Der Grünalgen-Faden Microspora sp

Begonnen von KayZed, April 12, 2023, 12:51:32 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

KayZed

Hallo Algenfreunde,

ich habe in Bernds Beitrag zu Ulothrix vermutlich einen Schnellschuss gemacht, der daneben ging.
Hier ein Teil meines dort einführenden Textes (inzwischen gelöscht):

"Ich habe gestern auch eine Fadenalge in einer Tümpelprobe gefunden, die ich eventuell der Ulothrix-Gattung zuordnen würde.
Diese Fadenalgen sind sehr schwer zu bestimmen. Meine Exemplare haben eine Breite von knapp 20 µm, relativ dicke, eingeschnürte Zellwände. Der Chloroplast ist wandständig, mittig könnte der Zellkern (a) liegen (bin mir nicht ganz sicher)."

Die Algenfäden gehören aber wohl nicht, wie ursprünglich vermutet, zur Gattung Ulothrix. Es fehlen die Pyrenoide. Außerdem zeigen viele Fäden am Ende offene Halbzylinder (c), zum Teil vermeine ich Doppelzellen zu erkennen bzw. Zellen nach der Teilung (b) und es handelt sich wahrscheinlich um viele kleine Chloroplasten. Deshalb halte ich die Gattung Tribonema aus der Klasse der Xanthophyceen mittlerweile für zutreffender. Ein Konsultation der "British Algal Flora" (p 333f) legt diese Vermutung nahe.



Ich kenne Tribonema-Fäden nur wesentlich dünner. Nach der Algal Flora könnten in dieser Dicke T. viride oder utriculosum in Frage kommen. Allerdings kann ich in meiner Probe inzwischen einen starken Zerfall in eher rundliche, vakuolisierte Einzelzellen beobachten. In der Literatur konnte ich darauf bislang keinen Hinweis finden.



Zusätzliche Aufnahmen im DIK 100 haben keine weiteren Details zu Tage gefördert. Vielleicht kann jemand meine neue Zuordnung kommentieren.

Liebe Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Ole Riemann

Lieber Klaus,

zur Artbestimmung kann ich nichts beitragen, ich sehe es aber wie Du: die Zellwandstrukturen an den Fadenenden sehen verdächtig nach Tribonema aus. Und dass zahlreiche kleine Chloroplasten vorliegen, finde ich recht eindeutig.

Ich bin bei den grünen unverzweigten Algenfäden immer sehr unsicher, Merkmale wie Kern, Pyrenoide, Chloroplasten finde ich nicht immer leicht zu erkennen.

Schöne Grüße

Ole


SNoK / Stephan Krall

Lieber Klaus,

ich habe in meine Bücher geschaut. Im Huber-Pestalozzi, Band XVI, 2. Teil, 1. Hälfte wird diese Algengattung, die in die Heterokonten eingeordnet ist, genau beschrieben. Ich weiß nicht, ob Du den Band hast. Deine Zellen sind fast quadratisch. Da kommt eigentlich T. viride nicht in Frage, deren Zellen zwei- bis achtmal so lang wie dick sind. Eher kommt schon T. utricolosum hin. Ich habe Dir mal den reinen Bestimmungsschlüssel gescannt. Das ganze Kapitel ist mir mit 17 Seiten zu viel.

Grüße
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Kurt

#3
Hallo Klaus,

diese sehr zarte fadenförmige Grünalge habe ich heute fotografiert und hänge sie als Ergänzung einfach mal an. Die Zellen sind 10 x 6 µm groß und der Zellkern ist gut zu sehen. Zur genauen Bestimmung kann ich nichts sagen, denn dafür fehlt mir Literatur und Erfahrung. Vielleicht macht es dir Spaß, dich damit zu beschäftigen.

Viele Grüße
Kurt


KayZed

#4
Lieber Ole,

danke für deine Rückmeldung.
Mir geht es mit der Bestimmung gerade von Algen genauso. Es ist nicht mal sicher, ob ich zumindest in der Gattung mittlerweile richtig liege.
Trotzdem oder gerade deshalb, die Bestimmungsarbeit macht mir Spass, weil ich mich dann intensiver mit den Organismen beschäftigen muss und vielleicht ein wenig über deren Biologie lerne.

Lieber Stephan,

es ist schön, dass du auch nicht gleich locker lässt. Herzlichen Dank für deinen Bestimmungsschlüssel von Tribonema. Den betreffenden Huber-Pestalozzi-Band habe ich leider nicht, aber wie du vielleicht erkennen kontest,  mir die "Freshwater Algal Flora" angeschafft. Das ist schon eine deutliche Steigerung und Spezifizierung gegenüber den Kosmos-Bänden (Wassertropfen, Algenführer). Dennoch ist es zwangsläufig immer noch eine begrenzte Auswahl.

In den Zeichnungen dieses Bandes wären die Zellen sowohl von T. viride als auch T. utriculosum zu lang (etwa 3:1), in den Maßangaben könnten dort beide gerade noch passen. Rein von der Zellform her käme in der Algal Flora am ehesten eigentlich die mit Tribonema verwandte Xanthonema quadrata (der Name sagt es schon) in Frage (auch im Wassertropfen S. 122). Allerdings ist die Beschreibung dieser Art in beiden Büchern so knapp, dass sie keine klare Zuordnung zulässt. Ich will auch nicht ganz auschließen, dass darüber hinaus die Grünalgengattung Microspora in Betracht zu ziehen ist.
Die unterschiedlichen Zellgrößen im Faden und den ausgeprägten Zerfall in Einzelzellen fand ich bisher nirgends explizit erwähnt.

Wie ihr seht, Ole und Stephan, das Ganze könnte fast in eine kriminalistische Spurensuche ausarten. Sofern nicht jemand einen weiteren Einwurf bringt, will ich es mangels weiterer Indizien bei diesen groben Zuordnungen belassen.

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

SNoK / Stephan Krall

Lieber Klaus,

ich scanne Dir morgen noch ein bisschen mehr über Tribonema ein.

Grüße, und es geht weiter,
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK)
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

schmidt

Hallo Algenfreunde,

die gleiche Art der Zellteilung und Zellwandbildung wie Tribonema weist auch die Gattung Microspora auf. Diese haben in der regel nur einen Chloroplasten/Zele, oft erkennbar netzförmig durchbrochen.  Das ist nicht immer auf Anhieb zu erkennen, man muss genau durchfokkusieren. Es  könnte also auch diese Gattung sein zmal das L/B Verhältnis ganz gut passt.

LG
pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

Lieber Kurt,

schöne Aufnahme!
Die H-förmigen Zellwandstücke, das eher rechteckige Längen-Breiten-Verhältnis und die fehlenden Pyrenoide scheinen tatsächlich auf eine Tribonema hinzudeuten. Der zentrale Zellkern ist wohl kein Bestimmungskriterium.

Weiter will ich nicht spekulieren, was ich bei meiner Fadenalge schon hinreichend getan habe. Mittlerweile ziehe ich auch wie im Vorschlag von pschmidt die Microspora-Gattung in die engere Wahl. Ich werden nochmal versuchen, ein paar Fäden in meiner Probe genauer unter die Lupe zu nehmen.

Sei herzlichst gegrüßt
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

KayZed

Hallo zusammen,

heute habe ich die vermeintlichen Tribonema- bzw. Microspora-Faden bei geringer Schichtdicke nochmals durchgemustert und eigentlich keine neuen Details gefunden, weshalb ich auch kein weiteres Bild einstellen will.

Die Zellen sind proppevoll mit Chloroplasten. Auch die Fokussierung auf die höchste Ebene zeigt keine Zellwände. Interessanterweise fand ich heute keine H-Endstücke mehr. Auffällig ist, dass sich die im Schnitt 15-20 Zellen langen Fäden sehr schnell in Einzelzellen auflösen. Dabei runden sie sich deutlich ab und entwickeln einen stark vakuolisierten Innenbereich (siehe 2. Bild).
Deutet der starke Zerfall der Fäden doch eher auf Microspora hin?

LG KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

schmidt

Hallo,

Auf die Frage von KlausZ, auf die Schnelle habe ich in der Literatur den Hinweis für Microspora gefunden "Vermehrung durch Zerfall des Fadens oder Akineten". Für Tribonema habe ich so eine Information nicht gefunden. Ich selbst habe Tribonema bisher immer als ziemlich stabile, nicht zerfallende Fäden gefunden.
Interessant noch der Hinweis zu Microspora "einige Arten tolerieren hohe Schwermetallkonzentrationen" leider ohne Artangabe.
Die Angaben sind aus LANUV -Arbeitsblatt 9 des Landesamtes für Natur- Umwelt- Verbraucherschutz NRW

VG
pschmidt
Mikroskope:
Lomo Biolam Ph+; DF; HF-Abbe; Epi HF/DF/Pol; Epi-Fl; //Biolar DIK, IK, Ph variabel+-//
Nikon Eclipse -U  HF; DIK, Ph+, Epi-Fl//
MBS 10

KayZed

#10
Hallo pschmidt,

ich habe heute noch den Lugol-Test gemacht und der ist eindeutig positiv, d.h. der Stärkenachweis schließt die Xanthophyceen aus und macht die Chlorophyceen-Gattung Microspora sehr wahrscheinlich. Auch die leicht in Einzelzellen zerfallenden Zellen, wie sie im LANUV-AB erwähnt werden, unterstützen diese Zuordnung.

Die Lukol-Färbung wurde im DIK 50 aufgenommen.

Nochmals herzlichen Dank für die Bestimmungshilfen und Grüße
KlausZ



PS: Ich habe nun den Betreff entsprechend geändert
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7