Interessante Pilzfunde 65 - Graustiel-Speitäubling

Begonnen von Bernd Miggel, April 16, 2023, 18:53:23 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Der Graustiel-Speitäubling Russula grisescens (Syn. R. hydrophila) ist eine nicht sehr häuftige Art, die in der Roten Liste Pilze Deutschlands (2016) als gefährdet geführt wird. Er gehört als mittelgroße, scharf schmeckende Art mit rotem Hut, weißen Lamellen und in jungem Zustand weißem Stiel in den Verwandschaftskreis des Kirschroten Speitäublings Russula emetica.

Bernd Miggel

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#1
Der Graustiel-Speistäbling geht eine Mykorrhiza mit Birken und Nadelbäumen, insbesondere Kiefern oder Fichten, ein. Er wächst auf sauren Böden, besonders gerne in feuchtem bis nassem Milieu,  tief ins Moos eingesenkt, z.B. in Mooren, zwischen Torfmoosen oder Goldenem Frauenhaarmoos.

Bernd Miggel

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#2
Makroskopische Merkmale

Wir haben es mit einem mittelgroßen, fragilen Pilz zu tun. Der Hutdurchmesser ausgewachsener Exemplare beträgt etwa 3-8 cm. Die Huthaut ist bei feuchtem Wetter klebrig, glänzend und glatt oder gerieft und lässt sich etwa zur Hälfte abziehen. Die Farbe des Hutes kannn ein freudiges Kirschrot sein (Bild 1) und täuscht dann den Kirschroten Speitäubling Russula emetica vor. Sollte die Farbe trüb rot bei etwas dunklerer Hutmitte ausfallen (Bild 2), fühlt man sich an den Wässrigen Täubling Russula aquosa erinnert. Oft sind die Hüte allerdings blass rot oder rosa (Bilder 3 und 4). Auch blass orange Farbnuancen kommen vor (Bilder 5 und 6).

Die Lamellen sind dünn, sehr brüchig und reinweiß. Die Stiele verdienen besondere Aufmerksamkeit. Nimmt man ein ausgewachsenes Exemplar in die Hand, so erkennt man zum einen ihre starke Fragilität und zum anderen die deutliche Grauverfärbung des Stiels. Diese Graufärbung in den Bildern 5 und 6 und angedeutet in Bild 1 zu sehen.

Bernd Miggel

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#3
Das Fleisch ist reinweiß und im Stiel schwammig weich.
Der Geschmack lässt sich mit ,,sehr scharf, jedoch nicht brennend scharf" bezeichnen. Geruchlich erinnern die Pilze schwach an Obst.

Makrochemische Farbreaktionen. Das Betupfen der weißen Lamellen mit Eisensulfat ergibt einen deutlichen Rosaton.

Die graue Stielfarbe bleibt auch im Exsikkat erhalten, wo sie noch deutlicher (dunkelbraun, schwarzbraun) in Erscheinung tritt (Bild 7).

Bernd Miggel

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#4
Mikromerkmale

Der frisch ausgefallene Sporenstaub ist reinweiß, d.h. Ia nach der Farbtabelle in MARXMÜLLER (2014).

Die Sporen der Funde (Bild acht) sind ellipsoid und besitzen ein Ornament aus bis zu 0,7 µm hohen Warzen, die teilnetzig bis netzig miteinander verbunden sind. Das Ornament inklusive Hilarfleck färbt sich in Melzers Reagenz schwarz, d.h. es ist stark amyloid.
Bei einer Stichprobe, bestehend aus 45 repräsentativen Sporen ergaben sich mit 95-prozentigem Vertrauensniveau folgende Werte:

L x B = 6,9-9,1 x 5,5-7,2 µm        Q = 1,13-1,41

Darin sind L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad L/B.

Bernd Miggel

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#5
Zur Bestimmung von Täublingen ist der Aufbau der Huthaut wichtig. Beim Graustiel-Speitäubling enthält sie außer den Epikutishaaren noch zahlreiche zylindrische bis schlankkeulige, 1- bis 2-zellige Pileozystiden, deren Inhalt sich in Sulfovanillin grau bis schwarz verfärbt (Bild 9).

Bernd Miggel

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#6
Verwechslungsmöglichkeiten
Der Graustiel-Speitäubling kann mit einigen ähnlich großen, ähnlich gefärbten, scharf schmeckenden Arten verwechselt werden:
•    Der Kirschrote Speitäubling Russula emetica besiedelt zwar ebenfalls gerne feuchte Nadelwälder. Doch findet man ihn kaum einmal zwischen Sphagnum. Bei ihm hat der Hut ein knalliges Rot, die Huthaut ist fast ganz abziehbar, und der Stiel bleibt auch bei ausgewachsenen Exemplaren reinweiß. Auch ist er im Geschmack deutlich schärfer. Die Pileozystiden sind gerne kopfig uind besitzen oft 3-4 Septen.
•    Der Kiefern-Speitäubling Russula silvestris ist eine kleine Art trockener, saurer Böden. Er kommt sowohl und Laub- als auch unter Nadelbäumen vor. Sein Hut bleicht gerne nach Creme oder Gelblich aus, und seine Huthaut ist fast komplett abziehbar. Der Stiel bleibt bei ihm reinweiß.
•    Der Wässrigen Täubling Russula aquosa besiedelt die gleichen Habitate wie unsere Art. Bei ihm ist der Hut trüb rosalila gefärbt mit stets deutlich dunklerer Hutmitte. Der Stiel bleibt in etwa reinweiß, und der Geschmack ist fast mild bis leicht scharf.


Literatur
•    Ein Feldschlüssel für Täublinge
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern: Nr. 51.
•    KRÄNZLIN, F. (2005): Kränzlin: Pilze der Schweiz Band 6, Russulaceae: Nr. 205.
•    MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones Bd. I: 264-267.
•    http://www.pilzflora-ehingen.de/pilzflora/arthtml/rgrisescens.php
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-griseascens-graustiel-speit%C3%A4ubling

Viel Vergnügen beim Anschauen!
Bernd



Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

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https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729