Botanik: Maisblatt und das C-4-Syndrom *

Begonnen von Detlef Kramer, August 05, 2010, 22:41:46 NACHMITTAGS

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Detlef Kramer

Hallo Freunde der Pflanzenanatomie und-Physiologie,

ich möchte heute einmal das Phänomen der C-4 Photosynthese ansprechen. Bei den allermeisten Pflanzen verläuft die komplette Photosynthese in den Chloroplasten aller Blattparenchymzellen ab. Nicht so bei den C-4-Pflanzen. Prominenteste Vertreter unter den Nutzpflanzen u.a. Zuckerrohr, viele Hirse-Arten und Mais, alles wichtige Nutzpflanzen.

Bei ihnen gibt es eine örtliche Trennung zwischen Kohlenstofffixierung und Wasserspaltung, die in den normalen Mesophyllzellen stattfindet und dem Calvin-Cyclus in dem die Zucker als Speicherprodukte gebildet werden. In den Mesophyllzellen wird der C an ein Molekül mit zwei C-Atomen gebunden, wodurch Malat oder Aspartat entsteht. Dieses wird über die symplastischen Verbindungen (Plasmodesmata) in die Bündelscheiden transportiert und dort in den Calvin-Zyklus eingespeist.

Das hat einen ökophysiologischen Vorteil: Der C-4-Weg geht mit dem Wasser sparsamer um, also ein Vorteil in trockenen Gegenden der Welt.

Das geht einher mit einer anatomischen Spezialisierung, die man gut z.B. an Querschnitten eines Maisblatts beobachten kann: die Leitbündel sind von Bündelscheiden umgeben, die aus großvolumigen Zellen bestehen und in denen der Calvin-Cyclus in den dort enthaltenen Chloroplasten abläuft. Diese Chloroplasten sind im Fall von Mais sehr voluminös und enthalten praktisch keine Grana, weswegen sie auf dem Foto auch nicht gut zu erkennen sind, eigentlich nur als zart-grüner Schleier.

Genug der Theorie. Hier ein Foto, das nicht für besondere Schnitt- und Fotoqualität steht, sondern den dargestellten Sachverhalt verdeutlichen soll.

Technik: Freihandschnitte in stark verdünntem Etzold-Grün-Gemisch ca. 1 h gefärbt und nach kurzem Waschen in Includal PVP eingedeckt. Ich begrüße Kritik jeder Art, auch grundsätzlicher ("Theorie zu langweilig").


Und hier das Gleiche mit Beschriftung:


bs = Bündelscheide
xy = Xylem
ph = Phloem
sp = Spaltöffnung (Gramineentyp)

Herzliche Grüße

Detlef

PS: eine rot hervorgehobene Änderung war notwendig

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Mila

Lieber Detlef,

überhaupt nicht langweilig, sondern sehr interessant. Ich habe mich bisher mit der Thematik nicht beschäftigt und freue mich, auf so angenehme Weise wieder etwas zu lernen.

Danke dafür und herzliche Grüße
Mila

Fahrenheit

#2
Lieber Detlef,

nein, das ist nicht langweilig - bitte gerne mehr "Funktionelle Pflanzenanatomie" mit den zugehörigen Schnitten!

Deine schöne Darstellung habe ich zum Anlass genommen, zu den C3- und C4-Pflanzen noch mal einen Blick in meine Bücher zu werfen. Wer nachlesen möchte:

Eschrich 1995, Funktionelle Pflanzenanatomie, 4.6 C3 und C4 Pflanzen (Seite 119)
Eher theoretisch, aber mit einer sehr interessanten Illustration vom Blatt des Zebragrases (Miscanthus sinensis, Abb. 4.12a/b). Die Blätter des Grases sind grün und gelb quergestreift. In den grünen Blattabschnitten zeigt sich ein Aufbau wie bei einer C4-Pflanze, in den gelben der einer C3 Pflanze.
Sicher ein lohnendes Präparat, zumal das Zebragras (als Miscanthus zebrinus oder Miscanthus sinensis "Zebrinus") häufig in Gartenmärkten angeboten wird.

Raven, Evert, Eichhorn 2000, Biologie der Pflanzen, 7.5 Die Kohlenstoff-Fixierungsreaktionen (Seite 150 ff)
Für alle die es genauer wissen wollen. Viele Reaktionsdiagramme - das interessanteste sicher Abb 7-24, dass die Transportwege grafisch vor dem Hintergrund einer EM-Aufnahme mit den beteiligten Zelltypen vom Mais zeigt.

Eine Ergänzung sei mir erlaubt: die Wasserersparnis ergibt sich (wenn ich alles richtig verstanden habe) nicht etwa aus den Reaktionsgleichungen bei der Kohlenstofffixierung, sondern kommt daher, dass der C4-Prozess mit deutlich geringeren CO2 - Konzentrationen arbeiten kann und daher die Stomata der C4-Pflanzen nicht so weit geöffnet sein müssen, um für einen ausreichenden Gasaustausch zu sorgen. Dies bedeutet eine geringere Verdunstungsrate und damit einen geringeren Wasserverbrauch.
Wie immer auf der Welt: nix ist umsonst.  ;D Die höhere Effizienz bei der Nutzung des vorhandenen CO2 muss mit einem höheren Energieeinsatz im Vergleich zum C3-Prozess bezahlt werden.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s. Ohne Phosphor geht da übrigens Nichts! Und da die Phosphorsalze (Mineraldünger ...) nicht in unendlichen Mengen zur Verfügung stehen, kommt hier ein Problem auf die immer größere Anzahl Menschen auf der Erde zu, die ja alle Essen wollen: Peak Phosphor
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Muschelbluemchen

#3
Um die anatomischen Merkmale der C4-Pflanzen sichtbar zu machen habe ich von Cyperus capitatus-Blättern Querschnitte erstellt und
mit Safranin/Eisenhämatoxylin gefärbt:

aus 108 Einzelphotos gestitcht
Einzelphotos am MoticBA310 mit dem 20/.4 Achromaten aufgenommen.
mit Safranin/Eisenhämatoxylin gefärbt, Chloroplasten dadurch grau bis schwarz.
geschnitten am Schlittenmikrotom, 40 Mikrometer
Originalbild kann dort downgeloaded werden: http://picasaweb.google.com/linuxtrainer/MikrofotosBotanik?feat=directlink
und dieses Bild ist wie alle Bilder dort frei!

Soweit ich mich erinnern kann haben die C4-Pflanzen die Möglichkeit CO2 in Malat zu speichern, dieser Vorgang kann dann zeitlich getrennt von
der Photosynthese ablaufen, z.B. in der Nacht wenn die Temperatur niedriger ist und die Stomata weit geöffnet werden können.

Interessant sind auch die Zellen, die mit vollständig mit einem Einschluss aufgefüllt sind und die gleich außerhalb der Mesophyllzellen zu finden sind.
Vielleicht hat jemand Information darüber??


mit freundlichen Mikrogrüßen
Leopold

Fahrenheit

#4
Lieber Leopold,

auf die schnelle, ohne nachzulesen: Du beschreibst die zeitliche Trennung zwischen Kohlenstofffixierung und Calvin-Zyklus. Dies (CAM) ist neben der C4-Methode der zweite Weg, die Photosynthese gemäß den Umweltbedingungen zu optimieren. Die Ananas ist z.B. eine solche CAM-Pflanze.

In der Wikipeia gibt es m.E. einen guten Überblick über die 3 Prozesse: CAM-Artikel mit Abgrenzung zu C3 und C4.

Könntest Du vielleicht ein Bild eines einzelnen Leitbündels des Dünen-Zypergrases mit den umgebenden Zellen einstellen? ... und dann auch eine Detailaufnahme von den Zelltyp, nach dem Du gefragt hast?

Herzliche Grüße
Jörg
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Muschelbluemchen

#5
Hallo Jörg

Zitat von: Fahrenheit in August 09, 2010, 20:47:16 NACHMITTAGS
auf die schnelle, ohne nachzulesen: Du beschreibst die zeitliche Trennung zwischen Kohlenstofffixierung und Calvin-Zyklus. Dies (CAM) ist neben der C4-Methode der zweite Weg, die Photosynthese gemäß den Umweltbedingungen zu optimieren. Die Annanas ist z.B. eine CAM-Pflanze.

In der Wikipeia gibt es m.E. einen guten Überblick über die 3 Prozesse: CAM-Artikel mit Abgrenzung zu C3 und C4.
Danke für die Info - muss da doch noch einiges Nachlernen - offensichtlich ist diese zeitlich Trennung gerade typisch für CAM -
da hab ich wohl was verdreht!

Zitat
Könntest Du vielleicht ein Bild eines einzelnen Leitbündels des Dünen-Zypergrases mit den umgebenden Zellen einstellen? ... und dann auch eine Detailaufnahme von den Zelltyp, nach dem Du gefragt hast?


Anmerkung: Ich habe noch weiße Pfeile eingefügt, die auf diese Objekte zeigen!
Diese "Kugeln" haben sich mit Eisenhämatoxylin angefärbt und erscheinen daher schwarz bis grau.

Bei Safranin/Astrablau-Färbung sind sie jedoch knallig rot gefärbt:


Ich denke es wird vermutlich ein Fraßschutz sein (vielleicht ist es verkieseltes Material?).

mit lieben Mikrogrüßen
Leopold

Detlef Kramer

Hallo Leopold,

ich denke, die roten Zellinhalte sind wieder einmal Tannine, hatten wir schon einmal. Beweisen kann ich es aber leider nicht.

Vielen Dank für Deine, wieder einmal, beeindruckenden Fotos.

Jörg hat mit seinen ergänzenden Erklärungen absolut Recht, DANKE.

Detlef
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