgehalt angeht. Ein Besuch lohnt sich immer!
Man kann einen schönen Versuch dazu machen: Tümpelwasser+Schlamm in ein Glas und 2 Teelöffel Salz dazu und 2..3 Wochen warten. Grün- und Blaualgen werden stark zurück gedrängt, Diatomeen vermehren sich und dominieren die Probe. Übermäßige Artenvielfalt darf man nicht erwarten, aber die Salztolerans einiger unserer "Süßwasserdiatomeen" ist enorm.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

bei aller filigranen Schönheit der Diatomaceen-Skelette: Vergesst nicht Euch den Zauber und den Zauber lebender Kieselalgen vor Augen zu führen. Das Leben schafft da seine ganz eigene Attraktivität. Noch mehr wird das übrigens bei Radiolarien gegenwärtig.
Beste Grüße !

JB

plaenerdd

Hallo Jürgen,
lebende Radiolarien würe ich mir ja auch gerne mal ansehen, aber woher nehmen?
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Fraenzel

Zitat von: plaenerdd in Februar 24, 2021, 22:00:58 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
lebende Radiolarien würe ich mir ja auch gerne mal ansehen, aber woher nehmen?
LG Gerd

Hallo Gerd,
die gibts halt in allen Meeren und das reichlich. Eine Tour an Ost- oder Nordsee wäre mit Sicherheit auch in Coronazeiten lohnend.
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

JaRo

Hallo,
vielen Dank noch einmal für die vielen Tipps und Antworten!
Ich werde mir auf jeden Fall auch einmal die Gewässer der Umgebung anschauen und gucken was ich da so finde. Ich habe bzgl. Artenvielfalt auch eher an eine große Diatomeenblüte gedacht und hätte da wie gesagt eher nur eine oder wenige Arten erwartet, aber ihr habt recht, in "normalen" Zeiten gibt es ja sicherlich auch mehr als genug Diatomeen vieler verschiedener Arten.
Viele Grüße
Jan