Interessante Pilzfunde 32 - Dichtblättriger Rötelritterling

Begonnen von Bernd Miggel, Oktober 27, 2021, 17:21:57 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Der hier beschriebene  Dichtblättrige Rötelritterling ist ein typischer Spätherbstpilz. Man findet diesen Saprobionten  sowohl in der Laub- als auch in der Nadelstreu, wo er ausgedehnte Hexenringe bilden kann.  Oft wächst er in unmittelbarer Nachbarschaft des Nebelgrauen Trichterlings. In der Roten Liste gefährteter Pilze Deutschlands (2016) wird er in der Kategorie D (Daten unzureichend) geführt, scheint also sehr selten kartiert zu werden.

Eckdaten des Fundes:
     • Pilzart: Lepista densifolia (J. Favre) Singer & Clémençon
     • Fundort: Walddistrikt Schelmenbusch Gemeinde Straubenhardt in Baden-Württemberg
     • Begleitbäume: Weißtannen, Fichten, Rotbuchen
     • Weitere Begleitflora: Blaubeeren, Sauerklee, Etagenmoos
     • Boden: Braunerde aus geringmächtiger lösslehmhaltiger Fließerde über Fließerde aus Buntsandstein-Material über Oberem Buntsandstein
     • Belegnummer: Miggel div21032,smb


Bild 1
- Ausschnitt aus einem großen Hexenring, am Fundort ein beeindruckendes Bild!


Die Hüte besaßen einen Durchmesser von bis zu 12 cm. Bei großen Exemplaren speckig glänzend, auch mit gelapptem Rand oder auch konzentrisch gezont, bei kleineren Exemplaren weiß bereift, wie gefirnisst.


Bild 2 - Mehrere Fruchtkörper am Fundort. Man erkennt die wie gefirnisst aussehende Hutoberfläche.


Die Lamellen sind am Stiel bogig herablaufend, sie stehen sehr gedrängt, sind anfangs cremefarben, werden aber mit zunehmender Reife bräunlich. Außerdem sind sie vom Hutfleisch trennbar, siehe Bild 9 im Antwort-Beitrag weiter unten.


Bild 3
- Hier wurde ein Fruchtkörper umgedreht, so dass der bräunliche Stiel und die sichelförmigen Lamellen sichtbar werden. Schaut man senkrecht auf die Gesamtheit der Lamellen, sozusagen in die Lamellentiefe hinein, nimmt man bei einigen Fruchtkörpern einen leicht lachsrosa Schein wahr.



Bild 4 - Fruchtkörper im Schnitt: links das Stielfleisch, rechts die Stieloberfläche. Die sichelförmigen Lamellen sind typisch für best. Trichterlings- und Rötelritterlingsarten.



Bild 5 - Links die sehr dicht stehenden, hellbräunlichen Lamellen, rechts die weiß überzogene Hutoberfläche.

Hier die Geruchs- und Geschmacks-Beurteilungen von zwei unabhängigen Personen beim selben Fruchtkörper:
    • Geruch angenehm "pilzig". Geschmak mild, etwas ranzig und zusammenziehend und ganz schwacher Anklang an Mehl, später etwas im Hals kratzend. Der unangenehme und leicht kratzende Geschmack in Mund bzw Hals hält noch stundenlang an.
    • Geruch jung: Auf dem Hut etwas Chlor, alt: etwas erdig, Kunsthonigkomponente; Geschmack: leicht metallisch beim Kauen, ansonsten pilzig mild.

Wichtig ist bei dieser Art die Farbe des ausgefallenen Sporenstaubs, nämlich creme mit leichtem Rosastich.

Die Sporen sind sehr klein, dünnwandig, hyalin und fein stachelig ornamentiert, siehe Bild 6 und insbesondere Bild 8 im Antwort-Beitrag weiter unten.  Die Durchschnittswerte betrugen (95-prozentiges Vertrauensintervall, Stichprobe aus 25 repräsentativen Sporen):
Lav x Bav = 4,0-4,1 x 3,1-3,2 µm     Qav = 1,26-1,33     Vav = 20-22 µm3
Mit L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad = L/B, V Volumen, Index av Average (Durchschnitt).


Bild 6 - Die mit ca. 4 x 3 µm sehr kleinen Sporen. Präparat in Wasser mit sehr wenig Phloxin.


Da die Struktur der Huthaut für viele Pilzarten bestimmungsrelevant ist, zeige ich sie von einem der Fundexemplare. Es handelt sich im Wesentlichen um parallel zueinander verlaufende, dünnwandige, schlanke, hyaline Hyphen. An einigen der Hyphensepten sind Schnallen vorhanden.


Bild 7 - Hyaline, dünnwandige Huthauthyphen, wenige der Septen sind mit Schnallen ausgestattet (Pfeile). Quetschpräparat in Kongorot.

Verwechslungsmöglichkeiten:

    • Der Laubfreund-Trichterling (Clitocybe phyllophila) ist unserer Art zum Verwechseln ähnlich. Auch Erscheinungszeit und Habitat sind vergleichbar. Jedoch sind beim Laubfreund-Trichterling die Lamellen mit dem Hutfleisch verwachsen, und die Sporen sind völlig glatt.


Wichtige Notiz:
Den Fund hatte ich anfangs, unter Missachtung der Sporenornamentierung und der Trennbarkeit der Lamellen vom Hutfleisch, fälschlicherweise als Bleiweißen Firnistrichterling Clitocybe phyllophila vorgestellt. Die hier unterhalb stehenden Antwort-Beiträge sind z.T. dieser Tatsache geschuldet.



Weiterführende Literatur:

    • BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN, F. (1990): Pilze der Schweiz Bd. 3: Nr. 242.
    • LUDWIG, E. (2001): Pilzkompendium Bd. 1: Nr. 40.6.
    • https://www.interhias.de/schwammerlseiten/bestimmungen/2014/tricholomataceae/fotoseiten/foto-125.html
     https://fundkorb.de/pilze/lepista-densifolia-dichtbl%C3%A4ttriger-r%C3%B6telritterling


Viel Vergnügen beim Anschauen!

Bernd

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

Gerd Schmahl

Hallo Bernd,
ich lese mir immer gerne Deine schöne Pilz-Por­t­raits durch.
Diesmal gefällt mir aber besonders die bewegungs-unscharfe Rennschnecke in Bild 3. Du musst ja lange Belichtungszeiten mit Stativ genutzt haben!
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Bernd Miggel

Hallo Gerd,

dann könnte man ja eigentlich die Renngeschwindigkeit bestimmen. Die Belichtungszeit war 3,2 Sekunden. Und jetzt kommt der Dreisatz... ;)

Viele Grüße
Bernd

Bernd Miggel

Hallo zusammen,

mit der Artbestimmung als Clitocybe phyllophila liege ich wahrscheinlich falsch, denn die Sporen des Fundes sind rau bis feinstachelig ornamentiert. Und das passt nicht zu Clitocybe phyllophila.

Bis bald,
Bernd

Peter Reil

#4
Hallo Bernd,

ich würde an Lepista ricekii denken.
Eine Geschmacksprobe hast du nicht zufällig genommen?

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Bernd Miggel

#5
Hallo Peter,

Den Geruch der Fundexemplare war angenehm "pilzig". Den Geschmak würde ich beschreiben als mild, etwas ranzig und zusammenziehend und ganz schwacher Anklang an Mehl, später etwas im Hals kratzend. Der unangenehme und leicht kratzende Geschmack in Mund bzw Hals hält noch stundenlang an.
Hier ein aktuelles Sporenfoto in KOH 3%:


Bild 8 - Sporen mit stacheligem Ornament. Präparat in KOH 3%

Die Lamellen lassen sich leicht vom Hutfleisch lösen:


Bild 9 - Lamellen vom Hutfleisch lösbar.


Liebe Grüße
Bernd


P.s.: Hast du schon das Tempo der Rennschnecke aus Bild 3 oben bestimmt?

Bernd Miggel

#6
Hallo zusammen,

Hier noch REM-Aufnahmen von Sporen des Fundes. Herzlichen Dank dafür an Stefan Diller, Würzburg!
Ergebnis: Die Sporen sind feinwarzig (nicht feinstachelig).






Viele Grüße
Bernd