Pilzbefall in Pflanzen - Anwendung der PAS Reaktion

Begonnen von Alf, Dezember 19, 2023, 21:34:58 NACHMITTAGS

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Alf

Schon länger beschäftige ich mich damit pilzinfizierte Pflanzenteile möglichst selektiv und differenziert zu Färben. Die Pianese-Färbung erlaubt in einem gewissen Maß gute Ergebnisse, hat jedoch deutliche Nachteile. Sie funktioniert nur dort gut, wenn das Wirtsgewebe schon verholzt, denn nur dann färbt sich das verholzte pflanzliche Gewebe durch Malachitgrün an. In vielen Blättern und frühen Stadien der Pilzinfektion fehlt die Lignifizierung als Abwehrreaktion auf den eindringenden Pilz, wodurch die Pianese-Färbung schlecht differenzierte Resultate gibt.

Die PAS-Reaktion ist eine weit verbreitete histologische Technik, mit der sich in der tierischen Histologie z.B. Kohlenhydrate, Mukopolysaccharide und Glycoproteine färben lassen. Gemeinsamer Nenner zum Gelingen der Färbung ist das Vorhandensein benachbarter Diol-Gruppen. Im ersten Schritt des Protokolls werden die benachbarten Diol-Gruppen durch Einwirken von Periodsäure zu Aldehyden oxidiert (vgl. Malaprade-Reaktion). Im zweiten Schritt werden die gebildeten Aldehyd-Gruppen mit Schiffschem Reagenz farblich markiert. In tierischem Gewebe lassen sich z.B. Pilze, deren Zellwand hauptsächlich aus Chitin, und anderen Glucanen und Glycoproteinen besteht differenziert nachweisen, da tierische Zellen keine Zellwand haben und großteils PAS negativ sind.

Bei Pflanzen ist die Angelegenheit schwieriger, da pflanzliche Zellwände aus Cellulose bestehen, welche ebenfalls PAS positiv ist. Würde man nun einen pilzinfizierten Pflanzenteil einer PAS Reaktion unterziehen, würden sich sowohl der Pilzhyphen, als auch Pflanzenzellen, sowie viele Inhalte in pflanzlichen Zellen (z. B. Stärke-Granula, ...) rosa anfärben und man würde eine schlechte Differenzierung erhalten.

Die Voraussetzung zur Durchführung einer PAS-Reaktion ist das chemische Vorhandensein benachbarter -OH Gruppen (vicinales Diol), oder zumindest laut dieser Quelle auch eine benachbarte -OH und eine -NH2 Gruppe (https://www.stainsfile.com/theory/methods/schiffs-reagent-reactions/periodic-acid-schiff-reaction/), damit diese durch die Periodsäure in Aldehyde gespalten werden können. Strukturell betrachtet sollte Chitin damit PAS negativ sein, da keine vicinalen Diole vorkommen, und die -NH2 Gruppe im Chitin acetyliert ist. Durch Acetylierung von -NH2, oder -OH Gruppen kann die Periodäsure Oxidation nicht Ablaufen und die Reaktion wird blockiert, was auch zu manchen Färbungen herangezogen wird (vgl. https://www.stainsfile.com/supplementary/aceytlation-periodic-acid-schiff-reaction/). Die Anfärbbarkeit pilzlicher Zellwände muss damit auf anderen assoziierten Bestandteilen beruhen.

In dieser Versuchsreihe, die im Laufe der Zeit fortgesetzt werden soll, soll durch verschiedene Reaktionen schlussendlich eine isolierte Anfärbbarkeit pilzlicher Zellanteile in pflanzlichem Gewebe entstehen durch Kombination der PAS-Färbung und verschiedenen Gegenfärbungen. In einem Artikel aus 1955 (A PERIODIC ACID-SCHIFF TECHNIQUE FOR STAINING FUNGI IN HIGHER PLANTS BY DONALD M. DRING) wird ein Protokoll vorgeschlagen, welches ich etwas abgewandelt umgesetzt habe und gemischte Ergebnisse erhielt.

Verwendet wurden 2 schon verschiedene Pilz infizierte Pflanzenteile, einmal der Birnengitterrost auf einem Blatt und einmal Rhytisma acerinum auf einem Blatt. Verglichen wurde die klassische Pianese Färbung, FCA-Färbung, sowie die im folgenden Protokoll vorgestellte PAS-Astrablau/Malachitgrün Methode.

Folgende Lösungen sind erforderlich:
  • Schiffsches Reagenz (am besten möglichst frisch, sonst ein PAS positives Präparat zur Kontrolle mitfärben): für 50 ml Schiffsches Reagenz: 0,25 g basisches Fuchsin (besser reines p-Rosanilin) wurden unter Erwärmen und Rühren in 7,5 ml 1 M HCl gelöst; im Anschluss wurde die Lösung mit 0,25 g Kaliumdisulfit in 42,5 ml dest. Wasser zugegeben. Die Lösung wurde 24 Stunden im Dunkeln aufbewahrt und danach für 1 Minute mit Aktivkohle gerührt und filtriert. Im besten Fall ist die Lösung wasserklar/leicht bernsteinfarben. Meine Lösung war eher orange funktioniert jedoch auch einwandfrei. Lagerung möglichst luftdicht im dunkeln im Kühlschrank, sobald die Lösung rötlich wird ist sie unbrauchbar.
  • 1% Perjodsäure in Aqua dest.
  • 1g Malachitgrünoxalat und 1g Astrablau mit 500 mg Oxalsäure in 50 ml Aqua dest. Lösen und filtrieren.
  • Spüllösung: 99,5 ml Aqua dest. + 0,5 ml 33% Salzsäure + 500 mg Kaliumdisulfit

Ablauf:
Paraffinschnitte, am besten 5 um und 10 um Schnitte nebeneinander am Objektträger mit Glycerin-Eiweiß strecken und trocknen lassen. Durch die Schnittdickenvariation können unterschiedliche Details betrachtet werden, je nach Fragestellung und stärke des Pilzbefalls können dünnere oder dickere Schnitte von Vorteil sein.
1 )    Schnitte wässern und im Anschluss für 2 bis maximal (!) 3 Minuten in 1 % Perjodsäure einstellen
2 )    Schnitte in warmes Leitungswasser stellen für mind. 5 gut auswaschen und das Wasser mehrmals wechseln.
3 )    Schiffsches Reagenz für 5 Minuten
4 )    In Spüllösung für ca. 2 Minuten schwenken (2-mal)
5 )    Schnitte in warmes Leitungswasser stellen und unter fließendem Leitungswasser für ca. 10 Minuten auswaschen.
6 )    Schnitte für ca. 10 Sekunden in Astrablau/Malachitgrün-Lösung schwenken und danach in Wasser schwenken bis keine Schlieren mehr abgehen.
7 )    Mit Isopropanol abspülen unter mikroskopischer Kontrolle (ca. 2-mal langsam) bis die Hyphen möglichst pink und der Rest blau-grün erscheinen.
8 )    Die Objektträger auf 100°C warmer Heizplatte völlig trocknen und in Histokitt/Malinol eindecken.

Ergebnis:
Am Ende sollte das Pilzgewebe deutlich pink gefärbt sein, und das pflanzliche Gewebe grün/blau, je stärker das Gewebe verholzt ist, desto grüner färbt es sich. Die Chlorplasten werden blassgrün gefärbt. Ein wesentlicher Vorteil den ich beobachtet habe im Vergleich zur Pianese Färbung, ist das Färbeverhalten der Chlorplasten. In der Pianese Färbung färben sich die Chloroplasten, und teilweise das unverholzte pflanzliche Gewebe pink. Bei der PAS-Astrablau/Malachitgrün bleiben die Chlorplasten blassgrün angefärbt, wodurch vor allem innerhalb des Blattes und in den Zellen eine viel bessere Differenzierung zwischen pflanzlichem und pilzlichem Gewebe gelingt.

Erklärung:
Wie im Artikel von DONALD M. DRING erwähnt wird, ist das kurze Oxidieren in Periodsäure sehr wichtig. Oxidiert man länger färbt sich die Cellulose viel stärker an und die Gegenfärbung gelingt kaum mehr, lt. o.g. Artikel oxidieren die Bestandteile in Pilzhyphen schneller als Glucose, durch diese zeitliche Diskrepanz erklärt sich die relativ selektive Anfärbbarkeit. Durch Gegenfärben mit Astrablau/Malachitgrün erreicht man einen schönen Kontrast, diese Farbstoffe färben Pilz-Gewebe eigentlich kaum an. Ich hatte eine Versuchsreihe, in der ich 30 Min lang oxidiert habe, wobei sich alles irreversibel pink anfärbte. Ebenfalls in dem Artikel steht, dass sich vor allem die Cuticula PAS positiv färbt und kaum zu überfärben ist. Diese Beobachtung habe ich teilweise auch gemacht, jedoch bei der Verwendung des Astrablau/Malachitgrün Gemisches lässt sie sich meistens überfärben.

Diskussion:
Obwohl die Schnitte des Birnengitterrosts und die des R. acerinum völlig gleich fixiert, entwässert und gefärbt wurden, haben sich die Hyphen des Birnengitterrosts kaum PAS positiv gezeigt, teilweise sogar grün gefärbt. Auch im R. acerinum Präparat haben sich die Hyphen teilweise stärker und schwächer gefärbt, obwohl sie nur wenige Mikrometer nebeneinander lagen. Durch diesen Unterschied in der PAS-Reaktion ist meiner Meinung nach gezeigt, dass jedenfalls nicht das Chitin die PAS-positive Komponente der Zellwand in Pilzen sein kann, denn dann müssten sich ja alle Hyphen gleich intensiv gefärbt haben. Ich vermute, dass es mehrere Ursachen dafür gibt. Einerseits befinden sich vermutlich in der Pilzwand je nach aktuellem Metabolismus, Teilungsrate, Wachstumsphase unterschiedliche PAS-positive Glycoporteine/lipide. Eine andere Erklärung, sofern die PAS-Reaktion auch zwischen benachbarter -OH und -NH2 Gruppe stattfinden kann, könnte in der Aktivität eines Enzyms namens Chitindeacetylase liegen. Chitindeacetylase wird von Pflanzenzellen gebildet und spaltet aus Chitin die Acetylgruppe an der -NH2 Gruppe ab, wodurch Chitosan entsteht und dadurch die Pilzwand-Synthese hemmt. Chitosan sollte nach obiger chemischer Erklärung PAS-positiv sein. Vermutlich ist es ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wieso manche Hyphen intensiv PAS-positiv, andere PAS-negativ sind. Dies würde auch erklären wieso sich manche Hyphen (am selben Präparat, direkt nebeneinander) deutlich mit Malachitgrün anfärben lassen, andere nicht, eine Beobachtung die ich an anderen Pianese gefärbten Schnitten gemacht habe.

Ausblick:
Wenn es gelingen würde das Chitin PAS-positiv zu bekommen (z.B. durch Deacetylierung / Behandeln mit Chitindeacetylase), sollten sich alle Pilzhyphen eindeutig PAS-positiv darstellen lassen, da dann das Chitin der färbende Faktor wäre, sofern das Chitosan schneller oxidiert wird als Cellulose und sich im Färbeverhalten bei Gegenfärbung nicht anders verhält.
Für R. acerinum ist das oben angegeben Protokoll ideal und man erhält sehr schöne Ergebnisse, wesentlich besser als mit der Pianese-Färbung. Aber anscheinend sind noch einige unbekannte im Spiel und weitere Versuche, auch an anderen Pilzen werden folgen.



Jürgen H.

Lieber Alf,

Danke für diesen schönen Untersuchungsbericht! Die unterschiedliche PAS Färbung von Chitin ist mir bei meinen Insektenschnitten auch schon einmal aufgefallen, bin ihren  Ursachen allerdings nicht nachgegangen. Um so mehr bin ich an Deinen Ergebnissen - auch Deinen künftigen - interessiert. Im entomologischen Bereich habe ich auf die Schnelle diese schon etwas ältere kurze Artikel gefunden.

https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/10.1.109

https://link.springer.com/article/10.1007/BF00402524

Viele Grüße

Jürgen

lemmi

Hallo Alf, du bist jetzt auch hier!? Oder bist du hier schon länger aktiv?

Wie immer bei dir: eine schöne Anleitung! Gut wäre noch, die Zusammensetzung/ Herstellung des Schiff'schen Reagens zu beschreiben. Davon gibt es mindestens drei mir bekannte Varianten und jede hat einen anderen Anwendungsbereich.

Liebe Grüße
Thomas alias lemmi

jcs

Hallo Alf,

ein sehr spannendes Thema, sehr gut von Dir aufbereitet! Mich interessieren diese Färbungen im Zusammenhang mit Mykorrhiza, deshalb schaue ich mir Deine Resultate gerne an. Hast Du auch einmal verrsucht, mit Fluoreszenz zu arbeiten?
LG
Jürgen

Alf

Zitat von: Jürgen H. in Dezember 20, 2023, 10:00:08 VORMITTAGLieber Alf,

Danke für diesen schönen Untersuchungsbericht! Die unterschiedliche PAS Färbung von Chitin ist mir bei meinen Insektenschnitten auch schon einmal aufgefallen, bin ihren  Ursachen allerdings nicht nachgegangen. Um so mehr bin ich an Deinen Ergebnissen - auch Deinen künftigen - interessiert. Im entomologischen Bereich habe ich auf die Schnelle diese schon etwas ältere kurze Artikel gefunden.

https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10.1177/10.1.109

https://link.springer.com/article/10.1007/BF00402524
Hallo Jürgen, vielen Dank, die habe ich auch gelesen (auch wenn das mit meinem französisch etwas gedauert hat´, aber die Berichte scheinen für die gemachten Beobachtungen zu sprechen!

Zitat von: lemmi in Dezember 20, 2023, 15:44:27 NACHMITTAGSHallo Alf, du bist jetzt auch hier!? Oder bist du hier schon länger aktiv?

Wie immer bei dir: eine schöne Anleitung! Gut wäre noch, die Zusammensetzung/ Herstellung des Schiff'schen Reagens zu beschreiben. Davon gibt es mindestens drei mir bekannte Varianten und jede hat einen anderen Anwendungsbereich.
Hallo Lemmi! Ja wenn es zeitlich möglich ist schreibe ich hin und wieder etwas, freut mich dich auch hier zu "treffen"! :) Die Anleitung zum Schiffschem Reagenz wurde ergänzt, habe meine Sammlung diverser Fuchsin Gebinde mit deiner Methode mittels Umkehr-DC nach Behnadlung mit Paraffinöl analysiert, und keines davon ist reines p-Rosanilin.
LG

Zitat von: jcs in Dezember 21, 2023, 00:06:13 VORMITTAGHallo Alf,
ein sehr spannendes Thema, sehr gut von Dir aufbereitet! Mich interessieren diese Färbungen im Zusammenhang mit Mykorrhiza, deshalb schaue ich mir Deine Resultate gerne an. Hast Du auch einmal verrsucht, mit Fluoreszenz zu arbeiten?
Hallo Jürgen, Mykorrhiza stehen demnächst auf meiner to-do Liste (muss erst wieder gutes Material auftreiben- hast du vlt. einen Tipp?) und werde meine Ergebnisse hier einfügen. Habe bisher einmal ganz gute Ergebnisse mit Chlorazolschwarz E erhalten, aber eigentlich vermeide ich den Farbstoff lieber.

LG,
Alf

jcs

#5
Zitat von: Alf in Dezember 21, 2023, 20:54:09 NACHMITTAGSHallo Jürgen, Mykorrhiza stehen demnächst auf meiner to-do Liste (muss erst wieder gutes Material auftreiben- hast du vlt. einen Tipp?) und werde meine Ergebnisse hier einfügen. Habe bisher einmal ganz gute Ergebnisse mit Chlorazolschwarz E erhalten, aber eigentlich vermeide ich den Farbstoff lieber.

Hallo Alf,

spannend finde ich die Orchideenmykorrhiza. Ich habe bereits versucht, mit Pianese zu spielen:

Rotes Waldvöglein

Mit dem Ergebnis bin ich allerdings noch nicht zufrieden. Ein paar Wurzelstückchen hätte ich noch, kann ich gerne zur Verfügung stellen.

In dem Zusammenhang bin ich zur Mykorrhiza an den Feinwurzeln der Buche gekommen. Beim Einbetten und Schneiden bin ich großteils gescheitert, da die Pilze nur an den feinsten Haarwurzeln (ca. 0,25mm dick) andocken. Da muss ich noch üben, um solch feine Strukturen sauber zu präparieren.

Auf jeden Fall ein spannendes Thema, für Tipps dazu bin ich immer dankbar.

LG
Jürgen

rlu

#6
Hallo,

eine Frage, lagern die Pflanzen wenn sie sich gegen Pilze wehren,
Lignin oder Cutin/Kutin pder Callose/Kallose ein?


https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z/callose-1593
"Callose ist ein Mehrfachzucker, der in Pflanzen verschiedene Funktionen hat. Im Wachstum dient Callose häufig als Abdichtungsmaterial und kann als Verstärkung der Zellwand einen Pilzbefall ,,einmauern" und dessen Ausbreitung stoppen."

https://de.wikipedia.org/wiki/Cutin
"Eine durch Cutin-Absonderung verstärkte Zellwand bezeichnet man als cutinisiert."

Liebe Grüße
Rudolf