Es ist nicht alles Gold, was glänzt....

Begonnen von Michael Plewka, Juli 17, 2011, 10:32:07 VORMITTAG

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Michael Plewka

oder:
nicht jede Synura ist eine Synura uvella



Liebes Forum,
schon oft sind in diesem Forum Goldalgen der Gattung Synura gezeigt worden. Sehr häufig wird dann der Artname Synura uvella genannt (bis auf wenige Ausnahmen http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?2,47902,47902#msg-47902), wahrscheinlich, weil diese Art im Wassertropfen aufgeführt ist.  
Über die Gattung Synura ist seltsamerweise noch relativ wenig bekannt. So ist z.B. bis zum Zeitpunkt des Erscheinens des "Illustrated Guide....." (2000)  nicht nachgewiesen, welchen Reservestoff Synura eigentlich beinhaltet. Andererseits ist schon lange bekannt, das Synura -genau wie Mallomonas- keine Augenflecke (Stigmen)  besitzt.  Dieses und andere Merkmale sprechen dafür, dass die Synurophyceen taxonomisch bzw. phylogenetisch von anderen "Goldalgen" wie z:B. Uroglena abgegrenzt werden müssen.

Ebenso lange bekannt ist, dass  Synura Schuppen aus Silikat besitzt, die sehr unterschiedlich ausfallen. Diesen unterschiedlichen Typen ist der Rang einer Art zugewiesen. Zum ersten Mal ist mir das in diesem Frühjahr an einer Probe aus einer nahe gelegenen Talsperre aufgefallen. Ich habe das Bild hier schon mal gezeigt.  Deutlich ist der Unterschied der Beschuppung zu erkennen:




Daraufhin habe ich mir die Literatur (s.u.) etwas genauer vorgenommen. Hier eine Abb. aus dem Jahr 1899:



Man erkennt deutlich, dass nicht nur zwischen den verschiedenen Arten Unterschiede bestehen, sondern auch,  dass die einzelnen Zellen unterschiedliche Typen aufweisen. Die Struktur der Schuppen ist lichtmikroskopisch nicht so einfach zu erkennen. An lebenden Zellen entstehen, vor allem bei derjenigen Schichtdicke, bei der die Zellen noch ihre natürliche Form haben, wegen der dachziegelartig überlappenden Anordnung der Schuppen Beugungsartefakte, die das Erkennen unmöglich machen.  Vielleicht hilft da ein sehr guter DIK. Bei manchen Arten kann man nach meiner Erfahrung an lebenden Zellen überhaupt keine Schuppen erkennen. Entweder man entdeckt dann durch entsprechende Präparation doch welche, oder aber man hat es mit einer anderen gattung  zu tun (Synuropsis)


Ganz gut klappt es, einzelne Kolonien zu isolieren und über Nacht eintrocknen zu lassen und am nächsten Tag exakt diese Stelle wieder zu mikroskopieren (Öl !!!!). Die Zellen sind dann bis zur Unkenntlichkeit entstellt, so dass sie in einem Mischpräparat mit anderen Goldalgen erfahrungsgemäß nicht wiedergefunden werden. Vorzugsweise erkennt man die Schuppen gut im DIK, möglicherweise noch besser im Phasenkontrast. Dennoch lassen sich manche Arten lichtmikroskopisch überhaupt nicht identifizieren.
In der Zwischenzeit habe ich auf jeden Fall einige Synura-Arten , wenn auch nicht immer genau bestimmen, so doch wenigstens
voneinander unterscheiden können.

Hier also einige Bilder:

Zunächst Synura uvella, deren sicherer Nachweis mir persönlich erst im Mai 2011 gelungen ist:



Synura uvella, Schuppen  (BSc: Körperschuppen ("body scales" ) und TSc: Übergangsschuppen ("transition scales"):




Synura petersenii, eine der häufigsten Synura Arten in unserem Gebiet:




Synura petersenii, Schuppen:



und noch Synura spinosa mit tennisschlägerartigen Schuppen:

1.


2.




Die Art Synura sphagnicola besitzt ähnliche Schuppen, ist aber durch rot gefärbte Öltröpfchen von den anderen Arten zu unterscheiden.



stark gequetscht:




Fazit:
Wegen der häufigen Verwechselung der Synura-Arten sind die ökologischen Daten mit Vorsicht zu genießen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, im Zweifel von "Synura sp." zu sprechen. Vielleicht gelingt es ja in diesem Forum, ein bisschen Licht in dieses Dunkel zu bringen. Mir ist beispielsweise Synura uvella in den Winter-Proben nicht begegnet, möglicherweise  ist diese Alge also eine Form der wärmeren Gewässer. Vielleicht ist dieser Beitrag aber  auch eine sportliche Herausforderung für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die die letzten Nanometer Auflösung aus ihren Optiken herauskitzeln wollen, sich mal an diesen Algen zu versuchen.


beste Grüße Michael Plewka


P.S. hier die Angaben zur Literatur:

1.
LEE / LEEDALE / BRADBURY
An Illustrated Guide to the Protozoa
Allen Press
ISBN 1-891276-23-9

2.
SÜßWASSERFLORA von Mitteleuropa.
KRISTIANSEN, J./ PREISIG, H.R..
Bd 1/2: Crysophyte and Haptophyte Algae
Spektrum Akademischer Verlag
ISBN 978-3--8274-1701-5

3.
HUBER-PESTALOZZI
Das Phytoplankton des Süßwassers
Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung(1972)
ISBN 3-510-40022-4

Holger Adelmann

tolle doku zu einem schwierigen thema, lieber Michael.
herzlichen dank fuer diese schoene zusammenstellung!
vg
Holger

Ernst Hippe

Bin sehr beeindruckt von dieser interessanten Gegenüberstellung und will künftig versuchen, auf die Merkmale zu achten - wenn auch ohne das letzte optisch herauskitzeln zu können.
Gruß Ernst Hippe
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