Interessante Pilz- und Flechtenfunde 156 – Schamlose Kuchenflechte

Begonnen von Bernd Miggel, Juni 16, 2024, 11:39:54 VORMITTAG

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Bernd Miggel

Schamlose Kuchenflechte (Lecanora impudens)

Mein besonderer Dank gilt ULRICH KIRSCHBAUM für wertvolle Bestimmungshinweise.

Der folgende Text wurde z.T. in Anlehnung an [3] geschrieben.

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
Fachausdrücke, Abkürzungen: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48585.msg356806#msg356806

Bild 1 - Substrat, LH, x800.jpg
Bild 1 – Das Substrat, Rinde einer Eberesche. Der Thallus befindet sich innerhalb der schwarzen Ellipse. Foto: Liss Hoffmann.


Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Eine seltene Krustenflechte, die Schamlose Kuchenflechte (Lecanora impudens). Die Roten Liste (2012) führt sie im Status 3 (gefährdet); in populären Flechtenbüchern sucht man sie vergebens. Es handelt sich um eine Art der gemäßigten Klimazone, zu der Deutschland gehört, und wächst vornehmlich auf basenreicher Rinde, wie z.B. der von Eschen. Wir fanden sie großflächig etwa in 1 Meter Höhe am Stamm einer Eberesche (Bild 1) in einem Kiefern-Schonwald im Nordschwarzwald auf 720 Meter mNN.

Bild 2 - Gesamter Thallus, LH, x800.JPG
Bild 2 – Hier sieht man fast den gesamten Thallus. Foto: Liss Hoffmann.


Morphologische Merkmale

Thallus: glatt bis etwas warzig, weißlich grau oder gelblich weiß, nach eigener Beobachtung dünn. Er ist dicht mit kreisrunden, bis etwa 1 mm breiten, grünlichen Soralen bedeckt, die selten (nach eigener Beobachtung in bestimmten Thallus-Arealen) zusammenfließen. Die Soredien sind 40-60 µm dick.
Apothecien: selten, sitzend oder an der Basis leicht verengt, 0,5–1,2 mm breit. mit einer rötlichbraunen, glänzenden Scheibe und glattem, oft sorediösem Lagerrand. Ascosporen: 1-zellig, hyalin, ellipsoid, (10-)12-15 x (5,5-)8-10 µm.

Notizen
• Bedingt durch die grünlichen Sorale erscheint der gesamte Flechtenkörper schon aus geringer Entfernung grünlich.
• Nach eigener Beobachtung ist der trockene Thallus bei Berührung mit der Zunge geschmacklos, im angefeuchteten Zustand jedoch spontan und kurzzeitig deutlich sauer.
• Da keine Apothecien gefunden wurden, fehlt für eine endgültige Artzuweisung noch die letzte Bestätigung.

Bild 3 - Ausschnitt, BM.jpg
Bild 3 – Detail, dünner, weißlicher Thallus, grünliche Flecksorale, die teilweise zusammenfließen. Foto: Bernd Miggel.

Die Sorale sollen nach [3] und [5] einen Durchmesser von 0,3-1 mm und die einzelnen Soredien einen Durchmesser von 40-60 µm besitzen. Man vergleiche das folgende Makrofoto in 20-facher Vergrößerung, das wir vom Fund erstellen konnten:

Punktsoral, Seitenlänge 1,2 mm, Stefan Miggel, 800x.jpg
Bild 4 – Einzelnes Flecksoral, Bild-Seitenlänge 1,2 mm. Foto: StefanMiggel.

Farbreaktionen
•    Thallus und Apothecienrand K+ gelb, C-, KC-, P- oder P+ gelblich (nach [4])
•    Thallus: K+ gelb,  C-,  P-; Sorale: K+ gelb, C+ gelb, KC+ gelb, P- ; UV: hellgrau
(nach eigener Beobachtung)

Literatur
[1] WIRTH, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, 2. Aufl., 1006 S.; Ulmer, Stuttgart: 224-225.
[2] Wirth, V. et al. (2011): Rote Liste der Flechten und flechtenbewohnende Pilze Deutschlands.
[3] https://italic.units.it/index.php?procedure=taxonpage&num=1215
[4] https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_AFL/Photos_AFL_L/Texte_L_5/Lecanora_impudens.htm
[5] https://lichenportal.org/portal/taxa/index.php?taxon=53822&clid=1088
[6] http://lichens-of-noricum.uni-graz.at/images/lecanora-impudens.html


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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