Hilfe! Wir haben ein Mikroskop (mit kaputtem Objektiv)

Begonnen von SebastianF, November 14, 2022, 12:25:47 NACHMITTAGS

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SebastianF

Hallo,

Mein Sohn (9) hat ein ausgemustertes Schulmikroskop erstanden (20EUR).

Gerhard Wedig
Frankfurt/Main
Nr. 7323

(Die Firma wurde 1976 liquidiert)

Es macht einen sehr guten Eindruck, die Mechanik is sehr genau und solide, es ist sehr schwer, bestimmt 3kg (massiv Stahl).
Das Bild ist sehr scharf mit den beiliegenden Okularen (5x, 10x, 12x, 15x, 20x) und Objektiven (5x, 10x).
Leider fehlen in den grossen Objektiven (50x und 100x) die Linsen.

Ist es moeglich (und sinnvoll) die Objektive nachzukaufen?
Was muss ich dazu wissen und beachten?

Aufschrift auf dem 100x Objektiv (siehe auch Bild im Anhang)

Oel 100x N.A. 1.30 Wetzlar-O.

Ausserdem wuerde ich mich noch ueber einen Buchtipp (oder Webseite) freuen die uns hilft bei

- Praeparateerstellung (incl Anregungen zu Motiven)
- Reinigung (ich kann das Mikroskop komplett auseinandernehmen und sehe zb, dass auf den Spiegeln Staub ist)
- generelle Einsteigerinfos


Fraenzel

Hallo Sebastiian  und Sohnemann,
willkommen hier im Forum. Zu Deinen Fragen: zuerst empfehle ich dringend die Mikrofibel von Klaus Henkel (befindet sich oben rechts auf dieser Seite), dann kann ich unumwunden das große Kosmos Buch von Bruno P. Kremer u.a. für Präparationsideen vorschlagen. Zu den Objektiven: nützlich wären auch Fotos von den 5x und 10x Objektiven  (mit Beschriftung). Ich würde erstmal auf ein 20x und ein 40x Objektiv schauen. Das 100x ist sicher etwas für später.
Mikrogrüße
Peter
auch ich mag das "Du"

Peter V.

Hallo,

für einen 9jährigen ist ein 100er-Ölobjektiv sicher NICHT handlebar und insofern kann gut darauf verzichtet werden.

Woher weißt Du eigentlich, dass das 100er-Objektiv kaputt ist? Ihr habt es nur vermutlich nicht mit Öl benutzt!  ;) Das ist ein Ölimmersionsobjektiv!!! Da muss Öl zwischen Präparat und Frontlinse, und zwar spezielles sogenanntes "Immersionsöl". Ohne das gibt es kein brauchbares Bild.

Hezrliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

beamish

und ihr schreibt, daß bei den Objektiven die Linsen fehlen. Sowas hab ich noch nie gesehen, wie kommt ihr darauf?

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

rhamvossen

#4
Hallo,

Wir haben hier ein Anfänger der warscheinlich sehr wenig weiss von Mikroskopie, also

Zitatund ihr schreibt, daß bei den Objektiven die Linsen fehlen. Sowas hab ich noch nie gesehen, wie kommt ihr darauf?

Das kann er warscheinlich nicht gut beantworten.

Zuerst brauchen wir gute Bilder von das ganze Mikroskop und alle Objektive und Okulare.

Zitatzuerst empfehle ich dringend die Mikrofibel von Klaus Henkel

Das ist keine gute Quelle für Anfänger. Das schadet nur einem anfänger. Absolute Anfänger sollten mit so etwas beginnen:

https://www.lichtmikroskop.net/aufbau-bestandteile/

Beste Grüsse,

Rolf

Gerd Schmahl

Hallo Sebastian,
ich kann mich noch gut an mein erstes Mikroskop erinnern, mit dem ich etwa im gleichen Alter begonnen habe und ich arbeite auch heute noch viel mit Kindern. Mich haben schon als Kind die unvorstellbar kuriosen mikroskopischen Wesen im Wasser fasziniert. Dazu habe ich kürzlich eine kleine Einführungsschrift verfasst: Tümpeln als Hobby. Darin sind auch Tipps für Anfänger, besonders was die Ausrüstung angeht, was man selber basteln kann und was eher nicht.

Das empfohlene Buch von B.-P. Kremer "Das große Kosmosbuch der Mikroskopie" führt in weit mehr Gebiete der Mikroskopie ein und ist eine sehr gute Anregung für die Eltern. Für einen 9-jährigen ist das aber eine enorm anspruchsvolle Lektüre. Da empfehle ich das nur noch antiquarisch erhältliche Buch von Oxlade: Das Mikroskopierbuch zusammen mit einer Grundausstattung zur Präparation unter den Weihnachtsbaum zu legen. Was ihr auf jeden Fall braucht sind Objektträger, Deckgläser und eine Pipette. Eine Präpariernadel könnt ihr selber bauen (siehe die Tümpelschrift). Eine spitze Pinzette findet sich vielleicht im Haushalt. Das Herstellen der Präparate mit dem Auflegen des Deckglases will gelernt sein. (Wenn das Schulwissen verschüttet sein sollte, bitte nachfragen!) Das wird für den Junior die größere Herausforderung als das Handhaben des Mikroskopes. Hier ist eine schon recht gut entwickelte Feinmotorik und ein wenig Geduld unerlässlich, aber jeder wächst mit seinen Aufgaben.

Zu den Objektiven ist ja eigentlich schon alles gesagt worden und das kann ich auch alles so unterstützen: 100er Objektiv eher nichts für den Junior weil nur mit Immersionsöl zu betreiben, 20er und 40 Objektiv dazukaufen, wenn die hohen Vergrößerungen wirklich hinüber sein sollten. Das muss nichts Besonderes sein, aber sie müssen zu den vorhandenen passen. Dazu braucht es noch ein paar Infos gerne auch in Form von Fotos. Wichtige Kenngrößen, auf die Du achten musst sind
a) die optische Tubuslänge (steht auf ordentlichen Objektiven drauf z.B. 160 oder 170)
b) die Abgleichlänge (die steht nicht drauf, muss man messen: Mit dem 10er Objektiv scharf stellen und messen wie groß der Abstand vom Objekt bis zum Anschlag des Objektivgewindes ist, also die Trennfuge zwischen Objektiv und Objektivrevolver) Üblich sind heute i.d.R. 45mm, ältere Geräte haben aber oft kleinere Maße, je nach Hersteller.
Stimmen diese Maße nicht mit den vorhandenen Objektiven überein, ist der Objektivwechsel schwieriger, weil die Gefahr besteht, dass ein zu langes Objektiv beim Wechsel das Präparat zerstört oder sich selbst.
Wenn die Maße ermittelt sind, hier im Forum im Mikromarkt unter "Suche" fragen, oder Neuware beim Händler kaufen. Als Anfänger lieber keine Gebrauchtware aus der Bucht kaufen.

Viel Freude mit dem Gerät wünscht
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

SebastianF

Danke an alle erstmal fuer den herzlichen Empfang und den Beistand.

Zitat von: Fraenzel in November 14, 2022, 13:31:27 NACHMITTAGS
nützlich wären auch Fotos von den 5x und 10x Objektiven  (mit Beschriftung)

5X N.A. 0.11 Wetzler-O.
10X N.A. 0.30 Wetzler-O.
(Bilder im Anhang)

Zitat von: plaenerdd in November 14, 2022, 15:50:43 NACHMITTAGS
Kenngrößen, auf die Du achten musst sind
a) die optische Tubuslänge (steht auf ordentlichen Objektiven drauf z.B. 160 oder 170)
b) die Abgleichlänge ...

a) habe ich wohl nicht (nur das was oben steht)
b) werden wir messen

Zitat von: Peter V. in November 14, 2022, 13:36:17 NACHMITTAGS
Woher weißt Du eigentlich, dass das 100er-Objektiv kaputt ist? Ihr habt es nur vermutlich nicht mit Öl benutzt!

Bei den kleineren Objektiven ist von oben eine Linse zu sehen, die anderen sehen leer aus. Mit Oel haben wir natuerlich nicht probiert. Aber das ist sowieso zu unhandlich fuer uns.


Zitat von: plaenerdd in November 14, 2022, 15:50:43 NACHMITTAGS
Tümpeln als Hobby.

Das sieht super aus, Tuempler ist der Junior sowieo schon, wenn auch bisher mit 1X "vergroesserung". Die anderen Buchtipps werde ich mir ansehen.



Wutsdorff Peter

Grüß´ Euch Sebastian und Junior!
Als weiteren  Buchtipp der kleine Krämer:
Krämer: Mikroskopieren ganz einfach
Kosmos-verl. 2011
Gruß Peter

lsolbach

Hallo zusammen,

Ich finde, "Mikroskopieren ganz einfach" ist der bessere Einstieg im Vergleich zum "Das große Kosmos Buch der Mikroskopie". Ich hatte auch erst das letztere gekauft und dann das erstere nachgeordert. Da sind die Versuche deutlich einsteigerfreundlicher beschrieben. Wenn man das durchexerziert hat, dann kann man auch mehr mit dem Großen Buch anfangen.

Viele Grüße
Ludger

ortholux

Hallo Sebastian,

auch wenn ich jetzt meinen Vorrednern in den Rücken falle. Ihr seid doch optisch gut ausgestattet. Fangt einfach an!
Dann seht Ihr sehr schnell, wo die Grenzen sind. Eine kleine Fibel, in der einfache Präparationstechniken erklärt sind, und los! ,,Mikroskopie im Alltag, Mikroskopie für Jedermann" wären auch noch antiquarische Klassiker.

Ein passendes 40x Objektiv kann ich Euch günstig beisteuern. Aber es gibt ja schon ein 50x in Eurem Fundus. Das ist evtl. gar nicht defekt, sondern einfach schwieriger zu bedienen als schwache Vergrößerungen. Die Schärfeebene ist sehr klein und für den ungeübten schwer zu finden.

Für die Profis unter den Lesern: auf den vorhandenen Objektiven steht ,,Wetzlar". Von der Bauart sind sie ähnlich den Leitz-Objektiven. Ich unterstelle, daß es sich zu 99% um 170er Objektive mit 37mm Abgleichlänge handelt.

Herzliche Grüße
Wolfgang

Gerd Schmahl

#10
Hallo Sebastian,
Zitat von: SebastianFBei den kleineren Objektiven ist von oben eine Linse zu sehen, die anderen sehen leer aus. Mit Oel haben wir natuerlich nicht probiert. Aber das ist sowieso zu unhandlich fuer uns.
Objektive sind sehr unterschiedlich aufgebaut. Bei den höheren Vergrößerungen sind bei den einfachen Achromaten die Linsen weit in der Spitze, so dass Du sie "von oben" (wo bitte ist "oben" bei Dir?) - ich meine vom Gewinde aus kaum sehen kannst. Du siehst aber, wenn Du aus ca. 20cm Entfernung vom Gewinde aus in Richtung Fenster hinein schaust, das ganze Fenster. Außerdem erscheint die "Öffnung" vom Gewonde aus gesehen sehr viel größer als von der anderen Seite, wenn Linsen drin sind.
Das 50er Objektiv hat aber schon einen sehr geringen Arbeitsabstand (zwischen Frontlinse und Objekt) von weit unter einem mm und eine enorm geringe Schärfentiefe. Man ist, wenn man mit dem Grobtrieb arbeitet schnell an der Ebene des Objektes vorbeigerauscht. Du musst mit dem 10er scharf stellen und nur das 40er Objektiv einschwenken und dann nur mit dem Feintrieb arbeiten. Hilfreich ist es auch, die Aperturblende (die unter dem Tisch) etwas weiter zu zu ziehen, weil sich dadurch der Kontrast erhöht. Hat das Gerät einen Kondensor (Linsen unter dem Tisch, die das beleuchtende Licht auf das Objekt bündeln)? dann sollte daran auch eine Blende sein. Einfachere Geräte haben nur einen (Hohl-)Spiegel und oft nur Lochblenden auf einem Blendenrad, aber das würde nicht zu dem 100er Objektiv passen.

Stelle doch bitte, wie weiter oben schon von anderen erbeten ein paar Fotos vom ganzen Mikroskop ein! und vielleicht auch von den vermeindlich kaputten Objektiven, gerne im Durchblick auf eine Lichtquelle.

Die Firma ist nicht wirklich sehr bekannt, aber es gab früher viele Händler, die in Wetzlar produzieren ließen und dann unter eigenem Namen verkauft haben, z.B. als Schulausstatter. Vielleicht können wir an Hand von Fotos heraus bekommen, welche Firma dahinter steckt. LEITZ z.B. hatte früher 170mm Tubuslänge und später aber auch 160. Wenn nichts auf den Objektiven steht, musst Du auch die Tubuslänge selber messen. Das ist der Abstand von der Objektivauflage (also dem Spalt zwischen Objektiv und Revolver) und der Okularauflage (die Oberkante vom Rohr in dem das Okular steckt ohne das Okular). Ich vermute, dass das 170mm sind, aber das ist nur "gefühlt", weil die Objektive ein wenig an LEITZ erinnern.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Haus@Hund

Hallo Sebastian,

könnte es sein, dass es ein Mikroskop ähnlich diesem hier ist: https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anzeige/wetzlar-mikroskop-gerhard-wedig-nr-6029-mit-holzkasten/1964307204-245-4578 ?

Wenn ja, wage ich mal einen Tipp: Es könnte ein Kurs- und Laboratoriums-Mikroskop KA 2 von Will sein. Hier ein Auszug aus einer Broschüre von 1963, die ich in unserem (Hund, Wetzlar) kleinen Archiv gefunden habe:

https://www.dropbox.com/s/qu75d71qxqliiod/Auszug%20Prospekt%20Will%201963.jpg?dl=0

Wegen der "fehlenden Linsen" stimme ich Gerd zu, das war wohl damals eine gängige Bauart für Objektive. Zanger hatte noch lange solche Objektive (auch vor einigen Jahren noch, als sie noch in Weilmünster saßen). Beide Firmen (Will und Zanger) haben damals viel für den deutschen Markt unter anderen Labeln produziert, insbesondere auch für Optiker und Lehrmittelfirmen.

Viele Grüße aus Wetzlar
Jörg (haus@hund)

jochen53

Hallo Sebastian,
solche Mikroskope gab es in großer Zahl, sie sehen sich alle fast zum Verwechseln ähnlich. Wie Jörg bereits geschrieben hat, wurden viele davon unter Eigennamen verkauft, z.B. für Lehrmittelgroßhändler wie z.B. Phywe oder die Francksche Verlagshandlung Kosmos. Deren bekanntestes Modell war das Humboldt. Hergestellt wurden sie meistens von kleineren, heute weniger bekannten Herstellern, die z.T. auch Teile zukauften. Es ist manchmal etwas schwierig, Angaben über die mechanische Tubuslänge und die Objektivabgleichlänge zu finden. Zum Glück kann man die Tubuslänge an diesen Stativen ganz leicht mit einem Lineal messen. Von der Anschlagfläche des Gewindes am Revolvers bis zum oberen Rand des Okulartubus. Es werden wahrscheinlich entweder 160 oder 170 mm sein. Die Objektivabgleichlänge mißt Du am besten mit einer Schublehre an dem langen 100er Objektiv von vorderen Rand der Objektivfassung (Frontlinse) bis zur hinteren Anschlagkante vor dem Gewindebeginn. Das können z.B. etwa 37 mm sein, was u.a. dem damaligen Leitz-Maß entspricht.
Wenn Deine Messungen die Kombination 170 mm und 37 mm ergeben sollten, kannst Du das Stativ z.B. mit älteren Leitz-Objektiven (empfehlen würde ich einfache Achromaten) und einem einfachen Leitz Periplan-Okular ausstatten, wenn die dazu gehörigen Optiken defekt wären (was sie aber u.U. gar nicht sind). Wenn Dein Mikroskop dem von Jörg vermuteten Typ entspricht (toll wäre der bessere Typ KA 2 mit höhenverstellbarem Kondensor und Kreuztisch), sind da keine Spiegel im Strahlengang, nur der untere Beleuchtungsspiegel. Statt des Spiegels kannst Du z.B. eine 230 V-Ansteckleuchte mit einer E 14 LED-Kühlschrankbirne verwenden. Teile können Dir dazu sicher Mitglieder hier im Forum sehr günstig anbieten.
Viele Grüße, Jochen

Thomas Böder

Hauptmikroskope: Leitz Panphot, Ortholux, Zeiss Nf u. Technival 2
Kleinmikroskope: Leitz, Reichert, ROW, Lomo

ortholux

#14
Tja....wenn man offensichtlich ohne die richtige Tubuslänge zu kennen leider niemals mikroskopieren kann...


...dann lässt man es halt.  :-\

Aber falls Sebastian noch mitliest: Es spielt für Euren Einsatz keine Rolle, welche Tubuslänge, Abgleichlänge, chromatische Restfehler, etc. Euer Mikroskop hat. Lasst euch nicht verrückt machen! Meine Vorredner meinen es ehrlich gut - leider zu gut.

Wolfgang