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Alles in (Kakao-) Butter!

Begonnen von witweb, November 07, 2021, 17:32:42 NACHMITTAGS

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witweb

Hallo zusammen,

eigentlich hatte ich nach etwas ganz anderem gesucht, bin dabei aber auf einen Beitrag von 2009 gestoßen: Schokolade

Das Thema hat mich gleich fasziniert, also beim nächsten Einkauf eine Tafel weiße Schokolade gekauft. Weiß, weil dort die meiste Kakaobutter enthalten ist (ca. 28%). Bei den anderen Schokoladensorten ist der Anteil teilweise deutlich geringer. Die Schokolade, wie sie nun als Tafel vor mir lag, enthielt natürlich noch viel anderes, z.B. Zucker, Vollmilchpulver, Sahnepulver, Süßmolkepulver, Laktose, Sonnenblumenlecithine und natürliches Vanille-Aroma...
Mal schauen, wie das unter dem Mikroskop aussieht. Gleich vorweg, alle Beobachtungen habe ich mit polarisiertem Licht gemacht, weiße Schokolade im normalen Durchlicht sieht eher wenig spektakulär aus.
Also habe ich erst mal einen kleinen Span auf dem Objektträger sorgfältig platt gedrückt. Das habe ich bei Raumtemperatur gemacht, da sich beim Erhitzen die Struktur der Kakaobutter verändert und ich wollte ja erst mal den Grundzustand haben.
Hier ist eine Aufnahme davon, Bildbreite 0,43 mm. Tja, ich würde sagen, alles oben Aufgeführte ist dabei... :)




Nun ging es mir um die Kakaobutter. Das ist ja eine hochinteressante Zutat. Kakaobutter ist ein Gemisch verschiedener Triglyceride. Diese können in sechs verschiedenen Kristallformen vorliegen. Diese werden üblicherweise mit I, II bis VI bezeichnet. Die Schmelzpunkte der Kristallformen (Phasen) liegen zwischen 17,3 °C bei Phase I und 36,3 °C bei Phase VI.
Eine schöne Übersicht mit Temperaturen und Eigenschaften finden wir hier:  The Polymorphs of Chocolate

Was das Vorhandensein der verschiedenen Kristallformen und die unterschiedlichen Temperaturen für die Herstellung von feiner Schokolade bedeutet, kann man sich bei ,,Crystal structures of chocolate" anschauen.
Und wer bei der letzten Weihnachtsbäckerei den Schokoladenüberzug vermasselt hat, sollte sich unbedingt auch noch die Fortsetzung ansehen: ,,Science of chocolate phases"  :)   
Beides sind Harvard University's online courses.

Zurück zum Mikroskop. Um an die Kakaobutter zu kommen, habe ich erst mal ein Stückchen Schokolade in Aceton aufgelöst. Nachdem sich die, nicht in Aceton löslichen Stoffe, absetzt hatten, habe ich mit dem Überstand weiter gemacht. Dort sollte vor allem die Kakaobutter gelöst sein, von geringen Verunreinigungen mal abgesehen. Als erstes habe ich einen Tropfen dieser Kakobutter-Lösung auf den OT gegeben und das Aceton bei Raumtemperatur verdunsten lassen. Das sieht dann so aus (Bildbreite 0,17 mm):



Schon ein Unterschied zum Bild oben.

Jetzt wäre es natürlich interessant, die einzelnen Kristallformen gezielt entstehen zu lassen, aber leider habe ich keine Möglichkeit, die Temperatur auf dem OT zu steuern, zu erhöhen, oder auch unter Raumtemperatur abzusenken. Deshalb hab ich mich darauf beschränkt, die OT mit der Kakaobutter stufenweise zu erhitzen, schnell oder über mehrere Stunden abzukühlen, wieder zu erhitzen, oder einfach ruhen zu lassen. Und dann unter dem Mikroskop anzuschauen.
Die folgenden Bilder sind also eher Zufallsprodukte, schön anzuschauen aber nicht zur Dokumentation geeignet.

Viel Spaß beim Anschauen. Vielleicht ein Stückchen Schokolade dabei im Mund zergehen lassen. Bei knapp 37 °C.  :)

Michael













Dieser Post wurde aus recycelten Elektronen erstellt
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Leitz Orthoplan
Zeiss Standard 18 mit Fluoreszenz-Auflichtkondensor IV FL
Lomo Biolam, Motic SMZ-168
Canon EOS 750D
https://mikrokristalle.net
https://www.youtube.com/@Mikrokristalle

Fraenzel

Hallo Michael,
angeregt durch deinen wunderbaren Beitrag und weitere süße Impressionen habe ich weiße Schokolade angeschmolzen und mit dem 4x Askania Achromaten im Dunkelfeld abgelichtet. Die Bildbreite beträgt 0,26 mm.
Beste Grüße
Peter
auch ich mag das "Du"

witweb

Hallo Peter,

sehr schön. Vielleicht machst du noch weitere Versuche?
Ich habe die Kakaobutter noch unter einem Deckglas kristallisieren lassen, Bildbreite 0,2mm:



Zunächst habe ich gedacht, dass die Blasen durch die Phase I entstehen, die ja bei Raumtemperatur schon geschmolzen ist. Ich habe deshalb mal den OT kurz in den Tiefkühler gelegt und dann angeschaut. Das Bild zeigt jetzt links die gekühlte Variante, rechts den gleichen Ausschnitt bei RT (ca. 22 °C). Der Unterschied ist sehr deutlich zu sehen, aber die Blasen sind wohl doch Luft, entstanden durch das ständige Erhitzen und Abkühlen. Vielleicht sind auch noch Reste vom Aceton entwichen...



Beste Grüße

Michael
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Fraenzel

Moin Michael,
sehr spannende Experimente lieferst du hier ab. Besonders das erste Bild erinnert mich an Sylvester. Mit diversen Temperaturen gibt es offenbar noch interessante Effekte. Weter so!
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

witweb

#4
Hallo Peter,

vor dem Entsorgen habe ich mir nun, nach einer Woche, die OTs nochmals angeschaut. Die Kakaobutter-Kristalle haben sich zwischenzeitlich weiter ausgedehnt.
Davon nochmal ein Bild (Bildbreite 0,25 mm):



Ich habe auch noch Versuche mit dunkler Schokolade gemacht. Es gibt aber keine großen Unterschiede, so dass ich mir die Bilder hier spare und lieber die letzten Krümel vernasche...

Beste Grüße

Michael
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Florian D.

Hallo Michael,

warum ist Der Hintergrund eigentlich blau und nicht schwarz?

Viele Grüsse
Florian

witweb

#6
Hallo Florian,

das ist bei mir reine Geschmackssache, da steckt kein tieferer Sinn dahinter. Natürlich hätte ich auf Verzögerer verzichten können, aber das sah mir dann doch etwas "fade" aus. Ich habe auf die schnelle vom letzten OT mal solch ein Bild gemacht (nur gekreuzter Polarisator/Analysator):



Für Aufnahmen mit wissenschaftlichem Anspruch oder zu Dokumentationszwecken, ist dieses "Kolorieren" natürlich nicht geeignet.

Warum fragst du?

Viele Grüße

Michael


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