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Meteoritenmikroskopie-Ecke

Begonnen von TStein, Februar 05, 2023, 14:53:03 NACHMITTAGS

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TStein

Hallo liebe Meteoritenbegeisterte,

ich möchte hier in diesem Sammel-Thread ein paar interessante Aspekte bezüglich der mikroskopischen Untersuchung der ältesten Materie in unserem Sonnensystem zusammentragen und lade alle herzlich dazu ein. Klassiche Untersuchungstechniken zur mineralogischen Untersuchung der kristallinen Struktur und den Bildungsbedingungen der Mineralien, wie Auflicht-Polarisationsmikroskopie, Durchlicht-Polarisationsmikroskopie an petrographischen Dünnschliffen, aber auch speziellere Analysetechniken, wie RAMAN-Mikroskopie, REM-EDX oder Fluoreszenz-Untersuchungen sollen/können hier beigetragen werden.
Ich würde gleich mal mit einem kürzlich hergestellten polierten Anschliff eines kohligen Chondriten vom Typ CV3 aus Nordwestafrika (NWA) beginnen. Diesen habe ich auf Ebay erstanden, selbst geschitten und poliert. Diesen Anschliff habe ich mit einem LEICA DMXRA in linear-polarisierten Licht (LPL) sowie mit gekreuzten Polarisatoren und jeweils mit Vergrößerungen von 5x, 10x, 20x aufgenommen. Interessante Strukturen sind hierbei Chondren, metallische Einschlüsse, Calzium-Aluminium-reiche Einschlüsse (CAI´s), sowie eine extrem schwarze, kohlenstoffreiche nanokristalline Matrix, welche u.u Nanodiamanten und vielfältige Kohlenstoffverbindungen enthält. Wenn mein Selbstbau-RAMAN-Mikroskop-Projekt soweit ist, werde ich hierzu noch entsprechende Untersuchungen an interessanten Stellen durchführen, aber derzeit sind die Filter leider noch im Beschaffungsvorgang.

Anbei erstmal ein paar interessante Chondren:
Lg Tino

TStein

Und weiter gehts mit den Chondren:

TStein

Und noch ein paar CAI´s, bzw Matrix-Aufnahmen:

TStein

Und noch eine interessante Chondre mit Rissen:

An die Spezialisten: Könnten dies vllt. Schockstrukturen/Schockrisse sein?

TStein

Und noch fix ein Übersichtsbild mit dem Handy-Makro:

Florian D.

Hallo Tino,

ganz tolle Bilder, vielen Dank für's Zeigen! Die Chondren sind wohl Pyroxene?

Viele Grüsse
Florian

hugojun

#6
Hallo Tino ,

wirklich super Bilder, da werde ich direkt neidisch.

Zum Beitrag 05.02.2023 - 15:05Uhr

,,An die Spezialisten: Könnten dies vllt. Schockstrukturen/Schockrisse sein?"

Ich würde diese Spaltung für ,,PF" halten = ,,Planar Fractures". Sie unterscheiden sich zu den ,,PDF" in ihrem Abstand zueinander.

PF haben Abstände von 10µm bis eignen 10 µm, die PDF nur wenige µm.

Zudem nehmen PDF mehrere Richtungen ein.

PF entstehen bei geringeren Schock-Auswirkungen 5 – 30 GPa( S-Klassen nach Stöffler et.al 1991) und sind meistens begleitet von undulöser

bis isotroper Auslöschung des Mineralkorns ( z.B. Olivin) ( S3- S4). Die PDF entstehen bei Drücken über 35 – 55GPa , S 5 bis Aufschmelzung und Glasbildung.

Wenn dein gezeigtes Korn kaum undulös Auslöscht , würde ich für 2>S<3 plädieren , dafür spricht auch , dass kaum/gar nicht Metall mobilisiert wurde  .

Auch Schockadern kann ich in den Bildern nicht sehen .

Allerdings können 2 Thermische Ereignisse den Meteoriten geprägt haben , da du eine schöne Chondre mit Ring abgebildet hast

LG
Jürgen


TStein

Hallo Florian,

mineralogisch bin ich leider nur ein interssierter Laie (mit Technikfimmel). Soweit ich das einschätzen kann, sollten die Chondren hauptsächlich aus Pyroxenen und/oder Olivinen bestehen, wobei die Pyroxene wohl eher ein strahliges Wachstum zeigen und die Olivine eher eine Balkenstruktur.
Eine recht umfassende Beschreibung über die angenommenen Entstehungsmechanismen, bzw. Kristallisationsbedingungen ist beispielweise hier nachzulesen:
http://www.meteoritestudies.com/protected_append1.htm#cho

Wirklich sehr interessant ist hierbei, dass durch die Isotopen-, Elementverteilungen, bzw radiologischen Altersbestimmungen an den unterschiedlichen Meteoritenklassen, bzw. -mineralien, sehr genaue Rückschlüsse auf die Bildungsmechanismen unseres Planetensystems gezogen werden können. So kann man zeitlich recht genau einordnen, wie schnell sich die Gasriesen in der Frühphase des Sonnensystems, allen voran Jupiter, gebildet haben. Ab einem bestimmten radiologischen Alter der Meteoriten treten beispielsweise nur noch bestimmte Mineraliengruppen auf, wobei es ab dann eine recht strikte Trennung zwischen recht hohen Bildungstemperaturen, bzw. niedrigen gibt, mit viel kohlenstoff- und wasserhaltigen Mineralien, bei den Letzteren. Vorher war alles gut durchmischt, aber seit dem der Jupiter groß genug war, um alles in der Übergangszone "wegzusaugen", gibt es diese strikte Trennung.

Lg Tino

TStein

Hallo Jürgen,

danke für deine Einordnung des Schockstadiums der rissigen Chondre. Leider bräuchte man für die Untersuchung der Auslöschung wahrscheinlich einen Dünnschliff, oder?
Wenn ich mein RAMAN-Mikroskop am Laufen habe, würde ich mich freuen, wenn wir zusammen vllt. eine kleine wissenschaftliche Untersuchung starten. Der Mikroskopaufbau sollte im besten Falle auch ein automatisiertes Mapping können, sodass man beispielweise wissenschaftlich interessante Übergangsbereiche an den Chondren, bzw. exotische Hochdruckmineralien in stark geschockten Meteoriten untersuchen könnte. Die RAMAN-Filter sind bereits unterwegs, aber da sie aus den USA kommen, gibt es doch einige unerwartete Hürden, wie beispielweise eine förmliche Endverbleibserklärung, da es anscheinend Dual-Use-Güter sind.
Ich bin dann echt mal auf die ersten Spektren gespannt.

Lg Tino   

hugojun

Hallo Tino,

ja, für die Beobachtung der undulösen Auslöschung braucht man Dünnschliffe.
Im Anschliff findet man Anhaltspunkte in den opaken Phasen Metall und Troilit .
Bei höheren Schockklassen findet man Schockadern, das sind geschmolzene Silikate und opake Phasen, die unter Druck in Spaltrisse drängen und glasartig erstarren. Da Schockereignisse zwar hohe Temperaturen erzeugen können, aber wegen ihrer kurzen Dauer nur sehr lokal auftreten, beeinflussen sie die petrographische Zuordnung kaum. Lediglich die Metalle können durch Nach-Schock-Temperaturen (z.B. S< 5; T< 600°C) eine Sinterung erfahren.

LG
Jürgen

TStein

Hallo liebes Forum, hallo liebe Meteoritenbegeisterte,

ich habe über Weihnachten ein paar Versuche bezüglich Erstellung von großflächigen Stitchings von meinen Meteoritenanschliffen durchgeführt. Ich hoffe es gefällt.

Vllt. erstmal ein paar Infos zur Technik:
- Leica DMI6000 - Inverses Forschungs-Mikroskop mit Komplettautomatisierung (Tisch, Fokus, usw.)
- Auflicht mit gekreuzter Polarisation (XPol)
- C-Mount Kamera von FLIR/PointGrey mit 20Mpx Sony IMX-183 Farbsensor, 2-fach Binning (also jeweils 4Mpx)
- Objektiv 10x HC-PL Fluotar
- automatische Bildaufnahme mit einem Array von 14 x 14 Bildern, also pro Stitching jeweils 196 Bilder
- Mikroskopsteuerung mittels MicroManager
- teilautomatische Bildmontageerstellung, mit Overlap-Alignment usw. mittels ImageJ
- Finale Bildbearbeitung: Flatfielding, leichtes Gauss-Weichzeichnen 0.7px, CLAHE (enhance local contrast)

Finale Bildgröße jeweils etwa 100-150MB, Jpg-komprimiert, Pixel-Auflösung etwa 780MPixel (0.5µm/Px), optisch also etwa 1µm, geometrische Bildgröße etwa 15mm x 10mm. Vereinzelt läuft etwas der Focus weg, da die Ebenheit der Anschliffe nicht perfekt ist.

Fürs Forum jeweils kleingerechnet, die Originalbilder kann man von meinem Google Drive herunterladen:
Ging dann auch relativ fix, wenn man weiß, wie es geht. :)

Los gehts:

Bild 1: JAH054 Ureilite mit Mikrodiamanten:
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/1QKYcM7p5IDKtCrbpgCD3rZoYMHOEWHtR/view?usp=sharing

Bild 2: NWA6368-CV3 Kohliger Chondrit:
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/1yCCjJMN_4hc8mwdyJtUWUctp6A4NkPnB/view?usp=sharing

Bild 3: NWA14228_URE Ureilite Polymict, Position 1, recht selten
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/150B_sjDD5KZmGiRKd-2FRw3vbjabEgF7/view?usp=sharing

Bild 4: NWA14228_URE Ureilite Polymict, Position 2, recht selten
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/1FR9S-VJHloVqM5Zm9m04euQVXwsOx6E_/view?usp=sharing

Der Rest folgt.

Lg Tino
 


TStein


TStein

#13
Und die letzten 4:

Bild 13: NWAX3-CV3 Kohliger Chondrit Position1, mit CAIs
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/11RhV2S-CYFHeOstIPygxJSre-JEznwX6/view?usp=sharing

Bild 14: NWAX3-CV3 Kohliger Chondrit Position2, mit CAIs
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/1bXKAnP0IpF3bkrZrXsluQEvYoO3Ryv0o/view?usp=sharing

Bild 15: NWAX4-Ordinary1 Gewöhnlicher Chondrit
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/1ahxYAKrXjLl718YBf0VI4Npwx3WlaSFW/view?usp=sharing

Bild 16: NWAX5-Ordinary2 Gewöhnlicher Chondrit
Full Resolution - https://drive.google.com/file/d/18Epsj5O-6lAdj8OcWoWdeZTOvP4o4RFE/view?usp=sharing

Lg Tino

hugojun

Hallo Tino,
nach langer Zeit nochmal was ganz Spezielles für die ganz wenigen Meteoriten-Fans hier in diesem Forum.
Danke fürs zeigen.
Mein Favorit ist die NWA15404 L-Melt Brekzie.
Im Zentrum der Abbildung der NWA15404 L-Melt Brekzie ist die eutektische Metall-Troilit-Verwachsungen deutlich zu erkennen. Ein typisches Merkmal der höchsten Post-Schock- Temperaturen
LG
Jürgen