Interessante Pilzfunde 45 - Netzstieliger Hexenröhrling

Begonnen von Bernd Miggel, Januar 27, 2022, 18:50:19 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Der Netzstielige Hexenröhrling ist eine häufige, recht groß werdende Dickröhrlingsart, die bevorzugt auf ,,besseren Böden", z.B. auf Kalkböden, wächst und eine Mykorrhiza mit Laubbäumen eingeht. Der Pilz liebt lichte Stellen, so z.B. Waldlichtungen, Hainbuchenhecken oder Birkenalleen. Ich möchte zwei Funde zeigen.

Fund Nr. 1:

Es handelt sich um einen eigenen Fund aus einem Orchideen-Buchenwald im Nördlichen Schwarzwald:

• Pilzart: Suillelus luridus (Schaeff. 1774) Murrill
• Begleitbäume: Rotbuchen, Traubeneichen, Hängebirken
• Bodenart; Höhe über NN: Rendzina über Unterem Muschelkalk; 325 m
• Fundort: Vogelsang-Biotop, Straubenhardt-Ottenhausen, Baden-Württemberg
• Funddatum: 22.07.2021
• leg. & det.: Bernd Miggel, Sabrina Döffinger
• Belegnummer: div21016,vog



Bild 1 – Braunhütiges Exemplar, Hutdurchmesser: 12 cm; rotes Stielnetz bis zur Stielbasis. Foto: Sabrina Döffinger.



Bild 2 –Stiel: schlankkeulig; Poren der Röhren: rot; bei Anfassen oder im Schnitt blaut die Stelle. Foto: Sabrina Döffinger.



Bild 3 – Fleisch: im Hut gelb, im Stiel: oben gelb, unten bräunlich; Röhren: gelb. Im Schnitt erfolgt Blauen. Foto: Sabrina Döffinger.


Die Sporen sind relativ dickwandig, gelblich, schlank ellipsoid bis fast zylindrisch oder spindelförmig, auch angedeutet mandelförmig, und sie besitzen eine subhilare Depression, d.h. eine leichte Eindellung unterhalb des Apiculus.
Die bei einem Vertrauensintervall von 95 % geschätzten Werte, auf der Basis von 28 repräsentativen Sporen (Notation weitgehend nach Fungi of Northern Europe, Vol. 1-4,):

L x B = 12,9-14,5 x 5,3-6,2 µm;  Lav x Bav = 13,5-13,8 x 5,7-5,9 µm;  Q = 2,2-2,56;  Qav = 2,34-2,42
darin sind:  Länge L;     Breite B;     Schlankheitsgrad Q = L/B;     Volumen V;      average av (Durchschnitt).



Bild 4 – Sporen des Fundes in Wasser



Bild 5 – Der REM-Scan zeigt Form und glatte Oberfläche der Sporen. Foto: Stefan Diller, Würzburg.



Fund Nr. 2:


Es handelt sich um einen Fund meines Pilzfreundes Hans Stern von einem Zierrasen mit Laub- und Nadelbäumen:

• Pilzart: Suillelus luridus (Schaeff. 1774) Murrill
• Begleitbäume: Waldkiefer, Hainbuche, Lärche, Roteiche
• Höhe über NN: 730 m
• Fundort: Zierrasen bei Villingen-Schwenningen, Ortsteil Haslach, Baden-Württemberg
• Funddatum: 25.10.2014
• leg.: Hans Stern, det.: Bernd Miggel



Bild 6 – Exemplare am Fundort: Durchmesser der dunkelbraunen Hüte 9,5 cm, Stieldurchmesser 10 cm. Das dunkelrote Stielnetz reicht bis zur Stielbasis. Foto Hans Stern.



Bild 7 –Stiel dickkeulig, Röhren gelb, Röhrenmündungen rot.  Foto Hans Stern.



Bild 8 - Fleisch partieweise gelb und dunkelrot,insbesondere die unteren zwei Dritteln des Stiels sind dunkelrot. Im Schnitt wird das Fleisch blau. Foto: Hans Stern.


Die Sporen:
messen bei 95 % Vertrauensintervall aufgrund von 25 repräsentativen Sporen:

L x B = 10,9-14,7 x 4,7-6,6 µm;  Lav x Bav = 12,4-13,2 x 5,5-5,9 µm;  Q = 1,8-2,75;  Qav = 2,17-2,37
darin sind:  Länge L;     Breite B;     Schlankheitsgrad Q = L/B;     Volumen V;      average av (Durchschnitt).



Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen rotporigen Dickröhrlingen:

• Der Kurznetzige Hexenröhrling Suillellus mendax  (Simonini & Vizzini) Vizzini, Simonini & Gelardi (https://www.123pilzsuche.de/daten/details/KurznetzHexe.htm) bevorzugt ebenfalls Kalkboden. Er besitzt einen meist schlanken Stiel, der bei jungen Exemplaren nur im oberen Drittel rot genetzt, dagegen im restlichen Teil rot geflockt ist. Die Sporen sind mit Qav = 2,7 deutlich schlanker als beim hier beschriebenen Netzstieligen Hexenröhrling.

• Der Glattstielige Hexenröhrling Suillellus queletii (Schulzer) Vizzini, Simonini & Gelardi bevorzugt Kalkboden. Er besitzt meist einen einen gelborangen bis tief roten Hut, einen oben gelben, nach unten hin dunkelroten, purpurroten, ganz fein in der Farbe des Untergrundes geflockten Stiel.

• Der Flockenstielige Hexenröhrling Neoboletus erythropus (Pers.) C. Hahn fruktifiziert auf sauren, basenarmen Böden. Er ist sozusagen ein ,,Zeigerpilz" saurer Böden. Er besitzt meist einen braunen, rotbraunen oder olivlich braunen Hut. Sein Stiel ist gelblich und ist deutlich rot geflockt. Das gelbe Fleisch färbt bei Verletzung fast augenblichlich tief blau.

•  Der Satansröhrling Rubroboletus satanas (Lenz) Kuan Zhao & Zhu L. Yang wächst auf Kalkboden. Er besitzt einen weißen bis graulichen oder gelbockerfarbenen Hut und einen sehr dicken, ganz oben gelben, nach unten hin roten, mit länglichen, erhabenen Maschen versehenen Stiel.  Fleisch gelb und bei verletzung nur schwach blauend. Reife Exemplare riechen unangenehm nach Aas.


Viele Vergnügen beim Anschauen!

Bernd



Weiterführende Literatur:
• NOORDELOOS, M.E. (2018): Suillellus Murrill. In: Flora Agaricina Neerlandica, Volume 7: 105-106.
http://tintling.com/pilzbuch/arten/s/Suillellus_luridus.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Suillellus
  https://fundkorb.de/pilze/boletus-luridus-netzstieliger-hexenr%C3%B6hrling


Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080