Caedax-Alternative zur Reparatur von delaminierten (Zeiss-)Okularen?

Begonnen von Kurpfuscher, September 30, 2024, 11:39:20 VORMITTAG

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Kurpfuscher

Hallo liebe Freunde der Mikroskopie,

als Besitzer eines Zeiss Phomi III mit Kpl. W 10x/20 Brille-Okularen bin ich nun auch Opfer der Delamination geworden. Zur Reparatur wird in diversen Foren Caedax empfohlen, was ja nun bekanntlich seit den 70er Jahren nicht mehr hergestellt wird und somit nur noch sehr schwer zu bekommen ist. Nun wurde unter anderem empfohlen, dass man auch alternativ Malinol zum Wiederverkitten der Linsenpaare nehmen könnte.

Gibt es hierzu Erfahrungen? Der Brechungsindex ist ja nicht exakt der Gleiche, wie der des wohl von Zeiss ursprünglich verwendeten Caedax zur Linsenverkittung. Sind außer des Malinols noch andere Eindeckmittel bekannt, die das Caedax gut ersetzen können?

Vielen Dank für die Mithilfe!

Viele Grüße

Matthias

Jürgen Boschert

Hallo Matthias,

der gute alte Candabalsam sollte auch gehen; Malinol hat m.E. eine zu starke Eigentönung. Übrigens wurde bei den Okulare mit kompletter Metallfassung z.T. noch Canadabalsam als Kitt verwendet; man sieht das häufig an der an der Außenfläche der Linsen gelblich verfärbten Kittlinie.
Beste Grüße !

JB

Kurpfuscher

Hallo Jürgen,

danke für die Info. Wenn es nicht klappen sollte doch noch irgendwo etwas Caedax zu bekommen, werde ich es mit dem Kanadabalsam versuchen.

Viele Grüße

Matthias

Bob

Hallo Matthias,
Caedax ist nicht nur schwer zu bekommen, sondern auch PCB-haltig. Damit würde ich nur bei Vorliegen eines echt triftigen Grundes herumpanschen. Ein Präparat herzustellen geht noch relativ sauber, aber selbst da hat man ein Stäbchen, das Sondermüll ist. Eine Linsengruppe in Cauedax baden wäre ein größerer Schweinkram.

Viele Grüße,

Bob

Herbert Dietrich

Hallo Bob,

Caedax-Badewannen gibt es inzwischen nicht mehr.
Man benötigt für delaminierte Okulare nur 1-2 Tropfen Caedax, den man unter Lebensgefahr in die
Rille zwischen den beiden Linsen einbringt. Der Zahnstocher ist danach für die eigentlich vorgesehene Verwendung nicht mehr geeignet.

Herzliche Grüße
Herbert

Bernhard Gutwenger


Peter V.

Hallo,

Zitataber selbst da hat man ein Stäbchen, das Sondermüll ist.

Das Stäbchen sollte man dann aber wirklich nur im hermetisch abgeschlossenen Behälter nach vorheriger Ankündigung zu Recyclinghof bringen. Schutzkleidung und Atemmaske nicht vergessen!!!!

Herzliche Grüße
Peter


Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Aljoscha

Hallo,

Die Giftigkeit von Substanzen sollte man nicht unterschätzen. Wer täglich 1 Gramm hochgiftiges NaCl zu sich nimmt, ist innerhalb eines Monats tot. Das ergibt sich zumindest aus dem Wert LD50 für Kochsalz. Wo liegt der Fehler in meiner Überlegung?

Viele Grüße

Alexander

Daniel Scheibenstock

#8
Zitat von: Aljoscha in Oktober 02, 2024, 23:32:54 NACHMITTAGSWo liegt der Fehler in meiner Überlegung?

Viele Grüße

Alexander
Hallo Alexander,

das Problem liegt darin, dass die Dosis das Gift macht. Unser Körper ist in der Lage, viele Gifte und Schadstoffe in kleinen Mengen zu verarbeiten. Ein extremes Beispiel: Heroin kann über Jahrzehnte hinweg konsumiert werden, ohne dass man daran stirbt (einige Musiker sind der lebende Beweis :-)). Doch eine einzige Überdosis führt schnell zum sogenannten ,,goldenen Schuss".

Ähnlich verhält es sich auch bei Medikamenten. Viele Arzneimittel, die in der richtigen Dosierung therapeutische Wirkung zeigen, können in höheren Mengen toxisch oder sogar tödlich sein. Paracetamol ist zum Beispiel in normaler Dosierung ein weit verbreitetes Schmerzmittel. Eine zu hohe Einnahme kann jedoch schwere Leberschäden verursachen. Auch bei alltäglichen Stoffen wie Koffein oder Salz gibt es eine Grenze, ab der sie toxisch wirken. Ein übermäßiger Konsum von Koffein kann Herzrhythmusstörungen verursachen, und zu viel Salz kann den Blutdruck gefährlich erhöhen.

Deshalb ist es wichtig, sich der Dosis bewusst zu sein und auch vermeintlich harmlose Stoffe mit Bedacht zu konsumieren. Selbst lebenswichtige Substanzen wie Wasser können in großen Mengen zur sogenannten ,,Wasservergiftung" führen, die den Natriumhaushalt im Körper stört und potenziell lebensgefährlich ist.

Die Toxizität eines Stoffes hängt somit nicht nur von seiner chemischen Zusammensetzung ab, sondern auch davon, wie viel davon in unseren Körper gelangt. Diese Regel gilt sowohl für Drogen als auch für Medikamente und viele alltägliche Substanzen.

LD50 bezieht sich auf eine Einzeldosis, nicht auf kumulative Dosen: Der LD50-Wert sagt aus, wie viel von einer Substanz auf einmal eingenommen werden muss, um 50 % der Testtiere zu töten. Es bedeutet nicht, dass die gleiche Menge auf mehrere Tage oder Wochen verteilt dieselbe toxische Wirkung hat.

liebe grüße

Daniel
Motic BA310 LED (DL: PH; DF;POL, AL: POL)
Zeiss Universal (DL: Fluo; POL AL: Fluo,POL. DIC)
Zeiss IM35 (DL; PH; Fluo;POL)
Bresser Stereolupe

Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48126.0

Aljoscha

Ist schon klar. Aber wenn man ein Gläschen mit PCB-haltigem Caedax öffnet, fällt man natürlich sofort tot um.  ;D

M59

Hallo
Lineare Dosis/Wirkungsbeziehungen (die Dosis macht das Gift...) treffen für karzinogene Substanzen nicht zu, zumindest nicht für das karzinogene Potential.

Auch wenn das Risiko extrem klein scheint, ist gute Praxis empfehlenswert. Schon wegen der Xyloldämpfe ist eine solche OP am offenen Okular nur mit geeigneten Handschuhen in gut belüfteter Umgebung ratsam.
Das man zu den Zeiten als es noch mehr Lametta gab, im Umgang mit Chemikalien viel 'entspannter' war, ist  kein Handlungsmaßstab, auch wenn die Lebenserwartung der Babyboomergeneration trotz der Exposition mit zahllosen Umweltchemikalien stark gestiegen ist. Ohne diese wäre sie vermutlich noch höher....

Zu meinen Unizeiten wurden wir angehalten mit Caedax sehr vorsichtig umzugehen!
Aber wohl nur,  weil es nicht mehr beschaffbar war! ;)

Viel Erfolg bei der Reparatur,
Michael/M59

Peter V.

#11
Hallo,

Zitat. Ohne diese wäre sie vermutlich noch höher....

was nicht unbedingt erstrebenswert gewesen wäre! Weder für die Babyboomer selbst (zu denen ich ja auch gehöre und die zum großen Teil in Altersarmut leben werden), noch für die nachfolgenden Generationen mit primärem Blick auf die Work-Life-Balance, die die Rentenlasten für uns Babyboomer nicht mehr schultern können.
Insofern ist also unser seinerzeit entspannterer Umgang mit den gar so giftigen Dingen volkswirtschaftlich ein Segen!  ;) (Früher gab es übrigens nicht nur mehr, sondern auch giftigeres Lametta!)

Aber mal im Ernst: Natürlich ist Toxikologie komplex, Dosis-Wikrung-Beziehungen sind nicht linear und von vielen anderen Faktoren abhängig. Ich habe hier steinalte Rentner, die sich früher auf der Kokerei täglich die Hände in reinem Benzol gewaschen haben wie Tilly in Palmolive und dann gibt es die Schmidts, die vermutlich die besten Reemtsma-Kunden waren und hochbetagt ohne Lungenkrebs gestorben sind. Das muss man sich natürlich keinesfalls zum Vorbild nehmen.

Aber: All diesen Substanzen (PCB in Caedax und altes Immersionsölen, Xylod und Formalehyd) sind wir als Hobbymikroskopiker meist nur in so geringer Konzentration und zeitlich so begrenzt exponiert, dass ich da bei "ordentlichem" Umgang überhaupt keine Gefahr sehe.

Herzliche Grüße
Peter

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Aljoscha

Zitat von: Peter V. in Oktober 03, 2024, 19:16:36 NACHMITTAGSAll diesen Substanzen (PCB in Caedax und altes Immersionsölen, Xylod und Formalehyd) sind wir als Hobbymikroskopiker meist nur in so geringer Konzentration und zeitlich so begrenzt exponiert, dass ich da bei "ordentlichem" Umgang überhaupt keine Gefahr sehe.


Hallo,

Das ist genau der Punkt. Die Gefährlichkeit dieser Substanzen wird immer auf der Annahme einer beruflichen Belastung 40 Stunden die Woche ermittelt. Wenn ich einmal im Jahr eine Linsengruppe mit 2 kleinen Tröpfchen Caedax repariere, wird mich das sicher nicht umbringen. Ich nehme jeden Tag mit der Nahrung ein vielfaches dieser Belastung an karzinogenen Stoffen auf. Einmal Grillen bringt mehr krebserregende Stoffe, als ein Mikroskopiker über Caedax in seinem ganzen Leben aufnehmen kann.

Viele Grüße

Alexander

Muschelbluemchen

Zitat von: Jürgen Boschert in September 30, 2024, 12:11:17 NACHMITTAGSHallo Matthias,

der gute alte Candabalsam sollte auch gehen; Malinol hat m.E. eine zu starke Eigentönung. Übrigens wurde bei den Okulare mit kompletter Metallfassung z.T. noch Canadabalsam als Kitt verwendet; man sieht das häufig an der an der Außenfläche der Linsen gelblich verfärbten Kittlinie.

Hallo,

ich war eigentlich immer der Meinung dass Malinol aus Canadabalsam hergestellt wird. Zumindest gehe ich davon aus, dass viel aktuell verkauftes Canadabalsam eigentlich Malinol ist.
z.B: wie hier Kanadabalsam, künstlich reinst Malinol

Bezüglich Eigentönung: Hatte dies bei Malinol noch nie bemerkt in den üblichen Schichtdicken bei Präparaten, zw. Linsen wird die Schichtdicke noch geringer sein, weil es da nichts einzubetten gibt. Zudem hat auch Canadabalsam eine Eigenfärbung ->
Zitatman sieht das häufig an der an der Außenfläche der Linsen gelblich verfärbten Kittlinie

LG
Leo

Jürgen Boschert

Hallo Leo,

mit der Eigenfärbung magst Du recht haben, allerdings ist die bei Malinol kräftiger und geht ins bräunliche.

Malinol ist künstlicher Canadabalsam, so wie auch Caedax. Canadabalsam selbst ist ein reines Naturprodukt.
Beste Grüße !

JB