Interessante Pilz- und Flechtenfunde 128 – Gewöhnlicher Baumbart

Begonnen von Bernd Miggel, März 29, 2024, 15:42:36 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Gewöhnlicher Baumbart (Usnea filipendula)

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Norbert Kühnberger danke ich für die hier gezeigten, eindrucksvollen Fotos!

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Bild 1 – Stattlicher Thallus am Fundort. Foto: Norbert Kühnberger.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Bartflechten sind in Deutschland selten geworden; der Gewöhnliche Baumbart (Usnea filipendula, Syn. U. dasypoga) ist noch die häufigste unter ihnen. Sie wächst an Laub- und Nadelbäumen mit saurer Rinde und bevorzugt kolline bis montane, niederschlagsreiche Lagen. Die Art wird in der Roten Liste Deutschlands (2011) in der Kategorie 3 (Gefährdet) geführt

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Bild 2 –Verzweigter Thallus am Fundort. Foto: Norbert Kühnberger.


Morphologische Merkmale
(vorwiegend nach WIRTH & DÜLL 2000)

Der graue bis gelbgrünliche, hängende Thallus ist typischerweise länger als breit und kann einer Länge von bis zu 30 cm erreichen. Er ist an einer einzigen Stelle am Substrat angewachsen, verzweigt sich danach in wenige Hauptäste und diese wiederum in zahlreiche Nebenäste. Die Äste sind dicht mit rechtwinklig abstehenden, bis 1 cm langen Fibrillen besetzt. Weiterhin besitzen die Äste halbkugelige bis kurz zylindrische Papillen und Isidiengruppen oder isidiös werdende kleinere Sorale. Apothecien kommen nur sehr selten vor. Zieht man einen Ast vorsichtig in Längsrichtung, wird der weiße Zentralstrang freigelegt.

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Bild 3 – Hier erkennt man die unzähligen Fibrillen und Isidien. Foto: Norbert Kühnberger.

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Bild 4 – Fibrillen dicht an dicht, bis 1 cm lang. Foto: Norbert Kühnberger.

Farbreaktionen (K: Kalilauge 10-20%, C: Natrium-Hypochlorit, KC: erst K dann darauf C, P: para-Phenylendiamin):
Mark K+ rot, C-, P+ orange.

Notizen
Die gelbgrüne Farbe des Thallus rührt vom Inhaltsstoff Usninsäure, das als natürliches Antibiotikum gilt.

Ähnliche Flechtenarten (nach WIRTH 1995)
Usnea glabrescens besitzt einen ähnlichen Wuchs und eine ähnliche Farbe, wird aber nur ca 12 cm lang. Außerdem sind nur die Haupäste in ihrem Basisbereich mit vielen Fibrillen versehen; die Nebenäste sind so gut wie fibrillenfrei. Auch besitzen die Äste keinerlei Isidien, sondern zahllose, ausgeprägte Flecksorale. Schließlich sind die Farbreaktionen komplett anders, nämlich K-, C-, P-.

Literatur
• KIRSCHBAUM, U. & WIRTH, V. (2010): Flechten erkennen – Umwelt bewerten: 177-178.
• WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 946-947.
• FRAHM, J.-P., SCHUMM, F., STAPPER, N.J. (2010): Epiphytische Flechten als Umweltgütezeiger: 162.
• WIRTH, V. & DÜLL, R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose: 25.
• Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.

Internet (abgerufen am 29.3.2024)
1. https://de.wikipedia.org/wiki/Usnea_filipendula
2. http://www.norbert-kuehnberger.de/pilzbildergalerie/D_Flechten-Lichenes_-_226_Arten/index.htm


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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