Interessante Pilzfunde 92 - Honig-Täubling

Begonnen von Bernd Miggel, Oktober 10, 2023, 17:17:22 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Bei dem hier beschriebenen Honig-Täubling Russula melliolens gibt es ein Alleinstellungsmerkmal: Das sind seine kugelrunden Sporen mit spinnwebartig zartem Netzornament. Dieser sehr groß werdende Cremesporer besitzt einen meist braunen bis roten Hut, cremefarbene Lamellen, einen weißen Stiel und einen beim Trocknen charakteristischen Geruch nach Honig. Er wächst bei Eichen und Rotbuchen auf schwach sauren bis schwach alkalischen Lehmböden, und zwar besonders gerne an Waldrändern, in Parkanlagen und auf Friedhöfen. In der Roten Liste von 2016 wird er in der Kategorie 3 (gefährdet) geführt.

Ein großes ,,Dankeschön" an Helga Marxmüller, Karl Wehr und Uwe Winkler für Zeichnungen und Fotos.


Bilder 1-3 – Russula melliolens am Fundort bei Eichen. Hutfarbe KW 11A8-11F8 (karminrot). Man kann deutlich die Gelbverfärbungen am Stiel und im Bereich der Lamellenschneiden erkennen. Fotos: Uwe Winkler.







Bernd Miggel

#1
Makroskopische Merkmale

Die Hüte werden bis zu 13 cm breit. Sie sind anfangs konvex, breiten sich dann flach aus und bekommen schließlich eine vertiefte Mitte. Die Huthaut ist glatt oder etwas körnig, glänzend, feucht klebrig und lässt sich bis zur Hälfte des Radius abziehen. Der Hutrand reifer Fruchtkörper ist gerieft. Als Farben finden sich alle Schattierungen von braun bis rot: lachs- oder orangerot, fleischrosa, karminrot, violettrot, kupferfarben, purpurbraun, purpurschwarz, meist mit dunklerem Zentrum und oft rostgelb gefleckt.


Bild 4
– Russula melliolens am Fundort. Hier kommt der köckrig geriefte Hutrand gut zum Ausdruck. Hutfarbe KW 7A8-7F8 (bräunlich orange). Foto: Karl Wehr.


Bernd Miggel

#2
Die Lamellen sind im reifen Zustand blass creme und oft, insbesondere im Bereich der Schneiden, gelb- oder braunfleckig. Die Schneiden sind mitunter rot. Die Stiele sind zylindrisch bis schlankkeulig, längsaderig und weiß. Im Alter werden sie, besonders basal, gelb- bis braunfleckig. Das Fleisch ist weiß, im Stiel voll oder etwas markig und gilbt langsam an der Luft. Der Pilz ist im frischen Zustand geruchlos. Alte oder getrocknete Exemplare nehmen einen deutlichen Honiggeruch an. Im Geschmack sind die Pilze mild.


Bilder 5-6 – Russula melliolens mit frisch ausgefallenem, hell cremefarbenem Sporenstaub. Hutfarbe KW 10C8-10F8 (braunrot). Fotos: Bernd Miggel.




Bernd Miggel

Sporenstaubfarbe
Das frisch ausgefallene Sporenpulver ist blass creme, etwa IIb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER 2014.

Makrochemische Farbreaktionen

FeSO4 ergibt eine rosa Reaktion.


Mikroskopische Merkmale

Die Sporen sind einzigartig unter den Täublingen. Sie sind fast kugelrund, und die Ornamentation besteht aus winzigen, etwa 0,2 µm hohen Warzen, die durch dünne ,,Linien" netzartig miteinander verbunden sind.  Maße nach EINHELLINGER 1985 (mit L Länge, B Breite, Q = L/B Schlankheitsgrad und V Volumen:

L X B = 8,5-11,5 x 8-10 µm     Q = L/B = 1,09     V = 375 µm3


Bild 7 –  Sporen in Melzer's Reagenz. Foto: Bernd Miggel.


Bernd Miggel

Die Epikutis (oberste Schicht der Huthaut) besteht aus Epikutishaaren und Pileozystiden. Die Epikutishaare (,,eh" in Bild 8) sind wellig, langgliedrig, apikal meist verjüngt, ab und zu verzweigt und mit 2-4 µm Breite sehr schlank. Die Pileozystiden (,,pz" in Bild 8) sind zylindrisch, vielfach septiert, 3-8  µm breit und reagieren nur partiell grau bis schwarz in Sulfobenzaldehyd.


Bild 8 –  Mikromerkmale von R. melliolens : pz = Pileozystiden, eh = Epikutishaare, sp = Sporen, hz = Hymenialzystiden. Aus MARXMÜLLER 2014.


Bernd Miggel

#5
Ähnliche Täublinge
•    Der Lederstiel-Täubling (Russula viscida) ist robuster, der Stiel viel härter und von unten her charakteristisch bräunend. Seine Lamellen schmecken meist deutlich scharf; auch ist er völlig geruchlos. 
•    Der Hainbuchen-Täubling (Russula carpini) besitzt einen meist polychromen Hut, oft mit Violetttönen, sein Sporenpulver ist gelb, und er wächst ausschließlich unter Hainbuchen.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 91.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 352-353.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2: 504-505.
•    KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 162.
•    KW: KORNERUP A. & WANSCHER J.H. (1981): Taschenlexikon der Farben.
•    MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 492-495.
•    MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V Blätterpilze – Milchlinge und Täublinge: Nr. 130.
•    SCHÄFFER, J. (1952): Russula-Monographie. Die Pilze Mitteleuropas Band III: Nr. 25.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Honig-T%C3%A4ubling
(heruntergeladen am 5.10.2023)
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-melliolens-honigt%C3%A4ubling

Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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