Botanik: Weg-Distel Carduus acanthoides *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Februar 14, 2024, 09:34:34 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Als Disteln werden umgangssprachlich mit Dornen bewehrte, ,,stachelige" Pflanzen bezeichnet. Das Wort geht auf indogermanische Ursprünge zurück und bedeutet etwa ,,spitz" oder ,,stechen".

Die Distel ist in der Heraldik eine gemeine Figur und gehört wie die heraldische Rose und Lilie zu den bekanntesten Wappenblumen.

Heraldik ist die Lehre von den Wappen und ihrem Gebrauch.
So gelten Disteln als Nationalblumen Schottlands. Sie finden sich sowohl in der Wappenzier Schottlands als auch beim Distelorden.

Zudem benennen sich viele Sportvereine Schottlands nach den Disteln; bekanntester Vertreter ist Partick Thistle.

Die Distel ist auch ein Emblem der Encyclopædia Britannica, die aus Edinburgh stammt.
Die Encyclopædia Britannica, kurz auch Britannica, ist eine 1768 begründete englischsprachige Enzyklopädie.

Bild 01 Habitus, Weg-Distel Carduus acanthoides

Urheber: Taken by myself

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet umfasst viele, aber nicht alle europäischen Länder. Es reicht bis nach Nordafrika (Ägypten) und in Asien bis nach China. Als eingeschleppte Art ist die Weg-Distel auch in Neuseeland, Nordamerika und Südamerika (Argentinien, Uruguay) zu finden.

Etwa 100 Distel-Arten der Gattung Carduus gibt es in Europa, dem Mittelmeerraum und in Asien. Unsere Weg-Distel ist weit verbreitet und kommt, außer im Schwarzwald sowie Fränkischen Hügelland, in allen Regionen Deutschlands mäßig häufig vor. Vorwiegend in Höhenstufen von Tiefland bis Mittelgebirge.

Sie bevorzugt trockenere Ruderalstellen mit gutem Nährstoffangebot an besonnten warmen Standorten. Sie ist eine Pionierpflanze und ein Kulturbegleiter.
Carduus acanthoides besiedelt nicht nur Wegränder, sondern auch Baustellen, Böschungen, Dämme und Unkrautflure.

Erscheinung:
Die Weg-Distel (Carduus acanthoides) gehöt zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und kann bis zu einem Meter hoch werden und wächst zweijährig.
Die Art Carduus acanthoides gehöt zur Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Die aufrecht und krautig wachsende Pflanze besitzt einen Stängel, der dornig geflügelt ist. Die wechselständig am Stängel angeordneten Blätter sind fiederspaltig und besitzen bis zu 7 Millimeter lange, steife Stacheln. Die Blattunterseite ist entlang der Nerven behaart.

Die Weg-Distel ist ein Pfahlwurzler. Das Laub von Carduus acanthoides ist grün.
Nachdem der Samen gekeimt hat erscheint ein Blattkranz, der erst im nächsten Sommer einen Blütentrieb hervorbringt. Die Blütezeit kann von Juni bis September dauern.

Bild 02 Blütenkörbe und Achänen mit Pappus, Weg-Distel Carduus acanthoides

Urheber: David Bauer

Blüte:
Die eiförmig-kugeligen Blütenkörbchen enthalten purpurfarbene Röhrenblüten. Häufig sind 2-3 Blütenkörbchen eng beieinander gruppiert. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten wie z.B. Hummeln und Falter.

Bild 03 Pappusunterseite: die Pappushaare sind zu einem Ring verwachsen, was der Gattung den deutschsprachigen Trivialnamen Ringdistel gab.

Urheber: Stefan.Lefnaer

Als Pappus (griechisch πάππος pappos ,,Großvater", zu ,,Bart") bezeichnet man die zu Haaren, Borsten oder Schuppen umgebildeten Kelchblätter bei Vertretern der Pflanzenfamilie der Korbblütler (Asteraceae). Er wird auch als Haarkelch oder Federkelch bezeichnet.

Bild 04 Früchte, Weg-Distel Carduus acanthoides

Urheber: Stefan.lefnaer

Vermehrung:
Nach der Befruchtung bilden sich eiförmige, etwas abgeflachte Früchte (Achänen) mit auffallenden Pappushaaren. Distelfrüchte sind aufgrund ihres hohen Ölgehaltes bei Körner fressenden Vögeln beliebt.

Bild 05 Illustration, Weg-Distel Carduus acanthoides

Abbildung nach Dietrich (1833-1844): gesäubert und optimiert durch O.Tackenberg

Systematik:
Ordnung: Asternartige Asterales
Familie: Korbblütler Asteraceae
Unterfamilie: Carduoideae
Tribus: Cardueae
Gattung: Ringdisteln Carduus
Art: Weg-Distel
Wissenschaftlicher Name: Carduus acanthoides
Trivialnamen: Ringdistel, Weg-Ringdistel, Stachel-Distel, Bärenklauartige Distel, Bärenklaudistel (Schlesien), Dästel (Siebenbürgen), Diessel (Ostfriesland), Dizeln (Göttingen) und Stickel (Ostfriesland).
Englische Bezeichnung: plumeless thistle

Disteln in der Volksheilkunde und Medizin:


Die Distel wirkt sich nicht nur stärkend auf den Kampfgeist der schottischen Nation.
Auch auf die Gesundheit haben verschiedene Distelarten einen besonderen Stärkungseffekt. Gleichwohl sind in manchen Disteln kräftig färbende Pflanzenstoffe enthalten, die schon im Altertum zum Färben von Textilien verwendet worden.
Der dominante Farbstoff Carthamidin verleiht Textilien wie Seide oder Baumwolle je nach Dosierung eine gelbe, braungelbe oder rosa bis kirschrote Farbe.
Interessant ist Carthamidin zudem als pflanzlicher Farbstoff für Naturkosmetik und Lebensmittel.

Die Distel als Leber-, Verdauungs- und Frauenkraut:
Abgesehen von der Färberdistel gibt es noch einige weitere Distelarten mit heilpflanzlicher Wirkung.

Die Weg-Ringdistel (Carduus acanthoides) wird beispielsweise gegen Leberbeschwerden eingesetzt. Nicht nur, dass sie den Leberstoffwechsel anregt und so zur Entgiftung und Reinigung der Leber beiträgt, kann sie auch die Leberzellen stimulieren und so die Leberfunktion verbessern.

Teil 1
Spross, Querschnitte
25 Mikromete

Bild 06 Pflanzenprobe auf einen kleinen Holzklotz geklebt, Weg-Distel Carduus acanthoides


Ein Freund hat mir diese zwei Proben geschickt, leider hat er winzig kleine Teile von Spross und von der Blüte der Weg – Distel abgeschnitten.
Ich konnte die Proben nur aufkleben, im Probenhalter einspannen war unmöglich.

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.30 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
Tipp:
Eine schöne Variante erhält man, wenn man in der letzten Färbestufe eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4:1 verwendet. (4 Tropfen Astrablau und 1 Tropfen Acriflavin separat ansetzen und Gemisch mit der Pipette übertragen
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.

Fotos: Nikon D5000, Sony alpha 6000

Bild 07 Negativaufnahme, Übersicht, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 08 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 09 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 10 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 11 Leitbündel mit Beschriftung, Weg-Distel Carduus acanthoides

Dabei ist Pl das Phloem, dPl disfunktionales, zusammengequetschtes Phloem und Skl bezeichnet die Sklerenchyme, K = Kambium, XY = Xylem
Wir haben also "normale" offen kollaterale Leitbündel.


Bikollaterale Leitbündel:
Es handelt sich um eine Besonderheit des kollateralen Typs: Hier befindet sich das Phloem sowohl an äußeren als auch an der inneren Seite.


Bild 12 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides

Teil 2
Blüte, Querschnitt
25 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Bild 13 Pflanzenprobe auf einen kleinen Holzklotz geklebt, Weg-Distel Carduus acanthoides

Foto: H.-J_Koch

Bild 14 Übersicht, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 15 Übersicht, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 16 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 17 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 18 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 19 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 20 Detailaufnahme, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 21 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Weg-Distel Carduus acanthoides

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 22 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Weg-Distel Carduus acanthoides


Bild 23 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Weg-Distel Carduus acanthoides


Verzeichnis der benutzten Literatur:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Google Scholar

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen.
Ich recherchiere dann weiter, suche die zugrundeliegenden Studien heraus, werte sie aus und verbinde alles miteinander.
Beim Recherchieren öffnet sich oft nicht nur eine neue Tür, sondern gleich mehrere. Dahinter verbargen sich weitere spannende Informationen.

Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Wutsdorff Peter

Grüß´ Dich Hans-Jürgen,
das ist ja wieder ein "klassischer Hans-Jürgen"
Gratulation
Seit vielen Jahren nehme ich Mariendistel in hom.Form für meine Leber.
Es gibt eine Geschichte von  Prof. Sauerbruch:
Bei 3 falschen Antworten war man durchgefallen:
"Herr Kandidat, schauen Sie durch´s Mikroskop, was sehen Sie?"
Antwort "das Läbber"
"Herr Kandidat, sie haben nicht bestanden".
"Es heißt  nicht das Leber, sondern die Leber.
Es heißt nicht Läbber sondern Leber.
Und außerdem ist des ein Nierenpräparat"
 bewundernder Gruß 
Peter Wff

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter,

danke.
Lustige Geschichte.

Gruß nach Lorsch

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Fahrenheit

#3
Lieber Hans-Jürgen,

wieder ein sehr schöner Beitrag, den ich gerne gelistet habe!

Eine Anmerkung habe ich jedoch: bei den Asteraceae (Korbblütlern - auch Compositae) findet sich keine bikollateralen Leitbündel. In Deinem Bild 11 bezeichnet "PH" nicht das Phloem, sondern die Sklerenchymkappen des Leitbündels.

Korrekt beschriftet, sollte das so aussehen:



Dabei ist Pl das Phloem, dPl disfunktionales, zusammengequetschtes Phloem und Skl bezeichnet die Sklerenchyme. Wir haben also "normale" offen kollaterale Leitbündel.

Literatur dazu:
Metcalfe & Chalk: Anatomy of the Dicotyledons, Vol II, 168. Compositae, S. 782 ff. - Carduus S. 803.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für deinen Hinweis zum Leitbündel.
Ich habe meinen Beitrag korrigiert.
Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

super, danke Dir!

Beste Grüße
Jörg
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Für draussen: Leitz HM