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Hydra - Semidünnschnitt

Begonnen von Holger Adelmann, Oktober 08, 2010, 19:27:36 NACHMITTAGS

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Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

heute poste ich einen Semidünnschnitt durch die Hydra (Süsswasserpolyp). Der Schnitt der Fa Johannes Lieder ist schon ca 20 Jahre alt und stammt aus einer Zeit in der Lieder noch Semidünnschnitte fertigte.
Heute ist das wohl zu aufwändig, bzw. ich weiss nicht ob das dort noch jemand kann, ein Anruf vor ein paar Jahren war jedenfalls diesbezgl. dort negativ beschieden worden.

Also freue ich mich an diesem Exemplar, welches ich wiederum einmal als Mosaik erstellt habe, da der Schnitt unglaublich detaillierte Strukturen zeigt.
Ich werde nun anfangen und versuchen, die einzelnen Zellen und Strukturen zu identifizieren, und würde mich da über Hilfe sehr freuen  :)

Leitz Orthoplan, PL APO 63/1.40, Moticam 2300, Microsoft Image Composite Editor zum zusammenfügen der 25 Bilder, je zu 3 Megapixel (habe nicht den langsamsten Rechner aber es hat ziemlich gedauert...)
Local Contrast Enhancement in Image-Pro Plus.
Das fast 40 Megapixel grosse Mosaik ist hier:
http://img3.fotos-hochladen.net/uploads/hydramosaiklocce030xm51gvcd.jpg
Am Besten ist es, das hoch aufgelöste Mosaik herunterzuladen und dann zum Aufsuchen der Feinstruktur hineinzuzoomen.

Die 800 Pixel Vorschau wie immer unten zu sehen.

Herzliche Grüsse
Holger





Ronald Schulte

Holger,

Sehr schön detailreich. So habe ich hier im Forum noch kein Planzenschnitt gesehen.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Muschelbluemchen

Hallo Holger,

wieder mal hervorragend was Du da zeigst.
Zum Stitchen meiner Fotos verwende ich autostitch (die käufliche Version AutopanoPro kann es noch besser). Damit konnte ich
schon Bilder aus 330 Einzelfotos erzeugen in relativ kurzer Rechenzeit (1 - 1,5 Stunden).
Bei 25 Bildern a 3Megapixel wird die Rechenzeit 5-10Minuten betragen bei AutopanoPro (autostitch ist langsamer und rendert auch nicht so gut!)

Welche Färbung wurde da verwendet? (schaut irgendwie nach Eisenhämatoxylin aus)

mit lieben Mikrogrüßen
Leopold

Ronald Schulte

Leopold,

Ich habe hier im Forum schon öfters gelesen das Autostitch nicht so gut sein soll aber was wird dann gemeint mit "nicht so gut"?
Anders gefragt: "wie kann ich im Bild sehen das z.B. Autopanopro besser rendert wie Autostitch oder Image Composite Editor"?
Einige Jahren her könnte ich wohl sichtbaren unterschied sehen aber Heute 'stitched' meine Meinung 'autostitch' doch hervorragend wenn natürlich in das 'options' menu die Qualität hoch eingestellt wird.
Bin neugierig was deine Antwort sein wird!

grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Muschelbluemchen

Zitat von: Ronald Schulte in Oktober 09, 2010, 10:06:29 VORMITTAG

Ich habe hier im Forum schon öfters gelesen das Autostitch nicht so gut sein soll aber was wird dann gemeint mit "nicht so gut"?
Anders gefragt: "wie kann ich im Bild sehen das z.B. Autopanopro besser rendert wie Autostitch oder Image Composite Editor"?


Hallo Ronald

Bei Autostitch braucht man einiges an Erfahrung, die man nur durch Herumprobieren erlangen kann.
Und es kann ziemlich nervig sein einen ganzen Tag mit autostitch zu versuchen ein Ergebnis zu erhalten, um dann wieder Bereiche im Bild zu haben
wo Doppelbilder alles zunichte machen.
Autopano rentert problematische Aufnahmen viel besser - ein Problemfall wären Einzelfotos die einen Ring bilden (z.B. Pflanzenstängel quer), wo es
im Zentrum keine Aufnahmen gibt. Dort wo das Stitchingprogramm den Ring schließt, bemerkt man oft Doppelbilder. Mit autostitch da ein Ergebnis
zu erhalten ist nicht leicht und manchmal auch nach zig Versuchen mit verschiedenen Einstellungen nicht wirklich befriedigend.
Autopano löst diese Probleme oft besser, schneller um mit weniger Speicherverbrauch.
Nur Autopano ist halt kostenpflichtig.
Ja und Autopano gibt es auch für Linux, und auch autostitch läßt sich (da es sich nur um eine ausführbare Datei handelt) wunderbar unter Linux über
wine starten.
Ich habe mit diesen Programmen schon tolle Ergebnisse erhalten mit 330 Einzelbildern zu je 3Megapixel. z.B.: http://picasaweb.google.com/lh/photo/vS48BmkjOWz8W0lGeLEAFQ?feat=directlink

mit lieben Mikrogrüßen
Leopold





Holger Adelmann

Hallo Leopold & Ronald,

die Färbung ist basisches Fuchsin, ich habe einen Interferenz-Grünfilter (544-23 nm) von Leitz im beleuchtenden Strahlengang verwendet, der Kontrast des resultierenden Bildes ist dadurch ohne Bildverarbeitung bereits sehr hoch und man sieht sehr feine Details. Allerdings ist das Bild dadurch schwarz auf grünem Hintergrund, daher habe ich es in s/w umgewandelt. Richtig, im Resultat kommt der Eindruck der Färbung damit einer Eisenhämatoxylinfärbung sehr nahe, auch was die fein differenzierten Abstufungen betrifft.
Ich verwende ganz gerne den kostenlosen Image Composite Editor von Microsoft, welchen man sich von der - im Übrigen sehr interessanten - Microsoft Research Seite laden kann. Das Programm wurde von Microsoft offenbar zum Zusammensetzen von Panoramabildern entwickelt. Ich finde das Programm recht präzise und relativ flott, gemessen an dem Rechenaufwand.

Ich hoffe, demnächst in diesem Thread Ausschnitte des grossen Bildes zu zeigen mit identifizierten Zellen, aber wie gesagt, vielleicht hilft mir ja auch ein Tümpler oder Zoologe ...

Schönes Wochenende
Holger


Holger Adelmann

Zum Einstieg in die Details des hochauflösenden Bildes, ich habe mal mit etwas einfachem angefangen: Die Nesselkapseln

Das Detailbild unten zeigt mehrere Nesselkapseln im Ektoderm (Aussenschicht) der Hyra. Das kleine Schema aus Wikimedia (http://de.labs.wikimedia.org/wiki/Nesseltiere) zeigt sehr schön, wie sich diese nach dem Abfeuern in die Haut der Beute pflanzen.
Die von mir hier gezeigten Kapseln befinden sich alle im Ruhezusatnd (oberes Bild im Schema).

Holger

   

Alfons Renz

#7
Hallo Holger,

Wieder ein faszinierender Schnitt, perfekt dargestellt! Über die Hydra findet man ja vieles in der Literatur, zumal der einfache Aufbau mit einschichtigem Ekto- und Endoderm (dazwischen die Mesogloea) als Typus des 'Urtiers' (Haeckels' Gastula) gilt - oder heute wohl eher galt: Nesseltiere bilden einen Seitenzweig, nicht die Basis der Evolution.

Kurt Fiedler & Johannes Lieder (eben der Hersteller!) widmen diesem Objekt gleich mehrere Seiten in ihrer 'Mikroskopischen Anatomie der Wirbellosen'. Demnach müssten im Ektoderm neben mehreren Typen von Nesselkapseln (Penetranten, Volventen, Glutinanten u.v.m., man spricht von über 30 Typen) deren Bildungszellen sowie longitudinale Myofibrillen befinden. Im Endoderm sezernieren die einen Zellen Verdauungssekrete und schützenden Schleim in den Gastralraum. Andere nehmen durch Phagozytose Nahrung auf. Dazwischen zirkuläre Myofibirillen.

Geschlechtszellen kommen vor, sind aber in diesem Präparat nicht (?) zu erkennen.

Vermutlich stammt der Querschnitt vom Stiel - besser müsste man sagen Bauch des Polypen. Dass dort Nesselzellen vorkommen, ist auf dem Schnitt deutlich zu erkennen. Dem Nahrungserwerb können diese aber an dieser Stelle kaum dienen. Die Nesselkapselbatterien befinden sich an den Fang-Tentakeln, wo sie auch funktionell Sinn machen. Bei den Kapseln im Stiel dürfte es sich eher um eine Abwehrfunktion handeln.

Ist auf dem Präparate vermerkt, ob es sich um Hydra viridis handelt? Dann müssten auch die symbiontischen Grünalgen zu finden sein.

Auf jeden Fall eine spannende Suche nach den Zelltypen!

Alfons

Holger Adelmann

Hallo Alfons, gute Idee, den Fiedler / Lieder habe ich im Regal. Werde dann mal loslegen mit den Zellen.

Herzliche Grüsse aus dem sonnigen Köln
Holger

Holger Adelmann

Noch ein paar Details:

1. Nesselkapsel-Bildungszellen: Diese sitzen im Ektoderm (der Aussenschicht) und bilden ständig die sich verbrauchenden Nesselkapseln nach.
2. Epithelmuskelzellen: Diese sitzen im Ektoderm und erstrecken sich von der Stützlamelle (Mesogloea) zwischen Endoderm und Ektoderm bis zur Oberfläche des Tieres und bewirken ein radiales Zusammenziehen des Tieres.
3. Längsmuskelfasern: Diese sitzen im Ektoderm, direkt über der Stützlamelle (Mesogloea: "M") und bewirken ein Zusammenziehen des Tieres in der Längsrichtung.
4. Drüsenzellen: Diese sitzen im Endoderm und enthalten in ihren Granula (Körnchen) die Verdauungsenzyme der Hydra, die bei Bedarf zur Verdauung der Beute in die Körperhöhle gegeben werden.

Viel Spass beim Anschauen und Entdecken, Fortsetzung folgt. Vielleicht findet ja jemand eine Nervenzelle ?
Holger

Nesselkapsel-Bildungszellen


Epithelmuskelzellen


Längsmuskelfasern
   

Drüsenzellen



Holger Adelmann

... ich habe noch ein paar Dinge im hochauflösenden Schnittbild identifizieren können.
Viele Grüsse
Holger

1. Interstitielle Zellen (i-Zellen): Diese liegen im Ektoderm als kleine rundliche Zellen mit dunkel gefärbtem, schmalen Plasmasaum, oft in Nestern. Diese Stammzellen sind noch nicht differenziert und bleiben ein Leben lang teilungsfähig. Aus ihnen werden je nach Bedarf neue Epithelmuskelzellen, Nervenzellen, Drüsenzellen oder Nesselzellen gebildet. Sie sind Träger der enormen Regenerationsfähigkeit von Hydra.
2. Nährmuskelzellen: Diese befinden sich im Endoderm zwischen den Drüsenzellen. Während die Drüsenzellen Verdauungssekrete in die Leibeshöhle abgeben, nehmen die sog. Nährmuskelzellen durch Phagozytose die vorverdaute Nahrung auf. Man sieht in ihnen oft sehr schön die Nahrungsvakuolen V. Sie enthalten aber auch Muskelfibrillen und sind damit zur Kontraktion befähigt.
3. Ringmuskelfasern: Unter der Stützlamelle (Mesogloea M) befinden sich noch Ringmuskelfasern, welche ebenfalls der radialen Kontraktion des Tieres dienen.

Ein nettes Schema zur Zytologie (Zellaufbau) der Hydra ist hier:
http://members.fortunecity.com/hogarth_scholar/sch%26auml%3Bdlinge.html


Interstitielle Zellen


b]Nährmuskelzellen[/b]


Ringmuskelfasern







Jürgen H.

Lieber Holger,

ich bin restlos begeistert von Deinen Bildern! Ganz herzlichen Dank...

Was mich ein wenig wundert: Was macht das Tierchen mit den Nesselkapseln im Körperinnern? Bei etwa 11 Uhr liegt zum Beispiel eine recht große Nesselkapsel ziemlich nahe an der Mesogloea. Wandern die Zellen schrittweise nach außen?

Mikrogrüße

Jürgen

Holger Adelmann

danke lieber Juergen  :)
ja, wahrscheinlich koennen die Nesselkapseln wandern ...

wann sehen wir denn mal wieder Deine schoenen Bilder von der Insektenhistologie ?

Herzliche Gruesse
Holger