Die Flechte Physcia leptalea - scheibchenweise

Begonnen von Michael Müller, Mai 14, 2021, 12:27:41 NACHMITTAGS

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Michael Müller

Hallo in die Runde,

bei Einarbeiten in die Mikrotomie bin ich auf eine Flechte gestoßen, die ich - soweit man das ohne chemische Tests sagen - für Physcia leptalea halte und die ich hier gerne vorstellen möchte.

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Bild 1: Physcia leptalea; Macroaufnahme

Die Flechte Physcia leptalea kommt meist an den selben Standorten - oft am selben Ast - wie die Flechte Xanthoria polycarpa (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=40607.0) vor und fällt durch eine Vielzahl von becherförmigen Fruchtkörpern auf. Diese Apothecien erinnern mit ihrem weißen Rand und der braunen Füllung an Kaffeetassen.

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Bild 2: Physcia leptalea; Schnitt durch eine Apothecie (10µm)
(Die Luftblasen habe ich aus dramaturgischen Gründen eingebaut!)


Ein Schnitt durch eine Aptothecie zeigt den typischen Aufbau der Flechte. Unter dem äußeren Cortex schließt sich eine photoaktive Schicht mit symbiontischen, einzelligen Algen an. Unter dieser liegt die schwammartige Markschicht, in deren lockerem Hyphengeflecht Wasser und Nährstoffe gespeichert werden. Den Abschluss bildet der untere Cortex.
Die Algenschicht zieht sich auch um den Rand der Apothecien, deren Hymenium von einer Schicht aus kleinen braunen Kristallen bedeckt ist, die für die braune Farbe der Apothecien verantwortlich ist.

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Bild 3: Physcia leptalea; Asci (Fruchtschläuche)

In das Hymenium sind die Fruchtschläuche des Pilzes (Asci) eingebettet, in denen je acht dunkle Sporen gebildet werden. Interessant fand ich die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Sporen.

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Bild 4: Physcia leptales; Sporen

Die Sporen selbst sind zweizellig und dunkel gefärbt.

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Bild 5: Physcia leptalea; Photosymbiontische Algen

Interessant sind auch die einzelligen Algen, die jeweils in inniger Verbindung zu den Pilzhyphen stehen.

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Bild 6: Physcia leptalea; Apothecie mit Baumwollblau gefärbt

Will man den Aufbau des Hymeniums genauer untersuchen, empfiehlt sich eine Färbung mit Methylblau (= Baumwollblau), dass das Zellplasma, nicht aber die Hyphenwand färbt.

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Bild 7: Physcia leptalea; Details der Apothecie

Viel Spaß beim Anschauen und viele Grüße

Michael

Gerne per Du

Alf

Hallo,

Sehr schöne Aufnahmen! Wie hast du die Flechte eingebettet?

Lg

Michael Müller

Hallo Alf,
Zitat von: Alf in Mai 14, 2021, 13:31:23 NACHMITTAGS
Wie hast du die Flechte eingebettet?

Hatte ich vergessen zu schreiben:

Infiltrierung: Einlegen in 20% PEG; anschließend 24h Trocknen an Luft
Einbetten: PEG
Schneiden mit Leitz Grundschlittenmikrotom 15µm bzw. 10µm
Strecken auf Objektträger mit 20% PEG und Spülmittel

Viele Grüße

Michael

Gerne per Du

reblaus

Hallo Michael -

tolle Bilder!
Hast Du evt. auch Asci mit unregelmäßiger Sporenzahl beobachete, z.B. 2 große und vier kleine Sporen?

Viele Grüße

Rolf

Michael Müller

Hallo,

es freut mich, dass Euch meine Bilder gefallen. Als Tümpler war es mal richtig entspannend, etwas mit ausreichend Kontrast zu fotografieren!

@Rolf:
Das Problem bei meinen 10µm bis 15µm dicken Schnitten ist, dass praktisch alle (reifen) Asci angeschnitten werden. Dabei treten Sporen aus, so dass ich nur mit gutem Gewissen die Maximalanzahl der Sporen (also acht) angeben kann. Ich habe mir extra die Präparate nochmal vorgenommen, kann aber bei den reifen Asci keine unterschiedliche Sporengröße feststellen. Interessant ist, dass die noch nicht ausgereiften Asci oft nur sechs kleine Sporen beinhalten. Vielleicht bilden sich die restlichen zwei erst später?

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

reblaus

Hallo Michael -

meine Frage wurde angeregt, weil ich vor nunmehr 52 Jahren, also in der Steinzeit der Pilzgenetik, Untersuchungen an dem Mist-Ascomyzeten Podospora anserina gemacht habe und da kamen solche Asci vor. Diese enthalten typischerweise durch merkwürdige Kernteilungsmechanismen vier 2kernige Sporen die teilweise heterozgot sind, aber manchmal gab es auch Asci bei denen eine oder mehrere der 2kernigen Ascosporen durch die doppelte Anzahl einkerniger ersetzt waren.

Viele Grüße

Rolf