Interessante Pilzfunde 52 - Sklerotien-Blasssporrübling

Begonnen von Bernd Miggel, Oktober 04, 2022, 11:27:31 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Heute möchte ich den Sklerotien-Blasssporrübling, einen kleineren, dünnfleischigen, braunen Pilz, beschreiben. Dieser, auch Unverschämter Knöllchen-Rübling genannte Pilz, ist ein Saprobiont, und zwar lebt er als Streuzersetzer. Er ist sehr selten, und in der Roten Liste für Deutschland (2016) wird er Gefährdungsklasse ,,D" (Daten unzureichend) geführt. Die Verbreitungskarte der Deutschen Ges. für Mykologie zeigt für Deutschland lediglich zehn Fundpunkte .
Folgt man der Monographie [1], dann gibt es aktuell nur Fundmeldungen aus Deutschland, Italien und Spanien. In der Monographie erfährt man auch, dass es sich bei dieser Art um den einzigen Blasssporrübling mit einem Sklerotium handelt.

Der Fund
Dieter Gewalt fand viele Fruchtkörper dieses kleinen, dünnfleischigen, doch durch seine schokobraune Farbe auffälligen Pilzes auf dem Dach einer Tiefgarage. insgesamt waren es ca. 30 – 40 Fruchtkörper,  einzeln und gesellig wachsend. Die Erde war nach kürzlichem Regen gut durchfeuchtet.

Eckdaten des Fundes
•   Pilzart: Sklerotien-Blasssporrübling (Gymnopus graveolens (G. Poirault ex Boud.) Antonín & Noordeloos)
•   Fundzeitraum: 15.-26.09.2022.
•   Fundort: Parkanlage in Dietzenbach, Hessen, trockener Rasen und blanke Erde.
•   Begleitvegetation: zahlreiche Sträucher, in der Nähe ein Apfelbaum.
•   Belegnummer: Miggel ext22009,dbach.


Foto: Dieter Gewalt:

Bernd Miggel

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#1
Makroskopische Merkmale des Fundes
Der gesamte Fruchtkörper ist dünnfleischig und im frischen Zustand hell bis dunkel schokobraun. Die Hüte haben 2 - 3 cm Durchmesser, die Mitte ist dunkler, der Hutrand heller, leicht abgeknickt und auf etwa 5 mm gerieft. Beim Trocknen werden die Hüte grau, und die Lamellen fast schwarz. Diese Farbveränderung nennt man Hygrophanität. Ihren Beginn zeigt der linke Hut in Bild 2. Die Stiele sind dünn, hohl und apikal bereift. Die Lamellen sind bauchig, etwas entferntstehend, stark mit Lamelletten untermischt und am Stiel ausgebuchtet angewachsen. Die Lamellenschneide ist heller als die Fläche. Nach Dieter Gewalt sind die frischen Fruchtkörper im Geruch unauffällig und im Geschmack zuerst muffig, nach Kauen bitter werdend, nach dem Ausspucken anhaltend und geradezu ekelhaft bitter. Nach vier Tagen Postweg (war wohl eine ,,Irrfahrt"), rochen die im frischen Zustand verschickten Fruchtkörper stark nach Knoblauch.


Foto - Dieter Gewalt:

Bernd Miggel

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#2
Mikroskopische Merkmale des Fundes
Der Hymenialbereich besteht aus schlanken, teils kopfigen, teils keuligen 2- und 4-sporigen Basidien mit Basalschnallen (Bild 3). An der Lamellenschneide sind zudem dünnwandige Marginalzellen spärlich vorhanden (Bild 4).

Bernd Miggel

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#3
Der Sporenstaub ist weiß.

Die Sporen sind inamyloid, glatt, dünnwandig und ellipsoid bis mandelförmig (Bild 5). Maße von 30 repräsentativen Sporen, gemessen in Wasser, mit 95 % Wahrscheinlichkeit:
L x B = 5,1-7,7 x 3,1-3,9 µm; Lav x Bav = 6,2-6,6 x 3,4-3,6 µm; Qav = 1,76-1,88; Vav = 39-45 µm3
(L Länge, B Breite, Q = L / B Schlankheitsgrad, V Volumen, av Average (Mittelwert)).


Bernd Miggel

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#4
Die Hutdeckschicht besteht aus parallelliegenden Hyphen (eine Kutis). Diese sind etwa 5-10 µm dick und an vielen Septen mit Schnallen ,,s" versehen. Einige der Hyphen besitzen eine ,,zebrierte" Inkrustierung ,,z".

Bernd Miggel

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#5
Siderophilität der Basidien und Basidiolen
Bei der Bestimmung der Gattung unseres Fundes nach [2] hatte man zu beantworten, ob die Basidien eine siderophile Granulation aufwiesen. Daraufhin untersuchte ich das Hymenium in Nigrosin (vereinfachtes Verfahren nach Marcel Lecomte und Michel Blaise  [1]). Zu meinem Erstaunen zeigte sich in sämtlichen Basidien und Basidiolen eine deutliche (siderophile) Granulation ,,sg".

Bernd Miggel

#6
Notizen
•   Die siderophile Granulation in den Basidien und Basidiolen war mir bisher für Arten der Gattung Gymnopus nicht bekannt.
•   Beim Trocknen dunkeln die Fruchtkörper stark nach, insbesondere die Lamellen, so dass man, im Zudammenhang mit der Siderophilie der Basidien, den Eindruck einer schwäzenden Lyumphyllumart haben könnte. 
•   Das Vorhandensein von Sklerotien konnte leider nicht untersucht werden, da zum Zeitpunkt der Artbestimmung keine Fruchtkörper mehr am Fundort aufzufinden waren.

Benutzte Literatur
•   [1] ANTONIN, V. & NOORDELOOS, M.E. (2010): A monograph of marasmioid and collybioid fungi in Europe: 226-230. – IHW-Verlag, Eching.
•   [2] BRESINSKY, A. & BESL, H. (2003): Schlüssel zur Gattungsbestimmung der Blätter-, Leisten- und Röhrenpilze. Regensburger Mykologische Schriften Band 11.
•   [3] GRÖGER, F. (2006): Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa, Teil 1: 227. Regensburger Mykologische Schriften 13.
•   [4] GRÖGER, F. & HUTH, M. (1982) - Collybia graveolens. Boletus Jg. 6 Heft 4: 69-74.
•   [5] LECOMTE. M. (2019): Microscopie et Champignons: 123. – Association des Mycologiques Francophones de Belgique.
•   [6] LUDWIG, E. (2012): Pilzkompendium Bd. 3: Nr. 105.1. - Fungicon-Verlag, Berlin.
•   [7] http://www.pilzepilze.de/cgi-bin/webbbs/parchive2009.pl?noframes;read=161444

Beiterag im Fundkorb: https://fundkorb.de/pilze/gymnopus-graveolens-sklerotien-blassporr%C3%BCbling

Viel Vergnügen beim Anschauen!

Bernd



Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729