Botanik: Breitwegerich (Plantago major); Stängel und Rhizom *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, August 01, 2010, 19:44:01 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Hallo Pflanzenfreunde,

Querschnitt : Stängel der Blütenähre .
Querschnitt : Rhizom


Ordnung:   Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie:   Wegerichgewächse (Plantaginaceae)
Gattung:   Wegeriche (Plantago)
Art:      Breitwegerich
Wissenschaftlicher Name: (Plantago major)

Bild 01
Illustration Breitwegerich

Zeichnung: Otto Wilhelm Thomé (1885-1905)


Beschreibung:

Der Breitwegerich ist mit seinen breit löffelförmigen Blättern, die handtellergroß werden können, eine markante Erscheinung an Wegrändern. Typisch sind die 5 - 7 stark hervortretenden Blattnerven, die vom Stiel bis zur Blattspitze laufen. Auch hier treten die Nerven aus den Risskanten heraus wenn man die Blätter zerreisst. Die Stängel der Blütenähren sind deutlich länger als die spitzen Blätter und stehen aufrecht zwischen diesen.
Ursprünglich waren die Wegericharten nur in Europa beheimatet, inzwischen finden wir sie fast auf der ganzen Welt. Ihr Hauptname bedeutet ,,Herrscher des Weges", und dann kommt die jeweilige nähere Bezeichnung dazu.

Die Blütezeit ist Juni bis Oktober.
Der Blütenstand des Wegerichs ist ährenförmig und besteht aus zahlreichen unscheinbaren Blüten, die vom Wind bestäubt werden. Zur Samenreife bildet jede Blüte eine Deckelkapsel mit 4 - 8 Samen. Die Samen haben eine Hülle die gallertig ist, bei Nässe aufquillt und den Samen zur Verbreitung an den Füßen von Mensch und Tier festheftet. Der Gattungsname leitet sich von dem lateinischen Wort "plánta" ab und bedeutet "Fußsohle", was wohl auf die Form der Blätter sowie das Vorkommen der Pflanze an trittbelasteten Stellen bezogen ist. Darauf bezieht sich auch der deutsche Gattungsname "Wegerich" (abgeleitet von dem althochdeutschen Wort "wegarih" bzw. dem mittelhochdeutschen "wegerich"), was man mit "Wegbeherrscher" übersetzen kann. Es wird auch behauptet, dass die Indianer Nordamerikas, nachdem die weißen Siedler die Pflanze eingeschleppt hatten, den Wegerich als "die Fußstapfen des weißen Mannes" bezeichneten.
Neben einer Verwendung als Zierpflanze (spezielle Formen der Art) diente sie schon früher als Heilpflanze. Die enthaltenen Schleim-, Bitter- und Gerbstoffe führten zur Verwendung der Pflanze als Wundheilmittel.
Weiterhin kann man die frischen jungen Blätter als Salat oder Gemüse, die getrockneten Blätter für einen Tee verwenden. Dazu sollte man am besten junge, vor der Blüte geerntete Blätter benutzen.
Bild 2
Breitwegerich (Plantago major)

Die Schnitte sind hier entstanden (rote Markierung), der obere Teil des Stängels in Richtung der Blütenähre ist hohl.


Bild 03
American Optitical Company
Modell 900   Ser.No. 35224

Dieses  Tisch - Mikrotom  ist  perfekt: handlich und sehr stabil.
Die Einstellung der Schnittdicke erfolgt stufenlos von 0-500 Mikrometer
(Skalierung in 5 Mikrometer Schritten).

Arbeitsablauf :
Querschnitt  Stängel der Blütenähre (35 µm)
Da ich das Markparenchym erhalten wollte waren dünnere Schnitte nicht möglich.
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert.

Querschnitt  Rhizom (40 µm).  

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau habe ich Acrflavin beigemischt. (5 Trofpen Astrablau + 1 Tropfen Acrflavin).


Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot. Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb
Zellwände der innenliegenden Hypodermis  tiefrot, Suberin und Cutin hellrosa.

Fotos erstellt mit Nikon D5000

Bild 04
Übersichtsaufnahme  Stängel (Plantago major).


Bild 05
Überblick über den Aufbau des Stängels (Plantago major).


Bild 06
Xylem in Großaufnahme  (Plantago major).

Im Xylem wird das Wasser von der Wurzel ,,nach oben" ( akropetal) durch das Sproßsystem bis in die Blatter geleitet.

Bild 07
Äußeres Abschlußgewebe  Epidermis mit Cuticula.


Bild 08
Phloem im Großaufnahme.

Im Phloem (Siebteil) werden Assimilate (Photosyntheseprodukte) aus den Blättern überwiegend ,,nach unten" (basipetal) in den Sproßachsen und bis zu den Wurzeln transportiert.

Bild 09
Rhizom Übersichtsaufnahme (Plantago major).


Bild 10
Rhizom Vergrößerung  (Plantago major).


Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Jan Kros

Hallo Hans-Jürgen,

Schönes Thema und schöne Schnitten hast Du da gemacht.
Ich habe mir alles ausgedruckt.
Herzlichen Gruss
Jan

Mila

#2
Lieber Hans-Jürgen,

ich wollte es mir ja eigentlich verkneifen, aber ich freue mich eben immer über Beiträge zu Heilpflanzen :)

aber ich bin schon ganz still :-X

Danke für die Bilder und viele Grüße
Mila

Nachtrag: die Blätter zeigen eine Parallel- oder eher Bogennervatur, obwohl es sich um eine zweikeimblättrige Pflanze handelt.
Zieht man ein Blatt vorsichtig auseinander, kann man gut die Leitbündel sehen;
(noch mal Nachtrag: sorry, das steht ja oben :-[)

und noch Frage: ist das wirklich ein Rhizom ???

sirdul

Hallo Hans-Jürgen,

eine schöne und lehrreiche Doku.
Eine Frage zu den Stengelschnitten; ich sehe hier eine schwarze Färbung mittem im Rot, ist es wirklich schwarz und was wird hier angefärbt ?

Gruß aus Kronach

Ludger Benning

Hans-Jürgen Koch

Hallo Mila, hallo Jan,

danke für Euer Lob.

Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für die sehr schöne Dokumentation zum Breitwegerich.

Besonders gefällt mir das klare Übersichtsbild (Bild 4). Mit welchem Objektiv hast Du das gemacht?

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Hallo Ludger,

Du schreibst : - ich sehe hier eine schwarze Färbung mitten im Rot-

Ich habe 3 Schnitte direkt auf dem Objektträger gefärbt. Laut meinem Protokoll betrug bei dem letzten Schnitt die Färbezeit  "Astrablau" 3 Minuten, war wohl etwas zu lang.

Gruß

Hans-Jürgen
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Hans-Jürgen Koch

Guten Abend Jörg,

danke für Deine Worte.
Das Übersichtsbild wurde mit dem Objektiv - Carl Zeiss  Plan 2,5/0,08  160/- aufgenommen.

Gruß

Hans-Jürgen
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Mila

Guten Abend,

nochmal meine Frage: handelt es sich wirklich um ein Rhizom?

Viele Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Guten Abend Mila,

habe Deine Frage nicht vergessen.
Ich erkläre Rhizom so: "unterirdische, horizontal wachsende Sproßachse, an der sproßbürtige Wurzeln entspringen".
Mir kam die Wurzelanlage meiner ausgegrabenen Pflanze seltsam vor.
Ich habe den Rhizom-Schnitt absichtlich meinem Bericht über den Breitwegerich hinzugefügt.

Gruß
Hans-Jürgen
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Mila

Zitat von: Hans-Jürgen Koch in August 02, 2010, 20:40:55 NACHMITTAGS

Ich erkläre Rhizom so: "unterirdische, horizontal wachsende Sproßachse, an der sproßbürtige Wurzeln entspringen".
...
Ich habe den Rhizom-Schnitt absichtlich meinem Bericht über den Breitwegerich hinzugefügt.


Guten Abend Hans-Jürgen,

nun habe ich über eine Suchmaschine auch Deine Quelle gefunden ;)

Auf dem Pflanzenfoto ist das Rhizom eher senkrecht wachsend. Rhizome müssen nicht waagerecht wachsen.
Mir ist schon klar, dass Du den Schnitt absichtlich hinzugefügt hast.

Rhizomschnitte sieht man nicht so oft, ist dieses dann ein Rhizom nach sekundärem Dickenwachstum?

Grübelnde Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Guten Morgen Mila,

im Mai habe ich hier im Forum einen Rhizom-Querschnitt vom Maiglöckchen gezeigt.
Rhizome wachsen (parallel zur Erdoberfläche) und bilden nach unten Wurzeln (z.B. Maiglöckchen).
Quelle: "Anatomie und Histologie der Samenpflanzen"
Bei meinem Breitwegerich lag der Wurzelstock seltsamer Weise ebenfalls waagerecht.
Vom Rhizom nach sekundärem Dickenwachstum habe ich noch nichts gelesen.

Gruß

Hans-Jürgen
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Mila

Hallo Hans-Jürgen,


  • es gibt senkrecht und waagerecht wachsende Rhizome, senkrechte findet man z.B. bei Gräsern oder auch Schlangenholz (Rauvolfia serpentina), gerne scanne ich heute Abend Abbildungen ein.
  • in einem älteren Heilpflanzenbuch fand ich eine Abbildung des Spitzwegerichs mit einem waagerecht wachsendem Rhizom, leider ist bei Deiner Pflanzenabbildung des Breitwegerichs dieses nicht zu erkennen

  • das Maiglöckchen ist eine Monokotyle, man sieht in Deinem entsprechenden Beitrag sehr schön den Aufbau des Rhizoms:
    http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6049.0
  • Wegerich gehört zu den Dikotylen, die Rhizome der Dicotylen weisen ein sekundäres Dickenwachstum auf
  • vergleicht man die Rhizome des Maiglöckchens und des Wegerichs, so fällt der unterschiedliche Aufbau auf, ich vermute daher, dass es sich hier beim Wegerich um ein sekundär verdicktes Rhizom handelt: die oberirdischen Teile sterben im Winter ab, das Rhizom überwintert

Über Bestätigung oder Korrektur freue ich mich,

viele Grüße
Mila



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Hans-Jürgen Koch

Halo Mila,

danke für Deine ausführliche Stellungnahme.
Für mich eine echte Bereicherung.

Gruß
Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Mila

Hallo Hans-Jürgen,

gern geschehen. Für mich war es spannend, mich mal über Rhizome schlauer zu machen.
Beim googeln nach Rhizom-Bildern fand ich Deinen Kornblumenbeitrag:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6260.0
der war mir wohl durchgegangen, tut mir leid :-[
Auch da handelt es sich wohl um ein sekundäres Rhizom.
Habe jetzt alles in meiner Sammlung,

vielen Dank und Grüße
Mila